Deutschland

Air Berlin startet ohne Finanzpolster in die Wintersaison

Air Berlin gibt nach roten Zahlen im üblicherweise boomenden Sommergeschäft die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Dauerkrise auf.
11.11.2016 13:59
Lesezeit: 1 min

Air Berlin erwartet auch im vierten Quartal operativ noch keine Trendwende, sagte Konzernchef Stefan Pichler. Die Airline stecke mitten in der Neuausrichtung und zudem sei das Marktumfeld in der Branche wegen der Anschläge in der Türkei und anderen Urlaubsländern anspruchsvoll.

Air Berlin flog im dritten Quartal einen Fehlbetrag von 46 Millionen Euro ein nach 56 Millionen Euro Überschuss vor einem Jahr, berichtet Reuters. Die Entwicklung ist überraschend, da Airlines im Sommer, wenn Urlauber massenweise an die Strände des Mittelmeers reisen, ordentlich Geld verdienen. Der große Rivale Lufthansa etwa erhöhte vor kurzem sogar seine Gewinnprognose für dieses Jahr. In der Branche gilt, dass die hohen Erträge aus dem Urlaubsquartal die Verluste im verkehrsarmen Winter ausgleichen müssen. Und hier gibt es bei Air Berlin Experten zufolge viele Fragezeichen, da die Verluste aus den ersten neun Monaten sich auf 317 Millionen Euro summieren. Ein Finanzpolster bietet normalerweise das Eigenkapital, doch auch der Posten ist nach hohen Verlusten in den Vorjahren aufgezehrt - stattdessen stehen hier 987 Millionen Euro Miese. Und die Schulden türmen sich auf 927 Millionen Euro. Bislang ist jedoch die arabische Fluglinie Etihad, die 29 Prozent der Air-Berlin-Aktien hält, stets eingesprungen und hat Geld nachgeschossen.

Die Misere im abgelaufenen Quartal ist aus Sicht von Air Berlin dem harten Wettbewerb auf Strecken nach Spanien und Portugal geschuldet. Denn in die Richtung hätten viele Rivalen massiv Strecken eröffnet und verstärkt, nachdem wegen der Anschläge kaum noch Urlauber in die Türkei, nach Ägypten und Tunesien reisen wollten. Der Umsatz fiel deshalb um fünf Prozent auf 1,23 Milliarden Euro. "Durch den erhöhten Marktdruck, insbesondere in der Touristik erfüllt das dritte Quartal nicht die gesetzten Erwartungen und die Rahmenbedingungen für unsere Branche bleiben weiter herausfordernd", sagte Pichler.

Der seit anderthalb Jahren amtierende Konzernchef versucht es deshalb mit einer Radikalkur, die er Ende September vorstellte: Die Flotte soll halbiert werden und 1200 der 8600 Arbeitsplätze wegfallen. Kernstück ist ein Deal mit der Lufthansa über die Vermietung von 40 Flugzeugen samt Crews. Gleichzeitig soll sich Air Berlin künftig auf Geschäftskunden- und Langstreckenverbindung, etwa nach Nordamerika, konzentrieren. Im Frühjahr etwa kommen drei neue Interkontinental-Jets dazu, wie Pichler sagte. Allerdings droht auch hier schon der erste Rückschlag: American Airlines überprüft nämlich die Codeshare-Zusammenarbeit mit den Berlinern. Die weltgrößte Fluglinie übernimmt bisher die Anschlussflüge von Air-Berlin-Passagieren in Nordamerika.

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