Die EU-Kommission will die Grenzkontrollen Deutschlands wegen der Flüchtlingskrise möglichst nur noch bis Mitte Februar erlauben. Die Behörde schlug am Dienstag vor, die Kontrollen an den inneren Grenzen des Schengenraums durch derzeit fünf Länder nochmals um drei Monate zu verlängern. Innenkommissar Dimitris Avramopoulos machte aber deutlich, dass eine weitere Verlängerung von Brüssel nicht gewünscht wird.
Dem Schengenraum gehören 26 Länder an, darunter auch die Nicht-EU-Staaten Norwegen, Island, Schweiz und Liechtenstein. Bürger können sich normalerweise ohne Kontrollen zwischen den Mitgliedstaaten bewegen.
Deutschland hatte im September 2015 als erstes Land wegen der Flüchtlingskrise Kontrollen an der Grenze Bayerns zu Österreich eingeführt. Es folgten Österreich, Dänemark, Schweden und Norwegen. Die EU-Kommission hat Kontrollen bisher bis Mitte November erlaubt. Ihr ursprünglicher Plan war es, bis zum Jahresende wieder ein normales Funktionieren des Schengenraums ohne innere Grenzkontrollen zu erreichen.
Das ist durch den Verlängerungsvorschlag, der noch durch die Mitgliedstaaten gebilligt werden muss, nun zwar überholt, die Kommission will aber offenbar einen Schlussstrich ziehen: "Wir glauben, dass diese drei Monate das Ende dieser Periode sein werden", sagte Avramopoulous. Ziel sei es dann "normalerweise, zu einem voll funktionierenden Schengenraum zurückzukehren", in dem es nur an den Außengrenzen Kontrollen gibt.
Tatsächlich blieb die Kommission hinter der Möglichkeit zurück, die Kontrollen auf einen Schlag um bis zu weitere sechs Monate zu verlängern. Sie forderte die betroffenen Länder auch ausdrücklich auf, vor einer Entscheidung über die Beibehaltung der Kontrollen zu prüfen, "ob mit alternativen Maßnahmen die gleiche Wirkung wie mit Grenzkontrollen erzielt werden könnte".
Vorausgegangen war ein Streit beim EU-Gipfel vergangene Woche, wo Ungarn und Slowenien ein deutliches Bekenntnis zur Aufhebung der Kontrollen gefordert hatten. Sie halten die Fortführung der Kontrollen wegen der Beruhigung der Lage in der Flüchtlingskrise für unnötig. Deutschland und die anderen Länder wehrten dieses Ansinnen aber ab.
Avramopoulos verwies nun auf "wichtige Schritte zur Beseitigung der Schwachstellen an unseren Außengrenzen" und insbesondere den Start der neuen EU-Behörde für Grenz- und Küstenschutz. Sie hat weitreichende Eingriffsbefugnisse beim Schutz der Außengrenzen, wird allerdings bis Januar noch schrittweise aufgebaut.
Die Kommission begründete die nochmalige Verlängerung zudem mit der möglichen Weiterreise "irregulärer Migranten", die sich bereits in Griechenland oder anderen EU-Ländern befinden. Die Aufhebung der Grenzkontrollen könne "zu einem Anstieg der Sekundärmigration führen", hieß es. Zudem seien die Verwaltungen in Deutschland und den anderen vier Staaten wegen der hohen Zahl der Asylanträge aus dem vergangenen und diesem Jahr "einer erheblichen Belastung ausgesetzt".