Finanzen

Tokenisierung: Was Blockchain der Investmentbranche zu bieten hat

Wertpapier-Token sind eine wichtige und wachsende Anwendung der Blockchain-Technologie. Die sogenannte Tokenisierung ist so effizient, dass ganz neue Formen des Investierens möglich geworden sind.
09.06.2019 17:54
Lesezeit: 3 min
Tokenisierung: Was Blockchain der Investmentbranche zu bieten hat
Die von Mining-Unternehmen bewirkte Verlässlichkeit von Blockchains ermöglicht nicht nur Kryptowährungen, sondern auch die Tokenisierung von Vermögenswerten. (Foto: AFP) Foto: AFP

In der Blockchain-Welt gibt es drei verschiedene Arten von digitalen "Token". Und alle drei Arten von Token - Kryptowährungen, Utility-Token und Wertpapier-Token - bieten nicht nur für die Finanzbranche enorme Effizienzsteigerungen.

Die drei Arten von Token ähneln sich darin, dass sie auf Blockchain-Technologie beruhen und dass man in sie investieren kann. Doch die sogenannte Tokenisierung bietet mit der Einführung von Wertpapier-Token ganz spezielle Vorteile für die Investmentbranche.

Kryptowährungen

Kryptowährungen wie Bitcoin stellen die am weitesten bekannte Art von Token dar. Ihre Menge und Transaktionen werden mithilfe von Blockchains geregelt. Sie sind an keinen externen Vermögenswert geknüpft und erhalten ihren Wert lediglich daraus, dass sie die Einheiten in ihrem jeweiligen Netzwerk sind.

Der Preis der vielen tausend Kryptowährungen schwankt stark und hängt davon ab, was die Investoren im Hinblick auf die Verbreitung des Netzwerks erwarten, etwa im Einzelhandel zum Bezahlen von Einkäufen oder vor allem im Fall von Bitcoin als "digitales Gold".

Zwar nimmt die Verwendung von Bitcoin zum Bezahlen im Einzelhandel leicht zu. So kann man jetzt in mehr als 30.000 Läden in den USA mit Bitcoin, Ether und Bitcoin Cash bezahlen. Doch wie aktuelle Analysen zeigen, sind noch immer fast alle Bitcoin-Transaktionen auf Spekulanten zurückzuführen.

Utility-Token

Utility-Token kommen meist im Rahmen von ICOs zum Einsatz. Sie werden von Startups an Investoren verkauft, um genügend Kapital aufzubringen. Im Gegenzug erhalten die Investoren mithilfe der Token Zugang zu einem bestimmten Produkt oder einer Dienstleistung, sobald das Startup dieses Produkt irgendwann entwickelt hat.

Ein Beispiel ist der Basic Attention Token (BAT). Mit seiner Hilfe wollen die Macher die digitale Werbung revolutionieren. Werbetreibende sollen mit den BAT-Token Anzeigen kaufen. Von den BAT werden dann direkt die Webseiten, wo die Anzeigen erscheinen, bezahlt. Auch die Browser-Nutzer erhalten BAT dafür, dass sie Werbung zulassen.

Wertpapier-Token (engl. Security Token)

Wie der Name schon sagt, sind Wertpapier-Token eine Art digitales Wertpapier. Sie repräsentieren einen bestimmten Vermögenswert und können von Investoren erworben werden. Wertpapiere erfüllen in der Regel zwei Kriterien:

  • Sie werden als eine Investition vermarktet oder verkauft.
  • Die Gewinne hängen (anders als bei etwa bei Gold) in entscheidendem Maße von den Bemühungen eines bestimmten Akteurs ab.

Ein Beispiel für ein Wertpapier ist eine herkömmliche Aktie an einem Unternehmen. Ein Beispiel für einen Wertpapier-Token ist entsprechend eine Aktie, die als Token mithilfe von Blockchain ausgegeben wird.

Was Tokenisierung?

