Finanzen

Libyen: Endkampf um größtes Ölfeld hat begonnen

In Libyen toben Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Söldnern. Es geht um die Kontrolle des größten Ölfelds des Landes.
08.02.2019 17:25
Lesezeit: 3 min
Libyen: Endkampf um größtes Ölfeld hat begonnen
Die militärische Lage in Libyen. (Grafik: Libya Live Map/DWN)

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In Libyen ist es in den vergangenen Tagen im Verlauf des andauernen Stellvertreter-Kriegs zu Gefechten zwischen der libyschen Nationalarmee (LNA) unter ihrem Kommandanten Chalifa Haftar und Einheiten der Regierung in Tripolis, die von der UN unterstützt wird, gekommen, berichtet der Guardian. Bei den Kämpfen geht es um die Kontrolle des Al-Sharara-Ölfelds.

Das Al-Sharara-Ölfeld befindet sich 560 Meilen südlich von Tripolis und produziert normalerweise 315.000 Barrel Rohöl pro Tag, was etwa ein Drittel der gesamten Ölproduktion Libyens ausmacht. Es ist nach Angaben des Libyan Observers das größte Ölfeld des Landes. Allerdings wurde die Produktion im vergangenen Dezember durch die staatliche Libyan National Oil Corporation (NOC) geschlossen, weil das Ölfeld von bewaffneten Stammeskämpfern eingenommen wurde. Bloomberg führt aus, dass das Al-Sharara-Ölfeld vom Joint Venture aus der NOC, der Repsol SA, der Total SA, der OMV AG und der Equinor ASA betrieben wird.

Die Kämpfe haben das Potenzial, die seit langem vorbereiteten Pläne der UN für Libyen zu vereiteln. Die UN plante, im kommenden Monat Parlaments- und Präsidentschaftswahlen durchführen zu lassen. Am Ende des Prozesses sollte eine neue Verfassung ausgearbeitet werden.

Ein Sprecher der LNA, Generalleutnant Ali Suleiman Muhammad, behauptete am Mittwoch, dass die reguläre Armee das Al-Sharara-Ölfeld der LNA kampflos übergeben habe. Doch Bloomberg zufolge kam es erst am Donnerstag zu Kämpfen zwischen den regulären Truppen, die von General Ali Kana angeführt werden, und der LNA.

Wenn es Haftar gelingen sollte, das Al-Sharara-Ölfeld zu kontrollieren, würde ihm das angesichts der geplanten Wahlen in Libyen politisch stärken. Er hätte dann die Macht, die libysche Ölproduktion einzuschränken.

Haftars militärischer Vorstoß in Richtung des Al-Sharara-Ölfeld im Süden des Landes hatte am vergangenen Wochenende begonnen. Er wurde von der französischen Luftwaffe unterstützt, berichtet France 24. Die Regierung in Paris gestand, dass französische Kampfflugzeuge eine Kolonne von 40 Rebellen-Pickup-Trucks bombardiert hätten. Die Aktion erfolgte mit der Begründung der Terrorismusbekämpfung. Das französische Außenministerium erklärte am Dienstag, dass Haftars Operation "terroristische Ziele eliminiert" habe und eine Möglichkeit sei, "die Aktivitäten von Menschenhändlern dauerhaft zu behindern".

Einer Analyse des privaten US-Informationsdiensts Stratfor zufolge geht es beim Stellvertreterkrieg in Libyen um die Kontrolle der Ölfelder und Pipelinerouten. Aktuell rivalisieren folgende Energiekonzerne in Libyen: ENI (Italien), Total SA (Frankreich), Repsol YPF (Spanien), Waha Oil Co. (Ein US-Joint Venture), BP (Großbritannien), ExxonMobil (USA), Statoil (Norwegen), Royal Dutch/Shell (Niederlande/Großbritannien), Gazprom (Russland), Rosneft (Russland) und RWE (Deutschland).

Menschen flüchten nach Europa und ertrinken im Mittelmeer

Die prekäre Sicherheitslage in Libyen hat Hunderttausende Menschen ins Elend gestürzt. Die UN will mehr als 550.000 Menschen helfen, unter anderem mit medizinischer Betreuung, sauberem Trinkwasser, sicherem Abwasser und Schulen für die Kinder, berichtete das UN-Nothilfebüro am Dienstag in Genf. Für 2019 seien dafür 202 Millionen Dollar (177 Millionen Euro) nötig.

Neben den Migranten, die auf dem Weg Richtung Mittelmeer und Europa in Libyen stranden, seien auch zunehmend Einheimische auf Hilfe angewiesen. Nach sieben Jahren Instabilität fänden viele Familien kein Auskommen mehr und könnten sich Nahrung, Wasser und die nötigsten Haushaltsgegenstände nicht mehr leisten.

