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China macht EU Zugeständnisse, deutsche Autobauer profitieren

China hat der EU kurz vor Beginn des gemeinsamen Gipfels Zugeständnisse in Handelsfragen gemacht. Davon dürften vor allem die deutschen Autobauer profitieren.
09.04.2019 12:03
Lesezeit: 4 min

China hat kurz vor dem Beginn des Gipfeltreffens mit Spitzenvertretern der EU am heutigen Dienstag Zugeständnisse in umstrittenen Handelsfragen gemacht. Wie EU-Vertreter berichteten, sei damit der Weg für eine gemeinsame Gipfelerklärung frei. Die chinesische Zugeständnisse beziehen sich demnach unter anderem auf die Bereiche Marktzugang und Industriesubventionen.

Zu dem Gipfel in Brüssel kommt am Dienstagmittag der chinesische Premierminister Li Keqiang mit EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker zusammen. Bei den Spitzengesprächen geht es für die Europäer vor allem darum, China zu einem Verzicht auf unfaire Wettbewerbspraktiken zu bewegen.

Dazu zählen aus EU-Sicht zum Beispiel Staatshilfen für Unternehmen oder einseitige Zugangsbeschränkungen für den chinesischen Markt. Zudem soll Peking akzeptieren, dass bei den geplanten Verhandlungen über eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO) auch über Industriesubventionen geredet werden kann, so die dpa.

“Wir wollen uns darauf konzentrieren, ausgewogene Beziehungen herzustellen, die fairen Wettbewerb und gleichberechtigten Marktzugang sicherstellen. In diesem Zusammenhang hoffen wir, China davon überzeugen zu können, Industriesubventionen einzubeziehen – ein entscheidendes Element der WTO-Reform”, zitiert die Pressestelle des Europäischen Rats Tusk.

EU macht Druck auf China

Die EU-Kommission hatte zuvor ein Papier veröffentlicht, indem sie genau dies gefordert hatte.

Aus dem Papier der EU-Kommission mit dem Titel “EU-China Strategische Perspektiven” geht hervor, dass zehn Maßnahmen umgesetzt werden sollen, um die Beziehungen zwischen der EU und China zu formen. Die vorgeschlagenen zehn Maßnahmen müssen noch vom Europäischen Rat gebilligt werden.

Maßnahme 1: Die EU wird ihre Zusammenarbeit mit China verstärken, um der gemeinsamen Verantwortung der EU und Chinas für alle drei Säulen der Vereinten Nationen – Menschenrechte, Frieden und Sicherheit sowie Entwicklung – gerecht zu werden.

Maßnahme 2: Um den Klimawandel wirksamer zu bekämpfen, fordert die EU China auf, im Einklang mit den Zielen des Übereinkommens von Paris seinen Emissionshöchststand vor dem Jahr 2030 zu erreichen.

Maßnahme 3: Die EU wird die Kontakte zu China im Bereich Frieden und Sicherheit weiter ausbauen und sich dabei auf die positive Zusammenarbeit im Zusammenhang mit dem gemeinsamen umfassenden Aktionsplan für Iran stützen.

Maßnahme 4: Um ihr Interesse an Stabilität, einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung und einer verantwortungsvollen Staatsführung in ihren Partnerländern zu wahren, wird die EU die bestehenden Finanzinstrumente und bilateralen Abkommen noch strenger anwenden und bei der Umsetzung der EU-Strategie zur Förderung der Konnektivität zwischen Europa und Asien China dazu anhalten, die gleichen Grundsätze zu befolgen.

Maßnahme 5: Um ausgewogenere und stärker auf Gegenseitigkeit beruhende wirtschaftliche Beziehungen aufzubauen, fordert die EU China dazu auf, den bestehenden gemeinsamen Verpflichtungen nachzukommen. Dazu gehört neben der Reform der Welthandelsorganisation (WTO), insbesondere in Bezug auf Subventionen und den erzwungenen Technologietransfer, auch der Abschluss bilateraler Abkommen und zwar des Investitionsabkommens bis 2020, des Abkommens über geografische Angaben so bald wie möglich und des Flugsicherheitsabkommens in den kommenden Wochen.

Maßnahme 6: Um die Gegenseitigkeit zu fördern und Möglichkeiten im Bereich öffentliche Beschaffung in China zu eröffnen, sollten das Europäische Parlament und der Rat das Instrument für das internationale Beschaffungswesen bis Ende 2019 annehmen.

Maßnahme 7: Um sicherzustellen, dass bei öffentlichen Aufträgen nicht nur der Preis, sondern auch hohe Arbeits- und Umweltstandards berücksichtigt werden, wird die Kommission bis Mitte 2019 Leitlinien für die Teilnahme ausländischer Bieter und Waren am EU-Beschaffungsmarkt veröffentlichen. Die Kommission wird zusammen mit den Mitgliedstaaten bis Ende 2019 den Stand der Umsetzung des derzeitigen Rahmens bewerten, um mögliche Defizite zu ermitteln.

