Die EZB will den Banken mit eher großzügigen Zinskonditionen für die neuen Langfristkredite unter die Arme greifen. Bei den zweijährigen Darlehen, die in der Fachwelt "TLTRO III" genannt werden, winkt den Banken eine Prämie, wenn sie bei der Kreditvergabe nachweislich bestimmte Ziele erfüllen, wie die Europäische Zentralbank am Donnerstag mitteilte.
Die Langfristdarlehen erhalten die Banken zu einem Zins, der zehn Basispunkte über dem durchschnittlichen Leitzins während der Laufzeit der Kredite liegt. Bei Erfüllung von Kreditvergabezielen werde er aber sinken. Er könne dabei so niedrig liegen, wie der durchschnittliche Einlagensatz plus zehn Basispunkte während der Laufzeit der Geschäfte. Aktuell liegt der Satz bei minus 0,4 Prozent.
Es sind demnach Darlehen möglich, deren Zinssatz bis zu minus 0,3 Prozent beträgt. Die betreffende Bank würde Geld netto hinzugewinnen.
Das geldpolitische Ziel der EZB bei diesen speziellen Liquiditätsspritzen ist es, die Kreditvergabe im Währungsraum zu beflügeln. Sie sind daher so gestaltet, dass Banken Anreize erhalten, Darlehen an die Wirtschaft zu geben. In der vorangegangen Serie (TLTRO II) lag die Prämie bei bis zu 0,4 Prozent, wenn sie nachweislich mehr Kredite ausreichten.
Die neuen Darlehen, die die EZB ab September auflegen will, dürften Experten zufolge wie schon die Vorgänger-Serie vor allem in südlichen Euro-Ländern abgerufen werden. Vor allem Banken in Italien, Spanien und Frankreich hatten damals zugegriffen. Auf italienische Geldhäuser entfielen nach EZB-Daten zuletzt noch ausstehende Langfristkredite in Höhe von annähernd 240 Milliarden Euro, spanische Institute werden mit rund 167 Milliarden Euro aufgeführt, Banken aus Frankreich mit etwa 112 Milliarden Euro.
Die Europäische Zentralbank verschiebt angesichts der zahlreichen konjunkturellen Fragezeichen die Zinswende bis weit in das nächste Jahr. Die Währungshüter um EZB-Präsident Mario Draghi stellten am Donnerstag nach ihrer Zinssitzung in Vilnius in Aussicht, die Leitzinsen der Euro-Zone noch bis mindestens zum Ende des ersten Halbjahrs 2020 nicht antasten zu wollen. Bislang galt dies nur bis zum Ende des laufenden Jahres. Damit stellen die Währungshüter geldpolitische Weichen, die bis in die Amtszeit des nächsten Notenbank-Präsidenten reichen. Draghi scheidet Ende Oktober aus dem Amt. In seiner achtjährigen Zeit an der Spitze wird die EZB somit nicht einmal die Zinsen erhöht haben.
"Die EZB versucht, sich noch mal gegen die Abkühlung der Konjunktur zu stemmen, ohne die Zinsen zu senken", kommentierte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt des Bankhauses ING in Deutschland die Beschlüsse. Die Veränderung des Zinsausblicks in Kombination mit billigem Geld für Banken sollte die Märkte positiv stimmen. "Das muss aber noch nicht das Ende der Fahnenstange sein." Sein Kollege Friedrich Heinemann vom ZEW-Institut in Mannheim sieht die Euro-Notenbank nun in einer schwierigen Lage. Anders als andere Notenbanken besitze die EZB keinen nennenswerten zinspolitischen Spielraum mehr.
Dies ist nach März bereits das zweite Mal, dass die Euro-Notenbank ihren Zinsausblick zeitlich nach hinten verschiebt. Ursprünglich hatte sie nur bis zum Ende dieses Sommers in Aussicht gestellt, an ihren Zinsen nicht zu rütteln. Der Schlüsselsatz zur Versorgung der Banken mit Geld liegt seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent.