Finanzen

Rumänien: Priester sollen für Euro-Beitritt werben

Lesezeit: 2 min
28.02.2019 17:39
Die rumänische Regierung wirbt Priester an, um bei den Bürgern für den Euro-Beitritt zu werben. Die Kirche genießt vor allem auf dem Lande ein hohes Ansehen.
Rumänien: Priester sollen für Euro-Beitritt werben

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die rumänische Regierung wirbt Priester an, um die Bürger über die Umstellung auf den Euro zu informieren. Dies geht aus dem Plan des Landes zur Euro-Einführung hervor, den die Regierung in Bukarest der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat.

Der Einsatz der Priester soll etwa ein Jahr vor dem offiziellen Euro-Beitritt Rumäniens beginnen, der für das Jahr 2024 festgelegt ist. Das Land ist seit 2007 Mitglied der EU, doch der Beitritt zur Gemeinschaftswährung ist immer wieder verschoben worden.

Rumänien im jüngsten Konvergenzbericht der EU als der EU-Mitgliedstaat genannt, der am wenigsten für die Einführung des Euro vorbereitet ist. Das Land erfülle derzeit nicht die Voraussetzungen für die Einführung des Euro, heißt es in dem Bericht. Die EU-Kommission nennt unter anderem Probleme im Hinblick auf die unzureichende Unabhängigkeit der Zentralbank und bei der Preisstabilität.

Dass sich die rumänische Regierung an die Kirche wendet, um einen größeren Teil des Volkes für seine Pläne zu gewinnen, hat Vorläufer in der Vergangenheit. Zuvor hatte das Landwirtschaftsministerium mithilfe von Priestern die Landwirte davon überzeugt, landwirtschaftlichen Genossenschaften beizutreten und EU-Finanzmittel zu beantragen.

Die rumänische Kirche genießt vor allem auf dem Lande ein hohes Ansehen. Über 80 Prozent der ländlichen Bevölkerung haben ein hohes Maß an Vertrauen in die Geistlichkeit. Die Priester sind für viele Menschen in den ländlichen Regionen wichtige Meinungsführer.

"Priester sind große Kommunikatoren in ländlichen Gebieten Rumäniens. Sie gelten als gebildet, vertrauenswürdig und weitaus zuverlässiger als jeder lokaler Politiker", sagte Radu Umbres, Anthropologielehrer an der Nationalen Schule für Politikwissenschaft und Verwaltung, zu EUobserver.

Die Regierung hofft, dass Priester vor allem bestimmte Gruppen wie Rentner, Arbeitslose und nationale Minderheiten erreichen. Die Informationskampagne der Regierung will "einen reibungslosen und ausgewogenen Übergang zur neuen Währung gewährleisten und eine klare Vorstellung von Nutzen und Kosten des Prozesses bieten".

Die rumänische Premierministerin Viorica Dancila hat angekündigt, dass sie der EU-Kommission in Kürze einen Plan übermitteln wird, wie das Land zur einheitlichen Währung wechseln wird. "Wir übernehmen die Aufgabe, die derzeitige Landeswährung bis 2024 durch den Euro zu ersetzen", sagte sie am 30. Januar.

Gemäß EU-Beitrittsabkommen muss Rumänien den Euro einführen, sobald das Land alle vier Konvergenzkriterien des Vertrags von Maastricht erfüllt: (1) Preisstabilität, (2) Solidität und Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen, (3) Wechselkursstabilität und (4) langfristige Zinssätze.

Die Vertretung der EU-Kommission in Rumänien sagte, dass das Land derzeit gerade mal eins der vier genannten Beitrittskriterien erfüllt, nämlich das Kriterium der Solidität und Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen.

Eine weitere Hürde ist, dass die rumänische Währung Leu noch nicht Teil des Europäischen Wechselkursmechanismus ist, der mindestens zwei Jahre lang erforderlich ist, damit sich ein Land für die Euro-Einführung qualifiziert. Daher betrachten Ökonomen das Jahr 2024 als unrealistische Frist für die Euro-Einführung in Rumänien.

"Vor zwei Jahren erfüllte das Land drei der vier Anforderungen, die zur Einführung des Euro erforderlich waren", sagt Alexandra Pele, Unternehmensspezialistin und koordinierende Finanzredakteurin der Zeitung Cronicile. "Jetzt erfüllt es nur ein einziges Konvergenzkriterium."

Doch die rumänische Regierung treibt die Umstellung auf den Euro wie geplant voran. Neben Priestern planen die Behörden, Bürgermeister, Lehrer, Polizeibeamte, Postbeamte und sogar Einzelhändler einzubeziehen, um über die Auswirkungen des Euro zu informieren.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...