Politik

EU-Gipfel muss bis zur letzten Minute um CETA kämpfen

Das CETA-Abkommen steht bis zur letzten Minute auf der Kippe. Belgien hat noch keine Lösung. Allerdings wird allgemein ein Kompromiss erwartet.
19.10.2016 02:28
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Wegen Vorbehalten Belgiens, Rumäniens und Bulgariens haben die EU-Handelsminister am Dienstag kein grünes Licht für die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens Ceta mit Kanada geben können. Sie setzten eine Frist bis Freitag, um die Vorbehalte auszuräumen. Sonst kann das Abkommen nicht wie geplant am 27. Oktober gemeinsam mit Kanada unterzeichnet werden.

Die belgische Zentralregierung konnte der Unterzeichnung beim Handelsministerrat in Luxemburg nicht zustimmen, nachdem sich das Parlament der französischsprachigen Region Wallonie gegen Ceta ausgesprochen hatte. Rumänien und Bulgarien wiederum forderten von Kanada zuerst die Zusicherung, dass ihre Bürger Visa-Freiheit bekommen. Diplomaten zufolge verweigerten sie am Ende des Ministertreffens genau wie Belgien ausdrücklich die Zustimmung.

"Es sieht so aus, dass die endgültige Entscheidung vom EU-Gipfel getroffen wird", sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Ähnlich sah das der slowakische Wirtschaftsminister Peter Ziga, dessen Land derzeit den EU-Vorsitz innehat. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Vereinbarung noch wie geplant nächste Woche Donnerstag unterzeichnet werden kann.

Die EU-Staats- und Regierungschefs kommen am Donnerstag und Freitag zu ihrem regulären Oktober-Gipfel zusammen. Am Freitag steht ohnehin eine Aussprache über die Handelspolitik an. In seinem Einladungsbrief sprach EU-Ratspräsident Donald Tusk am Dienstag von einer "besonderen Verantwortung" für Ceta. "Es gibt noch Einiges zu tun, aber ich hoffe, wir finden einen Weg nach vorn."

Für Ziga und Malmström ist Freitag die letzte Gelegenheit, um eine Einigung zu erzielen, damit das Abkommen am 27. unterzeichnet werden kann. Schließlich müssten die kanadischen Regierungsvertreter wissen, "ob sie ihre (Flug-)Tickets buchen sollen oder nicht", sagte die Handelskommissarin.

Ziga verwies darauf, dass Belgien eines der Gründungsmitglieder der EU sei und mit Französisch auch sprachlich enge Verbindungen mit Kanada habe. "Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass der Stolperstein letztlich Belgien sein wird", sagte er Slowake. Die Vorbehalte Rumäniens und Bulgariens gelten als weniger problematisch, aber das hängt wesentlich von Kanada ab.

Der belgische Außenminister Didier Reynders sagte nach dem Treffen, "praktisch" hätten bereits "27 und ein halber Mitgliedstaat" Ceta zugestimmt - denn die belgische Zentralregierung will das Abkommen und die Vorbehalte Rumäniens und Bulgariens beziehen sich nicht auf Ceta selbst. Reynders kündigte an, seine Regierung werde mit der Wallonie bis zum Gipfel weiter an einer Lösung arbeiten. Der Präsident des Regionalparlaments der Wallonen hatte sich am Montag darüber beschwert, dass er mit Druck zu einer Kursänderung veranlasst hätte werden sollen. 

Deutschland bekam in Luxemburg laut Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) alle Zugeständnisse, die das Bundesverfassungsgericht für die Zustimmung zur Unterschrift gefordert hatte. Die Bundesregierung muss insbesondere die Möglichkeit haben, aus dem Abkommen wieder auszusteigen.

Gabriel warb eindringlich für das Handelsabkommen. Ceta stelle "ja gerade nicht die Wirtschaft ausschließlich in den Mittelpunkt, sondern es stellt den Schutz der Menschen, der Verbraucher, der Arbeitnehmer in den Mittelpunkt", sagte er. Es wäre deshalb "ein großer Fehler", das Abkommen nicht zu verabschieden. Auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) forderte eine "rasche Zustimmung aller EU-Mitgliedstaaten".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...