Politik

Österreich warnt vor steigenden Flüchtlingszahlen

Österreichs Außenminister Kurz warnt vor steigenden Flüchtlingszahlen und fordert einen Kurswechsel in der EU.
05.11.2016 01:20
Lesezeit: 2 min

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Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz hat einen weiteren Kursschwenk der EU-Politik gefordert, weil ansonsten die Zahl der Flüchtlinge und Migranten wieder zunehmen würde. Die Schließung der Balkanroute habe die Zahl der über Griechenland kommenden Menschen zwar erheblich reduziert, sagte Kurz am Freitag auf dem CSU-Parteitag in München. Die Politik müsse aber neben einem besseren Schutz der EU-Außengrenzen endlich klar sagen: "Wer sich illegal auf den Weg nach Europa macht, der wird nicht nach Mitteleuropa durchkommen."

Hintergrund ist die in diesem Jahr gestiegene Zahl von Menschen, die über das Mittelmeer aus Nordafrika nach Italien gekommen sind. "Solange die Rettung im Mittelmeer mit dem Ticket nach Mitteleuropa verbunden ist, werden sich mehr und mehr Menschen auf Weg machen", warnte der Politiker der konservativen ÖVP. Die Schlepper würden deshalb weiter viel Geld verdienen. Die Zahl der Toten werde nicht sinken.

Der Chefdiplomat kritisiert den Kurs der Bundesregierung seit Monaten. Kurz dankte der CSU für Unterstützung für den von ihm vorgeschlagenen härteren Kurs. Er forderte, dass konservative Parteien in der EU das Migrationsthema nicht rechten und linken Parteien überlassen dürften. In Österreich steht die Regierungspartei ÖVP unter erheblichen Druck der rechtspopulistischen FPÖ, die in der Opposition ist. Nach der zweiten Runde der Präsidentenwahl am 04. Dezember könnte mit Norbert Hofer erstmals ein Vertreter der Rechtspopulisten Staatsoberhaupt werden.

In diesem Jahr werden nach Einschätzung von Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise deutlich weniger als 300.000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Voraussetzung dafür sei, dass das EU-Abkommen mit der Türkei halte und Absprachen mit Griechenland und Italien zuverlässig funktionierten, sagte der Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) dem MDR laut Vorabbericht vom Freitag. "Dann bleiben wir doch ein ganzes Stück unter 300.000 Menschen."

Im vergangenen Jahr waren rund 890.000 Migranten nach Deutschland gekommen. Seit Schließung der sogenannten Balkanroute und dem EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei im Frühjahr 2016 hat der Flüchtlingszustrom nach Deutschland deutlich abgenommen. Bis Ende September kamen 213.000 Flüchtlinge und Migranten nach Deutschland. Haupt-Fluchtroute ist derzeit der Seeweg von Libyen nach Italien.

In der Türkei gestrandete Flüchtlinge kommen aufgrund eines Abkommens kaum noch nach Europa. Allerdings verschlechtern sich derzeit die Beziehungen zwischen der Türkei und EU-Staaten, besonders Deutschland, wegen des türkischen Vorgehens gegen Oppositionelle und Kurden. Türkische Politiker haben mehrfach mit der Aufkündigung des Flüchtlings-Abkommens gedroht.

Im Streit mit der CDU über eine Obergrenze für Zuwanderer bleibt CSU-Chef Horst Seehofer hart. "Ich werde in dieser Frage die Seele der CSU nicht verkaufen. Das wird mit mir nicht infrage kommen", rief Seehofer auf dem CSU-Parteitag am Freitag in München den Delegierten unter starkem Applaus zu. Nur mit einer "ungefähren Größenordnung" von maximal 200.000 Neuankömmlingen im Jahr könne deren Integration und Förderung gewährleistet werden. Zugleich müssten Fluchtursachen bekämpft werden. Dies sei human und christlich. "Ich kann euch zusagen, dass ich hier meine Grundüberzeugung nicht verkaufen werde", sagte der bayerische Ministerpräsident.

Seehofer räumte ein, dass es zwischen CDU und CSU in der Flüchtlingspolitik keine Einigkeit gebe. "Ich kann nicht dafür garantieren, dass wir uns verständigen." Die Gespräche liefen aber "ganz vernünftig".

Wegen des Konflikts habe er sich mit Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel darauf geeinigt, dass beide Vorsitzende nicht wie in der Vergangenheit üblich den Parteitag der jeweiligen Schwesterpartei besuchten. Einerseits habe es keinen Sinn, den Konflikt auf offener Bühne auszutragen. Andererseits sei er "für einen unehrlichen Kompromiss, genauso wie die Kanzlerin, nicht zu haben".

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