Finanzen
Fünfter Rückgang in Folge

Ifo-Index zeigt Rezession in Deutschland an

Der Ifo-Index hat den schwächsten Wert seit 2012 markiert. Bei der Industrie stellt sich die Situation besonders schwierig dar.
26.08.2019 11:07
Lesezeit: 2 min

Die deutsche Wirtschaft taumelt weiter in Richtung Rezession. Handelskonflikte und Risiken wie ein ungeregelter EU-Abschied Großbritanniens drückten die Stimmung in den Chefetagen im August nahezu auf ein Sieben-Jahres-Tief. Das Barometer für das Geschäftsklima fiel unerwartet deutlich um 1,5 auf 94,3 Punkte, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner monatlichen Umfrage unter 9000 Managern mitteilte. "Die Anzeichen für eine Rezession in Deutschland verdichten sich", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Das Bruttoinlandsprodukt war im Frühjahr um 0,1 Prozent geschrumpft. Bei einem zweiten Rückgang im laufenden Sommerquartal würde von Rezession gesprochen werden.

Dafür spricht, dass die Manager nicht nur die Geschäftslage, sondern auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate pessimistischer sehen. Der Abwärtstrend hat zudem sowohl Industrie als auch Dienstleister, Baubranche und Handel erfasst. "Die Industrie steckt bereits in einer Rezession", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe zu Reuters. "Die Dienstleister ziehen jetzt nach, insbesondere die unternehmensnahen. Der Bereich Transport und Logistik etwa spürt besonders, dass die Industrieaufträge ausbleiben."

Auch innerhalb der Industrie gibt es immer mehr Branchen, in denen es nicht gut aussieht. "Im Maschinenbau, in der chemischen Industrie und in der Elektrotechnik hat sich die Stimmung merklich eingetrübt", sagte Wohlrabe. In der gebeutelten Autoindustrie ging es zwar gegen den Trend leicht nach oben, doch bleibe auch hier die Stimmung insgesamt negativ. "Bei keiner der deutschen Schlüsselindustrien zeigten sich Lichtblicke", betonte Fuest.

"EXPORTABHÄNGIGKEIT WIRD ZUM BUMERANG"

Experten machen dafür vor allem die schwache Weltkonjunktur verantwortlich. "Der stetig eskalierende Handelsstreit, die zunehmende Gefahr eines ungeregelten harten Brexits und nun auch die Regierungskrise in Italien sind zuviel für die an sich starken Schultern der deutschen Industrie", sagte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. In die USA und China - die sich gegenseitig mit Strafzöllen überziehen - sowie nach Italien und Großbritannien gehen zusammen mehr als ein Viertel der deutschen Warenexporte. "So bitter es klingt, die Exportabhängigkeit der deutschen Volkswirtschaft wird derzeit zum Bumerang", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel.

Besserung ist nicht in Sicht, da der Handelskrieg zwischen den weltgrößten Wirtschaftsmächten USA und China eskaliert ist: Peking kündigte zunächst am Freitag überraschend höhere Zölle auf US-Importgüter an, Trump drohte im Gegenzug eine Anhebung schon bestehender Sonderzölle an. Wohlrabe sagte, die neue Runde im Handelskrieg spiegele sich in der Ifo-Umfrage vom August noch gar nicht wieder.

Die Bundesbank hält im laufenden Quartal einen erneuten Rückgang des Bruttoinlandsproduktes für möglich. "Die deutsche Konjunktur bleibt voraussichtlich auch im Sommer 2019 schwunglos", heißt es im aktuellen Monatsbericht. "Die gesamtwirtschaftliche Leistung könnte erneut leicht zurückgehen." Wohlrabe erwartet für das dritte Quartal "bestenfalls Stagnation". Bislang verhindern der anhaltende Bauboom und ausgabefreudige Verbraucher einen stärkeren Abschwung. "Das Baugewerbe floriert weiter, auch wenn Rekorde nicht mehr zu erwarten sind", sagte Wohlrabe. "Auch der Konsument kauft weiterhin gerne ein."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährungsmarkt im Fokus: ETFs, XRP und Moon Hash – Weihnachtsbonusverträge beflügeln Cloud-Computing-Trends

Zum Jahresende erlebt der Kryptowährungsmarkt einen neuen Aufschwung. Kryptowährungs-ETFs und XRP ziehen zunehmend Gelder traditioneller...

DWN
Technologie
Technologie Natrium-Batterien: Wie China die nächste Akkurevolution vorantreibt
20.12.2025

Chinesische Hersteller treiben die Entwicklung von Natrium-Batterien rasant voran und bedrohen damit das bisherige Lithium-Dominanzmodell...

DWN
Politik
Politik Härtefallfonds für bedürftige Ostrentner schliesst: 425 Millionen Euro ungenutzt
20.12.2025

Aus dem Härtefallfonds für bedürftige Rentner aus der ehemaligen DDR und Osteuropa fließen zu Jahresende mehrere Hundert Millionen Euro...

DWN
Panorama
Panorama Grüne Stadt der Zukunft: Wie realistisch CO2-neutrale Metropolen bis 2040 sind
20.12.2025

Städte sollen Europas Klima-Rettungsanker werden – doch zwischen Vision und Wirklichkeit klafft eine Lücke. EU-Ziele, Modellstädte und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chefin der Wirtschaftsvereinigung Stahl warnt: Die Deindustrialisierung ist real
20.12.2025

Kerstin Maria Rippel ist Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Im DWN-Interview sagt sie, dass Berlin nach dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Eigenkapitalbildung: Immobilienkauf laut IfW-Studie für Millennials schwerer
20.12.2025

Eigenkapitalbildung wird für viele Kaufwillige zur größten Hürde: Eine neue Studie vergleicht, wie stark sich die Anforderungen für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-CO2-Zoll wird ausgeweitet: Kommt die nächste Stufe für Waschmaschinen und andere Haushaltsgeräte?
20.12.2025

Der EU-CO2-Zoll steht vor der nächsten Ausbaustufe: Brüssel will ihn auf Haushaltsgeräte und weitere Industrieprodukte ausdehnen. Ab...

DWN
Politik
Politik Neues Ranking: Wer jetzt über Europas Zukunft entscheidet
20.12.2025

Donald Trumps Aufstieg an die Spitze des aktuellen Politico-Rankings zeigt, wie stark externe Kräfte Europas Politik inzwischen bestimmen....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Rallye mehrerer Technologieunternehmen treibt US-Aktien an
19.12.2025

Die US-Aktien unterbrachen ihre jüngste Verlustserie und stiegen am Freitag, da Anzeichen einer abkühlenden Inflation und nachlassende...