Technologie

China und Russland testen Radiowellen in der Ionosphäre

China und Russland haben gemeinsame Experimente zur Manipulation der Erd-Atmosphäre durchgeführt.
24.12.2018 17:27
Lesezeit: 2 min

China und Russland haben gemeinsam mindestens fünf Experimente durchgeführt, bei denen sie mit Radiowellen Teile der Ionosphäre – eine von mehreren Schichten der Atmosphäre – aufgeheizt haben. Das berichten übereinstimmend sowohl Newsweek als auch die South China Morning Post. Die Experimente haben bereits im Juni stattgefunden, die Ergebnisse wurden kürzlich im Rahmen eines Artikels im chinesischen Fachmagazin „Earth and Planetary Physics“ veröffentlicht und von den Autoren als „zufriedenstellend“ bewertet. Die Ionosphäre ist eine Schicht der Atmosphäre, die große Mengen Ionen und Elektronen enthält und sich zwischen 80 und 1.000 Kilometer über der Erde befindet.

Warum die Experimente durchgeführt wurden, ist nicht bekannt. Ein Wissenschaftler der „Chinesischen Erdbeben Behörde“, Dr. Wang Yalu, der an einem der Experimente mitarbeitete, sagte der South China Morning Post: „Was wir machen, ist ganz gewöhnliche wissenschaftliche Forschung. Sollte es etwas anderes sein, bin ich nicht darüber informiert.“

In der Vergangenheit haben mehrere Staaten versucht, die Ionosphäre zu beeinflussen, und zwar für militärische Zwecke. Die Beeinflussung sollte unter anderem dazu dienen, feindlichen Funkverkehr und GPS lahmzulegen, Satelliten zu stören und unter Umständen Flugzeuge und sogar Raketen auszuschalten. 1981 errichteten die Russen ein dementsprechendes Forschungszentrum in der Stadt Vasilsursk, 600 Kilometer östlich von Moskau zwischen Nischni Nowgorod und Kasan gelegen. Eins der diesjährigen Experimente fand dort statt, genauer gesagt 500 Kilometer über Vasilsursk, wobei die Ionosphäre auf einem 125.000 Quadratkilometer großen Gebiet (entspricht in etwa der Fläche Griechenlands) verändert wurde.

1990 Jahren starteten die USA ihr „High Frequency Active Auroal Research Program“ (HAARP) in Alaska, das von Marine und Luftwaffe betrieben wurde, bis die Militärs es 2014 in die Hände der University of Alaska legten. Derzeit plant China, noch leistungsfähigere Anlagen zu errichten, als diejenigen, die den US-Forschern zur Verfügung stehen, und zwar in der Stadt Sanya, auf der Insel Hainan im Südchinesischen Meer. Dort liegen eine ganze Reihe von Inseln, um deren Besitz sich verschiedene Anrainer-Staaten streiten. In der Region werden große Rohstoffvorkommen vermutet. Im Südchinesischen Meer kreuzen regelmäßig sowohl amerikanische als auch chinesische Kriegsschiffe; so befuhren laut Reuters im Mai dieses Jahres der US-Zerstörer „Higgins“ und der US-Lenkwaffenkreuzer „Antietam“ die Zwölf-Meilen-Zone der Paracel-Inseln (330 Kilometer östlich von Hainan/ werden gleichermaßen von China und Vietnam beansprucht), was zu scharfen Protesten seitens der Chinesen führte. Die USA begründeten die Präsenz ihrer Schiffe unter anderem mit Chinas Stationierung von Raketen und Marschflugkörpern auf den extra für den Zweck künstlich aufgeschütteten Riffen der Spratly-Inseln (südlich der Paracel-Inseln, zwischen Vietnam und den Philippinen gelegen). Insgesamt lässt sich konstatieren, dass es seit einiger Zeit zu einer zunehmenden Militarisierung der dortigen Meeres-Region kommt.

Newsweek zitiert Prof. Guo Lixin, Dekan der „Fakultät für Physik und Optoelektronik“ der „Universität für Elektrotechnik und Elektronik“ in Xi´an (östliches Zentralchina): „So eine Art von Kooperation (die Zusammenarbeit zwischen China und Russland bei den Ionosphäre-Experimenten, Anm. der Red.) ist für China sehr ungewöhnlich. Die dabei zum Einsatz kommende Technologie ist zu heikel.“ Lixin nahm an den Experimenten nicht teil. Ungewöhnlich ist, dass sich ein bekannter Wissenschaftler wie Lixin zu einem solchen Thema äußert.

Weitere Meldungen aus dem Tech-Report der DWN finden Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Wohnquartiere überfordert
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...