Politik

USA und Türkei bauen Einfluss-Zonen in Syrien aus

Die Türkei unterstützt den Vorschlag des US-Außenministers Pompeo, wonach im Nordosten Syriens eine Sicherheitszone errichtet werden soll.
15.01.2019 17:16
Lesezeit: 3 min

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US-Außenminister Mike Pompeo sagte am Montag, es würden Gespräche geführt, um eine "Sicherheitszone" in den Grenzgebieten von Nordost-Syrien zu schaffen, wo die Spannungen zwischen der Türkei und der Kurden-Miliz PKK/PYD zunehmen, meldet der englischsprachige Dienst der AFP. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump am Sonntag eine "Sicherheitszone" von 20 Meilen (rund 30 Kilometer) ins Gespräch gebracht, sich aber weder dazu geäußert, wo sie geschaffen, noch von wem sie durchgesetzt werden sollte.

"Wir möchten sicherstellen, dass die Leute, die mit uns gekämpft haben, um die (Gruppe Islamischer Staat) niederzuschlagen, in Sicherheit sind (...) und dass Terroristen, die aus Syrien heraus handeln, die Türkei nicht angreifen können. Wir wollen eine sichere Grenze für alle Parteien", sagte Pompeo. Washington führe mit allen relevanten Seiten Gespräche über eine solche "Sicherheitszone".

Die von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagene Zone soll nach den Worten des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan auch von der Türkei umgesetzt werden. Dies sei bei einem "extrem positiven" Telefonat mit Trump vereinbart worden, sagte Erdogan am Dienstag vor Abgeordneten seiner Partei in Ankara. Die Schaffung der 30 Kilometer breiten "Sicherheitszone" an der türkischen Grenze sei eine Vereinbarung von "historischer Bedeutung".

Erdogan sagte nach der Rede vor Journalisten, die Schaffung der Zone könne zusammen mit der internationalen Anti-IS-Koalition erfolgen, der auch die Türkei angehört. "Wenn die Koalition, insbesondere die USA, uns logistische und materielle Unterstützung stellt, können wir eine solche Sicherheitszone umsetzen", sagte Erdogan und fügte hinzu, die Zone könnte auch über 30 Kilometer hinaus ausgedehnt werden.

Eine 30 Kilometer breite "Sicherheitszone" an der Grenze würde Städte wie Kobane, Tal Abjad und Kamischli umfassen, und den Rückzug der YPG aus einem Gebiet von mehr als 12.000 Quadratkilometern erfordern.

Der türkische General a.D. Naim Babüroğlu sagte dem Blatt Aydınlık, dass der Vorschlag der USA an die Operation Provide Comfort zwischen den Jahren 1991 und 1996 anknüpfe. Damals wurde von den USA, Frankreich und Großbritannien nördlich des 36. Breitengrades im Irak eine Flugverbotszone eingerichtet. Dies führte dazu, dass die nordirakischen Kurden Schritt für Schritt ihre Autonomie im Nordirak umsetzen konnten. Die irakische Zentralregierung hatte keinen militärischen Zugriff mehr auf den Nordirak. Babüroğlu zufolge hätten sich die USA als Schutzmacht der Kurden im Nordirak eingesetzt, um dort de facto einen Kurdenstaat zu ermöglichen. “Nach 27 Jahren wird versucht, im Norden Syriens dieselbe Strategie umzusetzen”, so der pensionierte General.

Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu gab am Montag bekannt, dass die türkische Regierung den Plan zur Errichtung einer Sicherheitszone im Nordosten Syriens nicht ablehne. “Wir sind nicht gegen diese Idee. Doch was ist unser Problem? Es gibt einen Terrorkorridor hinter unserer Grenze. Es gibt eine terroristische Organisation, die Syrien spalten will. Diese terroristische Organisation stellt eine Bedrohung für uns dar. Wir zielen auf diese terroristische Organisation ab”, zitiert die Nachrichtenagentur Anadolu den türkischen Außenminister.

Çavuşoğlu fügte hinzu, dass die Errichtung einer Sicherheitszone ein türkischer Vorschlag gewesen sei. Diesen Vorschlag hätte die Regierung in Ankara zuvor den USA, allen Europäern und auch den USA unterbreitet. “Doch damals lehnten sie den Vorschlag unter dem Vorwand, dass der Luftraum nicht überwacht werden könne, ab. Nachdem sie die Entschlusskraft der Türkei gesehen haben, haben sie den Vorschlag übernommen”, meint der türkische Außenminister.

Die Brookings Institution berichtet, dass eine Aufteilung Syriens in Einflusszonen im Gang sei. In diesem Zusammenhang listet die US-Denkfabrik einige Vorschläge für die US-Regierung auf, wie die Aufteilung aussehen könnte. Die US-Denkfabrik wörtlich: “Nutzen Sie (US-Regierung, Anm. d. Red.) kurzfristig die Verhandlungen mit Damaskus und Moskau, um Schutz für verschiedene autonome Zonen in oppositionsdominierten Regionen in Syrien zu erreichen. Dies könnte mit dem kurdischen Nordosten des Landes beginnen, der in mindestens zwei solcher Zonen aufgeteilt werden sollte, um die türkischen Sorgen über den kurdischen Sezessionismus zu mildern. Ähnliche autonome Gebiete sollten für Gebiete, die hauptsächlich in Oppositionsgebieten liegen, verfolgt werden, insbesondere im Nordwesten des Landes in der Nähe von Idlib, wenn dies möglich ist (...) Die amerikanischen Streitkräfte sollten ungefähr in ihrer aktuellen Anzahl am Boden bleiben, um beim Wiederaufbau zu helfen und um sicherzustellen, dass die autonomen Gebiete sicher bleiben, bis Assad weg ist. Darüber hinaus sollten die US-Gelder für Stabilisierungsprogramme in oppositionell kontrollierten Gebieten unverzüglich wiederhergestellt werden.”

Die US-Denkfabrik RAND Corporation empfiehlt, den Osten Syriens unter eine internationale Verwaltung zu stellen. „Wir empfehlen daher, dass die USA die Provinz Rakka nach ihrer Befreiung unter eine internationale Übergangsverwaltung stellt, wodurch ein neutrales Gebiet geschaffen wird, das weder vom Regime noch von der Opposition bis zur endgültigen Lösung des Bürgerkriegs gehalten wird”, so die RAND Corporation in einem Bericht. Das Gebiet soll von der UN kontrolliert werden, die wiederum Provinzräte einsetzt.

Die RAND Corporation spricht sich aber dagegen aus, dass eine reine UN-Friedenstruppe in die internationale Zone entsendet wird. Stattdessen müssten die USA und Russland den Einsatz einer „Koalitions-Truppe“ organisieren, die ein UN-Mandat erhält. Mit einer derartigen Lösung wären nicht nur die USA und Russland, sondern auch die Türkei „und weitere regionale US-Verbündete“ einverstanden, die Rakka und Deir Ezzor weder der Kontrolle durch die Terror-Miliz ISIS noch der Kontrolle durch die Kurden-Milizen überlassen möchte, so die RAND Corporation.

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