Maßnahme 8: Um die wettbewerbsverzerrenden Auswirkungen ausländischer staatlicher Beteiligungen und Finanzierungen auf den Binnenmarkt vollständig zu beseitigen, wird die Kommission vor Ende 2019 ermitteln, wie bestehende Lücken im EU-Recht geschlossen werden können.

Maßnahme 9: Um vor potenziellen schwerwiegenden Auswirkungen auf die Sicherheit kritischer digitaler Infrastrukturen zu schützen, ist ein gemeinsamer Ansatz der EU hinsichtlich der Sicherheit von 5G-Netzen erforderlich.  Zu diesem Zweck wird die Europäische Kommission im Anschluss an den Europäischen Rat eine Empfehlung abgeben.

Maßnahme 10: Um Sicherheitsrisiken durch ausländische Investitionen in kritische Vermögenswerte, Technologien und Infrastrukturen aufzudecken und dafür zu sensibilisieren, sollten die Mitgliedstaaten für die zügige, vollständige und wirksame Umsetzung der Verordnung über die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen sorgen.

Handel EU-China, Deutschland-China

Aus Daten der EU-Kommission geht hervor, dass im Jahr 2017 chinesische Waren und Güter im Wert von über 375 Milliarden Euro importiert wurden. Die Niederlande standen mit einem Importwert in Höhe von über 83 Milliarden Euro auf Platz 1. Darauf folgten Deutschland mit über 72 Milliarden Euro, das Vereinigte Königreich mit über 53 Milliarden Euro, Italien und Frankreich mit jeweils über 28 Milliarden Euro, Spanien mit über 21 Milliarden Euro, Polen mit über 16 Milliarden Euro und Belgien mit über 15 Milliarden Euro.

Im Gegenzug exportierten die EU-28-Staaten Waren und Güter im Wert von über 198 Milliarden Euro. Deutschland exportierte Waren und Güter im Wert von über 87 Milliarden Euro. Darauf folgten Frankreich und Großbritannien mit jeweils über 18 Milliarden Euro, Italien mit über 13 Milliarden Euro, die Niederlande mit über zwölf Milliarden Euro, Spanien mit etwa sechs Milliarden Euro und Österreich und Dänemark mit etwa vier Milliarden Euro.

Aus den Daten ergibt sich, dass China insbesondere für deutsche Unternehmen ein wichtiger Absatzmarkt ist. Von der aktuellen konjunkturellen Abkühlung in China sind deshalb vor allem deutsche Exportunternehmen betroffen.

Die deutsche Außenhandelsbilanz schloss im Jahr 2017 nach Angaben des Statistischen Bundesamts mit einem Überschuss von 244,9 Milliarden Euro ab. Nach Berechnungen der Deutschen Wirtschaftsnachrichten lag der China-Anteil an den deutschen Exporten im Jahr 2017 bei 35,51 Prozent.

China wichtig für deutsche Autobauer

Der Chef der Bosch-Kfz-Sparte hält China weiterhin für den wichtigsten Markt der Autoindustrie, auch wenn sich die Nachfrage dort in diesem Jahr schwächer entwickele. “Das Potenzial und die Chancen für Bosch in China bleiben mittel- und langfristig dennoch enorm”, so Bosch-Geschäftsführer Stefan Hartung. Der Markt ist nach Einschätzung des Autozulieferers weit von einer Sättigung entfernt.

Während in Deutschland 690 Autos auf 1000 Einwohner kämen, seien es in China nur 170. Besonders bei den Mobilitätsdienstleistungen werde man einen Anstieg sehen, so Hartung. Der chinesische Automarkt werde sich zu einem Leitmarkt für moderne Mobilität entwickeln.

Nach Jahren des Wachstums hatte Bosch in China 2018 trotz der spürbaren Abkühlung seinen Umsatz noch einmal um ein Prozent auf 10,5 Milliarden Euro gesteigert. Das ist mehr als ein Fünftel des gesamten Umsatzes der Autosparte. "Wir haben kein einfaches Marktumfeld in China gehabt", sagte Hartung.

In den ersten Monaten dieses Jahres waren die Autoverkäufe im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen. Der chinesische Markt legt nach Hartungs Ansicht aber 2019 nur eine Verschnaufpause ein.

Für den Autoabsatz von Daimlers Hausmarke Mercedes-Benz ist China der wichtigste Einzelmarkt. Daimler ist als Premiumhersteller nicht so sehr von der derzeitigen Schwäche des chinesischen Marktes betroffen, auf dem Kunden vom Zollstreit mit den USA verunsichert sind sowie zuletzt auf eine Mehrwertsteuersenkung warteten.

Der Absatz der seit längerem schwächelnden Kleinwagenmarke Smart ging bei Daimler zwar weiter zurück - im März um 17,1 Prozent. Doch um die Marke neu aufzustellen, bringen die Stuttgarter sie in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem chinesischen Großaktionär Geely ein. In der kommenden Generation sollen die Kleinwagen komplett elektrisch fahren und in China entwickelt und produziert werden.

 

 

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