Gemischtes

Die Deutschen trinken wieder mehr Bier

Seit fast 30 Jahren schon geht der Bierkonsum in Deutschland zurück. Jetzt wurde der Abwärtstrend durchbrochen: 2018 tranken die Deutschen wieder mehr Gerstensaft.
02.05.2019 17:13
Lesezeit: 2 min

Die Deutschen trinken wieder mehr Bier: 2018 verkauften die hiesigen Lebensmittel-Geschäfte und Getränke-Abholmärkte rund 6,1 Milliarden Liter Gerstensaft, was einem Plus von 2,9 Prozent im Vergleich zum Jahr 2017 entspricht. Pro Einwohner betrug der Absatz 76 Liter (das heißt, dass rund drei Viertel allen konsumierten Biers im Einzelhandel gekauft wurde. Das übrige Viertel wurde in der Gastronomie ausgeschenkt). Insgesamt ließen die Deutschen acht Milliarden Euro in den Ladenkassen, das sind fast exakt 100 Euro pro Einwohner.

Pils war mit einem Anteil von 52 Prozent am Gesamtabsatz (in Zahlen: 3,2 Milliarden Liter) nach wie die beliebteste Biersorte. Dennoch - und trotz der Zunahme des Gesamtabsatzes - stieg der Pilskonsum nicht, ging sogar ganz leicht zurück (das Gleiche gilt für Weizenbier). „Der Pilsabsatz stagniert seit Jahren“, so Marcus Strobl vom weltweit führenden Konsum-Forschungsinstitut „Nielsen“, das die Daten zum Bierkonsum erhob. Pils habe bei jüngeren Konsumenten ein „Imageproblem“, zudem würden „alkoholfreie Varianten immer beliebter“. Dies wird an den Zahlen deutlich: Rund 15 Prozent (in absoluten Zahlen: 400 Millionen Liter) des verkauften Gerstensaftes bestand aus alkoholfreiem Bier und alkoholfreien Biermixgetränken.

Insgesamt lässt sich konstatieren, dass der Biermarkt von immer mehr Vielfalt und Volatilität geprägt ist. Besonders deutlich lässt sich das am relativ neuen Produkt Naturradler ersehen. Von ihm gingen 143 Millionen Liter über den Ladentisch, ein Plus von 56 Prozent zum Jahr 2017. Naturradler ist eigentlich ein Nischenprodukt, machte aber immerhin 2,35 Prozent des Bier-Gesamtabsatzes aus (und fast ein Drittel des Radler- beziehungsweise Alsterwasser-Absatzes). Festzustellen ist auch, dass die Markentreue abnimmt. Strobl: „Individualisierung ist angesagt.“

Wieder zurück am Markt ist die Dose: Nachdem ihr Absatz im Zuge der Einführung des Dosenpfands im Jahr 2003 deutlich zurückgegangen war, erfreut sie sich seit einigen Jahren wieder steigender Beliebtheit und hat ihren Marktanteil mittlerweile auf knapp acht Prozent gesteigert. Der Marktanteil von Halbliterflaschen beträgt etwas über 60 Prozent, der von 0,33-Liter-Flaschen rund 30 Prozent. Schätzungen des Deutschen Brauerbunds zufolge beträgt die Anzahl der im Umlauf befindlichen Bier-Mehrwegflaschen zwei Milliarden Stück. Im Durchschnitt wird eine Pfandflasche 40mal verkauft.

Dass der Bierkonsum 2018 stieg, war wahrscheinlich nur eine Ausnahme und als solche in erster Linie dem heißen Sommer zu verdanken. Tendenziell ist der Absatz seit Jahren rückläufig. Anfang 1990 erreichte er mit 142,7 Litern pro Kopf (Einzelhandel und Gastronomie zusammen) seinen Höchststand, 2018 betrug er nur noch 102 Liter (ein Minus von knapp 29 Prozent/ ebenfalls Einzelhandel und Gastronomie). Hauptgrund dafür ist die sozio-demografische Entwicklung: Der klassische Biertrinker, nämlich der männliche Arbeiter, stirbt immer mehr aus. Die nachfolgende Generation hat durchschnittlich einen höheren Bildungsgrad und ist stärker an ausländischen und internationalen Trends orientiert. Diese Menschen trinken tendenziell eher Cocktails (so haben sich in den letzten Jahren beispielsweise die Absätze von Whisky, Rum und Gin gesteigert), Szene-Drinks mit wenig Alkoholgehalt (zum Beispiel Hugo) sowie alkoholfreie Getränke (bevorzugt aus dem Bio-Bereich).

Der Pressesprecher des „Deutschen Brauer Bunds“, Marc-Oliver Huhnholz, bestätigte im Gespräch mit den Deutschen Wirtschafts Nachrichten dann auch, dass es „Veränderungen auf dem deutschen Biermarkt“ gibt und die „Biermenge langsam zurückgeht“. Insgesamt gebe es einen Trend hin zu alkoholfreien Getränken, und dieser werde in den kommenden Jahren auch weiter anhalten. Allerdings sei der Bierkonsum in Deutschland im internationalen Vergleich immer noch sehr hoch (Deutschland nimmt hinter dem klar führenden Tschechien knapp hinter Namibia und Österreich den vierten Platz unter den Bier-Nationen ein), der Rückgang geschehe also auf einem sehr hohen Niveau.

Ein paar Zahlen zum deutschen Bier- und Brauerei-Markt (Stand 2018)

  • Pro-Kopf-Verbrauch: 102 Liter
  • Anzahl der Brauereien: 1.539 (davon über 40 Prozent in Bayern)
  • Bier-Ausstoß: 9,4 Milliarden Liter
  • Export-Quote: 1,58 Milliarden Liter (16,8 Prozent)
  • Zahl der Beschäftigten (ausschließlich der Brauereien mit weniger als 20 Mitarbeitern): Rund 27.600
  • Gesamtumsatz (ausschließlich der Brauereien mit weniger als 20 Mitarbeitern): Circa 8,3 Milliarden Euro
  • Biersteuer: knapp 800 Millionen Euro
  • Größte Brauerei-Gruppen:

    • Radeberger (unter anderem Radeberger, Jever, Berliner Pilsener)
    • Anheuser-Busch InBev (Belgien/unter anderem Becks, Hasseröder, Franziskaner, Löwenbräu)
    • Bitburger (unter anderem Bitburger und Köstritzer)
    • Oettinger
    • Krombacher

  • Meistgetrunkene Biere (Stand 2017):

    • 1. Krombacher
    • 2. Oettinger
    • 3. Bitburger
    • 4. Veltins
    • 5. Beck´s
    • 6. Paulaner
    • 7. Warsteiner
    • 8. Hasseröder
    • 9. Radeberger
    • 10. Erdinger

 

[newsletter-signup-telegram][/newsletter-signup-telegram]

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...