Tokenisierung bedeutet, dass man Vermögenswerte als Token darstellt. Die Idee, Vermögenswerte mithilfe von Wertpapieren für Investoren zugänglich zu machen, ist nichts Neues und in der Finanzwelt als  Verbriefung bekannt.

Bei einer Verbriefung werden verschiedene Arten von Schuldverpflichtungen - also etwa Hypothekendarlehen, Autokredite oder Kreditkartenschulden - als Wertpapiere strukturiert und an Investoren verkauft.

Beispiele für verbriefte Wertpapier auf der Grundlage von Schuldverpflichtungen sind die sogenannten Collateralized Debt Obligations (CDOs) oder die strukturierten Asset Backed Securities (ABS), die in der Finanzkrise 2008 eine entscheidende Rolle spielten.

Die Tokenisierung folgt dieser weit verbreiteten Idee, nur dass statt Wertpapieren digitale Token in einer Blockchain zum Einsatz kommen. Auf diese Weise können die Kosten auf nahe Null gesenkt werden, sodass die Verbriefung von viel mehr Arten von Vermögenswerten möglich wird.

Beispiel: Tokenisierung einer Immobilie

Angenommen, man besitzt eine Immobilie und braucht dringend Geld. Nun könnte man zum Beispiel die gesamte Immobilie verkaufen. Doch wenn man weniger Geld braucht als der Wert der Immobilie, ist das meist nicht die beste Möglichkeit.

Stattdessen könnte man die Immobilie mithilfe von Blockchain "tokenisieren", also etwa eine Million Token kreieren, die jeweils ein Millionstel der Immobilie repräsentieren. Von diesen Token kann der Besitzer nun beliebig viele verkaufen und wieder zurückkaufen.

Zudem können die Token nun wie Kryptowährungen rund um die Uhr problemlos gehandelt werden. Das heißt, Investoren überall auf der Welt können die Token erwerben und wieder verkaufen, etwa an Krypto-Börsen zum aktuellen Preis.

Jede Transaktion wird in einer Blockchain unveränderlich aufgezeichnet. So sind die Eigentumsverhältnisse jederzeit klar und fälschungssicher geregelt.Die Bürokratie ist viel geringer als bei einer herkömmlichen Verbriefung.

Neue Möglichkeiten durch Tokenisierung

Die niedrigen Kosten einer Tokenisierung eröffnen ganz neue Möglichkeiten für Verbriefungen. Dadurch kann ein Investor zum Beispiel jeweils 0,1 Prozent an einer Vielzahl von Vermögenswerten erwerben und sein Portfolio massiv individuell diversifizieren.

So kostet eine Aktie von Amazon derzeit knapp 1.800 Dollar und Investoren müssen mindestens eine Aktie erwerben. Kleine Investoren sind dadurch ausgeschlossen. Mithilfe einer Tokenisierung des Unternehmens könnte man auch Kleinstbeträge in Amazon investieren.

Doch Aktien und Immobilien sind bei Weitem nicht die einzigen Anwendungsmöglichkeiten für Wertpapier-Token. Weitere Beispiele sind Viehbestände oder Picasso-Gemälde, an denen Investoren jeweils einen Bruchteil erwerben könnten.

Das größte Problem für Wertpapier-Token

Das größte Problem bei der Tokenisierung besteht darin, diese rechstkonform durchzuführen. Denn Treuhandverträge, die über Smart Contracts und Blockchain abgeschlossen werden, sind für die Aufsichtsbehörden Neuland.

Der Verkauf von rechtskonformen Wertpapier-Token wird als Security Token Offering (STO) bezeichnet - in Anlehnung an die Begriffe Initinial Coin Offering (ICO) für den Verkauf von Utility Tokens und Initital Public Offering (IPO) für einen Börsengang.

Dass rechtskonforme Tokenisierungen schon heute möglich sind, zeigt Bitbond. Das Berliner Startup verkauft derzeit Tokens, die Anleihen mit 4 Prozent Zinsen sowie einer Profitbeteiligung repräsentieren. Es ist das erste STO in Deutschland und hat bereits mehr als 2 Millionen Euro aufgebracht.

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