Finanzen
Mögliche Wende am Goldmarkt

Was bedeutet das überraschende Ende des Gold-Abkommens der Zentralbanken Europas?

Die am Goldabkommen beteiligten europäischen Zentralbanken fallen dadurch auf, dass sie im Gegensatz zu anderen globalen Playern seit Jahrzehnten kein Gold kaufen. Dies könnte sich nach dem überraschend beschlossenen Ende des Abkommens nun ändern.
02.08.2019 10:34
Lesezeit: 2 min

Am Freitag hat die EZB in Frankfurt überraschend mitgeteilt, dass die 21 Unterzeichner des vierten Goldabkommens der Zentralbanken (CBGA), darunter die Deutsche Bundesbank, keinen Sinn mehr in dem Abkommen sehen. Daher hätten sie beschlossen, das Abkommen nach seinem Auslaufen am 26. September 2019 nicht weiter zu verlängern.

Das erste solche Goldabkommen der Zentralbanken des Euroraums, der schwedischen Reichsbank und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) war im Jahr 1999 unterzeichnet worden, um die geplanten Goldverkäufe mehrerer Zentralbanken zu koordinieren. In der Folge wurde es alle fünf Jahre erneuert.

In den 90er und frühen 2000er Jahren verkauften mehrere Zentralbanken im großem Umfang Gold. Zu den größten Goldverkäufern in den Jahren 2000 bis 2011 gehörten die Schweiz, Großbritannien, Frankreich, die Niederlande und Spanien, wie die folgende Grafik zeigt.

So verkaufte Großbritannien ab 1999 unter Premierminister Gordon Brown 401 seiner insgesamt 715 Tonnen Gold auf dem Tiefpunkt des Marktes. Dies war eine der schlechtesten finanziellen Entscheidungen in der Geschichte des Landes und brachte dem Steuerzahler Milliardenverluste.

Das Goldabkommen sollte verhindern, dass Zentralbanken gleichzeitig Gold verkaufen und dadurch noch schlechtere Preise erhalten würden. Doch nun wird das Abkommen nicht mehr benötigt. Denn zuletzt haben die Zentralbanken nicht nur kein Gold verkauft, sondern es in einem beispiellosen Tempo gekauft.

Im vergangenen Jahr haben Zentralbanken weltweit so viel Gold gekauft wie zuletzt 1971. Und in den letzten vier Quartalen bis zum ersten Quartal 2019 waren die Goldkäufe der Zentralbanken so hoch wie nie zuvor in der Geschichte. In der Folge steht der Goldpreis (in Dollar) aktuell auf dem höchsten Stand seit mehr als sechs Jahren.

Infolge dieser Stimmungsänderung bei den Zentralbanken ist das Goldabkommen, das darauf abzielte, Verkäufe zu koordinieren, um eine Überschwemmung des Marktes zu vermeiden, zu einem Anachronismus geworden. Seit 2012 haben die am Abkommen beteiligten Zentralbanken keine nennenswerten Mengen Gold verkauft.

Vor dem Hintergrund der historisch starken Goldnachfrage von Zentralbanken, allen voran Russland, China, Indien, der Türkei und sogar Polen und Ungarn, ist es umso auffälliger, dass keine der 21 am Goldabkommen beteiligten europäischen Zentralbanken in den Jahren 1999 bis 2019 nennenswerte Menge Gold gekauft hat.

Daher stellt der Goldanalyst Ronan Manly die These auf, dass die Unterzeichner des Goldabkommens neben der offiziellen Vereinbarung einen nicht-öffentlichen Anhang vereinbart haben könnten, worin sie vereinbaren, dass sie keine nennenswerten Mengen Gold kaufen. Es wäre nicht das erste Mal.

So vereinbarten die Zentralbanken der G10 und der Schweiz Mitte der 1970er Jahre mit dem IWF, "dass es keine Maßnahmen zur Festlegung des Goldpreises gibt und dass der Gesamtbestand an Gold in den Händen des Fonds und der Währungsbehörden der Zehnergruppe und der Schweiz nicht erhöht wird", heißt es auf Seite 54 des IWF-Jahresberichts von 1976.

Sollte diese These von Ronan Manly sich als wahr erweisen, so könnten die 21 Zentralbanken des Goldabkommens ab dem 26. September nach 20 Jahren erstmals wieder zu Goldkäufern werden - wie zahlreiche andere Zentralbanken der Welt auch. Doch auch der umgedrehte Fall ist denkbar. So könnten etwa Italien oder Frankreich, die zu den größten Goldbesitzern weltweit gehören, sich wegen ihrer schlechten Finanzen und vor dem Hintergrund hoher Goldpreise dazu genötigt sehen, wieder dazu überzugehen, größere Teile ihrer Goldreserven zu verkaufen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Das Zeitalter des intelligenten passiven Einkommens: Bitcoin-Mining mit BlackchainMining

In der heutigen, sich rasant entwickelnden digitalen Wirtschaft sind Kryptowährungen wie Bitcoin nicht nur Vermögenswerte, sondern auch...

DWN
Politik
Politik Kampf gegen den Klimawandel: EU-Einigung auf Klimaschutzziel für 2040
10.12.2025

Die neuen Klimaziele der EU stehen fest: Der Treibhausgasausstoß soll bis 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Bei der...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungsmarkt: Angebot an Mietwohnungen steigt in Ostdeutschland
10.12.2025

Angebot runter, Preise rauf. Doch jetzt dreht sich der Trend – zumindest in Ostdeutschland. Allerdings nicht im Berliner Umland, dafür...

DWN
Politik
Politik Selenskyj nach Trumps Friedensplan: Ukraine könnte binnen 60 bis 90 Tagen wählen
10.12.2025

Seit dem russischen Überfall im Februar 2022 fanden keine Wahlen in der Ukraine statt. Die reguläre Amtszeit des Präsidenten lief im Mai...

DWN
Politik
Politik Trump-Doktrin: Weshalb die USA plötzlich Russlands Linie bedienen
10.12.2025

Mit provokanten Aussagen über Putin, Selenskyj und die Zukunft Europas treibt Donald Trump eine neue US-Außenpolitik voran, die immer...

DWN
Technologie
Technologie Stromexport: Frankreich produziert klimafreundlichen Überschuss
10.12.2025

Frankreich produziert in den kommenden Jahren deutlich mehr Strom, als das Land verbraucht. Diese Überkapazität eröffnet neue...

DWN
Politik
Politik Wird Brüssel das Verbot konventioneller Motoren lockern und E-Auto-Quoten für Unternehmen einführen?
10.12.2025

Die EU stellt die Weichen für die Zukunft der europäischen Autoindustrie. Brüssel erwägt eine Abschwächung des Verbots klassischer...

DWN
Finanzen
Finanzen Optimismus für europäische Banken und der Auftakt zu 2026
09.12.2025

Die Wall Street steht vor Rekorden. Analysten sehen starke Impulse für 2026, doch warnen vor Risiken. Banken glänzen, Bitcoin sorgt für...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Voith: Maschinenbauer streicht 2.500 Stellen
09.12.2025

Der Maschinenbauer Voith plant in Deutschland den Abbau von bis zu 2.500 Stellen. Grund sind strukturelle Probleme wie hohe Energie- und...