Die als Konsequenz aus der Finanz- und Schuldenkrise in Europa eingeführte sogenannte Europäische Bankenunion wird vom Bundesverfassungsgericht geprüft. Das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe verhandelte am Dienstag über mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die Neuregelungen zur gemeinsamen Bankenaufsicht sowie zur möglichen Abwicklung von maroden Geldhäusern. Die Bundesregierung verteidigte die bereits vor fünf Jahren auf den Weg gebrachten Maßnahmen. (Az. 2 BvR 1685/14 und 2 BvR 2631/14)
Gegen die Regelungen hatte eine Gruppe um den Berliner Juristen und Wirtschaftswissenschaftler Markus Kerber bereits im Jahr 2014 Verfassungsbeschwerden eingelegt. Sie sehen einen Verstoß gegen das Grundgesetz. Aus ihrer Sicht gibt es für die von ihnen angegriffenen Beschlüsse zur Bankenunion keine Rechtsgrundlage in den Europäischen Verträgen.
Im Mittelpunkt des Verfahrens stünden "Kompetenzfragen und nicht etwa Fragen zur Sinnhaftigkeit der Bankenunion, über die das Bundesverfassungsgericht nicht zu befinden hat", stellte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der mündlichen Verhandlung klar.
Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen die Neuregelungen zur Bankenaufsicht, die der Europäischen Zentralbank (EZB) eine zentrale Rolle zuschreiben. Die EZB hat dadurch etwa eine direkte Aufsicht über als "systemrelevant" eingestufte Geldhäuser bekommen.
Zudem werden von den Klägern Regelungen zur Abwicklung zahlungsunfähiger Banken in Europa angegriffen. Mit den neu geschaffenen Befugnissen auf europäischer Ebene ist das Ziel verbunden, die Kosten für Steuerzahler im Krisenfall möglichst gering zu halten. Dafür ist auch ein Abwicklungsfonds geplant, der sich noch im Aufbau befindet.
Kerber als Verfahrensbevollmächtigter der Kläger kritisierte, es sei "unfassbar", dass Deutschland im Zuge der Bankenunion Hoheitsrechte einfach aufgegeben habe. Er zeigte sich überzeugt, dass nationale Kompetenzen in diesem Bereich "unverzichtbar" seien. Deutschland hafte jetzt für Bankenausfälle in Europa, habe aber bei der Bankenaufsicht potenziell nichts mehr zu sagen.
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Christine Lambrecht (SPD), verteidigte dagegen die Neuregelungen. Eine nationale Aufsicht stoße angesichts der internationalen Verflechtungen der Banken an seine Grenzen, sagte Lambrecht. Europäische Regelungen zur Aufsicht und zur Abwicklung von Banken seien "Schlüsselelemente, um Krisen entgegenzuwirken". Es sei bei der Bankenunion darum gegangen, die Krisensicherheit in der Währungsunion zu verbessern.
Der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Felix Hufeld, wertete die Neuregelungen zur Bankenaufsicht in Karlsruhe als erfolgreich. Das Niveau der Aufsicht habe durch das jetzige Format "deutlich gewonnen", sagte Hufeld. Die Art der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Behörden habe sich bewährt. Er sei vor fünf Jahren skeptischer gewesen. Doch das System funktioniere nicht nur, die heutige Praxis sei "besser als die Summe der Einzelbehörden".