Die tödlichen Gefahren der Flucht über das Mittelmeer haben für Flüchtlinge und Migranten im vergangenen Jahr nach UN-Angaben alarmierende Ausmaße angenommen. Besonders drastisch war die Entwicklung zwischen Libyen und den EU-Ländern Malta und Italien, berichtete das Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Genf. Dort stieg die Todesrate fast auf das Dreifache: während 2017 ein Migrant für alle 38 Ankömmlinge auf See ums Leben kam, war es im vergangenen Jahr ein Toter für alle 14 Ankömmlinge. Wahrscheinlich habe die Einschränkung der Such- und Rettungsmissionen dazu beigetragen, so das UNHCR.

Jeden Tag seien im Durchschnitt sechs Menschen ums Leben gekommen. Im Jahr davor waren es zwar mehr als acht Menschen pro Tag, da waren die Flüchtlingszahlen aber auch deutlich höher. Insgesamt kamen fast 117.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa. Mindestens 2275 seien ums Leben gekommen. Im Jahr davor waren es 172.000 Ankömmlinge und 3.139 Tote. Über das ganze Mittelmeer gesehen stieg die Todesrate damit von einen Toten pro 55 auf einen Toten pro 51 Ankömmlinge.

Hilfsorganisationen verweisen aber immer darauf, dass wahrscheinlich mehr Menschen bei der Flucht ertrinken. Nicht alle untergehenden Boote und Opfer würden überhaupt entdeckt.

“Man kann sich nicht aussuchen, ob man Menschen in Seenot rettet oder nicht. Es ist keine Frage der Politik, sondern eine uralte Pflicht”, sagte UNHCR-Chef Filippo Grandi. “Wir können diese Tragödien beenden, in dem wir Mut und Vision zeigen und nicht nur das nächste Flüchtlingsboot sehen, sondern eine langfristige Lösung mit regionaler Kooperation finden, bei der das menschliche Leben und die Würde im Mittelpunkt stehen.”

Die Flüchtlingsrouten haben sich im vergangenen Jahr Richtung Spanien verschoben. Während die Zahl der Ankömmlinge in Italien um 80 Prozent auf gut 23.000 zurückging, stieg sie in Spanien um 164 Prozent auf knapp 59.000. Viele Boote legen inzwischen in Marokko ab. Das UNHCR rief dazu auf, den Menschenschmugglern das Handwerk zu legen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Immobilien
Immobilien Eigenbedarfskündigung: Wenn Vermieter Mieter kündigen wegen Eigenbedarf - was ist zu beachten?
12.02.2025

Plötzlich liegt die Eigenbedarfskündigung im Briefkasten. Für Mieter ein großer Schock. Doch auch für Eigentümer ist der Prozess mit...

DWN
Panorama
Panorama Flugverkehr: Ukraine-Krieg verursacht Millionen Tonnen CO2
12.02.2025

Der Ukraine-Krieg zwingt Airlines zu längeren Flugrouten, was den Treibstoffverbrauch erhöht und die CO2-Emissionen steigen lässt. Die...

DWN
Panorama
Panorama Unser neues Magazin ist da: Was unsere Gesellschaft zusammenhält - und was sie spaltet
12.02.2025

Was hält unsere Gesellschaft zusammen? Eine einfache Frage, deren Antwort so vielschichtig ist wie die Gesellschaft selbst. In einer Zeit,...

DWN
Technologie
Technologie ADAC-Präsident: "Ladepreis für Strom ist viel zu hoch"
12.02.2025

ADAC-Präsident Christian Reinicke kritisiert die geplante Subventionspolitik von SPD und Grüne im Bereich E-Mobilität. Fehler wie die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trade Republic: Verbraucherzentrale reicht Klage wegen Kundentäuschung ein
12.02.2025

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg verklagt Trade Republic wegen „irreführender Werbung“ zu Zinsen und Einlagensicherung. Die...

DWN
Politik
Politik Vermögenssteuer: Linke will Vermögen von Milliardären halbieren
12.02.2025

„Es sollte keine Milliardäre geben“, meint die Linke – und legt zwei Wochen vor der Bundestagswahl Steuervorschläge vor, mit denen...

DWN
Politik
Politik Stars im Wahlkampf: Sind sie hilfreich oder schaden sie?
12.02.2025

Schon Günter Grass unterstützte Willy Brandt auf seinen Wahlkampftouren. Im Bundestagswahlkampf 2025 warnen zahlreiche Prominente...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirtschaftswachstum: Osteuropa stärker als Eurozone - Deutschland Schlusslicht
11.02.2025

Laut Wirtschaftsprognose ist Osteuropa der neue Motor Europas: Das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) rechnet...