Politik

Tengelmann-Rettung gescheitert: Tausende Arbeitsplätze in Gefahr

Die Supermarktkette Kaiser's Tengelmann steht vor der Zerschlagung. Tausende Mitarbeiter müssen mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes rechnen.
14.10.2016 01:50
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Gespräche über die Rettung der angeschlagenen Supermarktkette Kaiser's Tengelmann sind gescheitert. Nun steuert die Kette mit über 15.000 Beschäftigten auf die Zerschlagung zu. Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub kündigte am Donnerstagabend an, den Verkaufsprozess einzuleiten. Bundeswirtschaftminister Sigmar Gabriel mahnte bei allen Beteiligten nochmals ernsthafte Bemühungen an, eine tragfähige Lösung für die Mitarbeiter zu finden. "Die Nachricht eines möglichen Scheiterns der Verhandlungen wäre erschütternd", erklärte er.

Rewe-Chef Alain Caparros verkündete am Donnerstagabend das Ende der Verhandlungen um die Zukunft der verlustreichen Kette, Edeka und Tengelmann bestätigten das Aus. "Es gab und gibt bis jetzt kein ernsthaftes, überprüfbares und rechtlich umsetzbares Angebot an Rewe für eine konstruktive Lösung", erklärte Caparros. Rewe könne die Klage gegen die Ministererlaubnis aber nicht ohne einen fairen Interessenausgleich zurückziehen, betonte er. "Wir müssen leider feststellen, dass die Kläger nicht bereit sind, konstruktiv an Lösungen zu arbeiten und ihre Beschwerden zurückzuziehen", erklärte dagegen Tengelmann-Chef Haub mit Blick auf Rewe. "Für uns heißt das, dass wir jetzt mit der Vorbereitung der Einzelverwertung des Unternehmens beginnen müssen."

Tengelmann werde in der kommenden Woche beginnen, für das Filialnetz in Nordrhein-Westfalen sowie die Fleischwerke in Viersen, Donauwörth und Perwenitz Interessensbekundungen einzuholen, kündigte Haub an. Die Märkte in Bayern und Berlin sollten dann "zeitverzögert" dazukommen. Er befürchte aber, dass "für zahlreiche Filialen kein Supermarktbetreiber gefunden werden kann". Deshalb stehe "eine große Zahl von Mitarbeitern vor dem Verlust ihrer Arbeitsplätze". Verhandlungen um einen Sozialplan sollten beginnen. Er ließ aber noch eine Hintertür offen: Er wolle "parallel zur Vorbereitung des Abwicklungsszenarios weiter versuchen, den Weg zum Vollzug der Ministererlaubnis frei zu machen".

Haub wolle "Kaiser's Tengelmann in für ihn wirtschaftlich optimaler Weise in Paketen veräußern", warf Caparros Haub vor. Edeka erklärte dagegen, es dränge sich der Eindruck auf, dass Rewe an keiner Lösung im Rahmen der Ministererlaubnis interessiert gewesen sei.

Vor zwei Jahren hatte Haub den Verkauf von Kaiser's Tengelmann an den Branchenprimus Edeka verkündet. Das Bundeskartellamt untersagte die Fusion aber im Frühjahr 2015. Edeka und Tengelmann wandten sich an Wirtschaftminister Gabriel. Dieser gab im März 2016 grünes Licht und hebelte so das Veto des Kartellamts aus. Doch die Konkurrenten Rewe, Norma und Markant klagten mit Erfolg gegen die Sondererlaubnis, das Oberlandesgericht Düsseldorf kippte sie im Juli. Für die Beschäftigten ging damit wieder das große Zittern los - denn Haub drohte nun offen mit der Zerschlagung der Kette und setzte ein entsprechendes Ultimatum.

Die Gewerkschaft Verdi schaltete sich als Vermittler ein und versuchte, mit einem Gipfeltreffen der Supermarkt-Chefs eine Lösung zu finden. Die in erbitterter Konkurrenz stehenden Unternehmen hatten sich erst in der vergangenen Woche auf das Ziel einer Umsetzung der Ministererlaubnis verständigt. Doch dazu hätten Rewe, Norma und Markant ihre Klagen zurückziehen müssen. Dies ist nun vom Tisch.

Mit dem Scheitern der Gespräche steuert Kaiser's Tengelmann auf eine endgültige Zerschlagung zu. Die Sozial-Auflagen der Ministererlaubnis, die auf einen Erhalt der Arbeitsplätze zielten, gelten für neue Käufer nicht mehr. Im Hintergrund lauerten schon Interessenten für das Supermarkt-Netz Tengelmanns, sagen Branchenkenner. Dieses umfasste Ende 2015 noch über 446 Märkte - 133 davon in Berlin, 188 in Bayern und 125 in Nordrhein-Westfalen. Unter anderem habe es bereits Gespräche zwischen Haub und der Signa Holding des Karstadt-Eigners Rene Benko über Teile der Filialen gegeben, hatten Insider gesagt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Einbürgerung: Schwarz-Rot will Reform der Ampel rückabwickeln
28.05.2025

Kaum im Amt, zieht die neue Koalition die Daumenschrauben bei Migration und Einbürgerung an. Der Familiennachzug für sogenannte...

DWN
Panorama
Panorama Essen gehen - aber nicht im Restaurant: Handelsgastronomie boomt
28.05.2025

Essen in Geschäften erlebt einen unerwarteten Aufschwung – trotz Konjunkturflaute geben Verbraucher mehr Geld für Handelsgastronomie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands Finanzmacht schlägt Japan – aber zu welchem Preis?
28.05.2025

Deutschland hat Japan als größten Gläubigerstaat der Welt überholt – ein Triumph mit Schattenseite. Während Milliarden ins Ausland...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Konjunkturflaute in Deutschland: Warum Verbraucher sparen und Firmen zögern
27.05.2025

Die deutsche Wirtschaft steht vor einer historischen Durststrecke, während Verbraucher ihr Geld zusammenhalten und Unternehmen...

DWN
Politik
Politik Kanzler Merz nennt Waffen-Freigabe für Ukraine "notwendig"
27.05.2025

Soll die Ukraine mit deutschen Waffen Ziele in Russland angreifen dürfen? Olaf Scholz warnte stets vor den damit verbundenen Gefahren –...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs trotzt Wall-Street-Panik – Digitales Gold übernimmt das Ruder
27.05.2025

Der Bitcoin-Kurs erklimmt neue Rekorde – und das, obwohl die Aktienmärkte schwächeln. Institutionelle Investoren fluten den Markt,...

DWN
Politik
Politik USA sollen Deepseek-Gründer ins Visier nehmen – droht China der KI-Krieg?
27.05.2025

Peking warnt: Top-KI-Manager wie der Deepseek-Gründer könnten im Ausland von US-Behörden entführt werden. Droht ein gefährlicher...

DWN
Finanzen
Finanzen Selbstbestimmung im Alter: Warum Vollmachten so wichtig sind
27.05.2025

Die Vorsorgevollmacht ermöglicht ein hohes Maß an Selbstbestimmung im Alter, setzt aber volles Vertrauen zur Person voraus, die mit...