Nach wochenlangem Kandidaten-Poker unterstützt die Union bei der Bundespräsidenten-Wahl den von der SPD präsentierten Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Der Sozialdemokrat kann damit bei der Wahl des Nachfolgers von Bundespräsident Joachim Gauck am 12. Februar in der Bundesversammlung mit einem Erfolg im ersten Wahlgang rechnen - Union und SPD gemeinsam haben dort eine Mehrheit.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat damit seinen wichtigsten Gegner für den Job als SPD-Chef auf eine reputierliche Position weggelobt, auf der Steinmeier allerdings keine realpolitischen Entscheidungen mehr treffen kann. Das ist insofern bedauerlich, als Steinmeier in der aktuellen Unsicherheit in Europa eine wichtige, weil ausgleichende Rolle in Richtung Russland spielen konnte. Wer Steinmeier als Außenminister folgt, ist noch unklar.
Die SPD reagierte mit Genugtuung auf die Entscheidung. Bei den Sozialdemokraten steht damit eine weitere Spitzenpersonalie an: Für das frei werdende Außenministerium gilt der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz als klarer Favorit. Kanzlerin Angela Merkel wollte gegen 11.15 Uhr den CDU-Vorstand in einer Telefon-Schaltkonferenz über die Entscheidung informieren.
Merkel hatte die Personalie nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bereits am Morgen mit der engsten CDU-Spitze besprochen. CSU-Chef Horst Seehofer sagte in München vor einer Sitzung des CSU-Vorstands: «Wir sind uns einig, CDU und CSU. Das ist wichtig.» Konkret wollte er allerdings nicht sagen, dass die CSU Steinmeier unterstützt. Zunächst wolle er den CSU-Vorstand über die Personalie informieren. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hatte Steinmeier zuvor als guten Kandidaten bezeichnet.
Bayerns Vize-Ministerpräsidentin Ilse Aigner (CSU) sagte in München: «Ich halte Steinmeier persönlich für einen guten Kandidaten.» Der Europaabgeordnete Manfred Weber erklärte: «Steinmeier ist ein guter Kandidat. Deutschland braucht eine starke Führung, gerade in der jetzigen Situation.» Steinmeier habe als Außenminister bewiesen, dass er dies könne. Es sei aber nicht optimal für die Union, keinen eigenen Kandidaten zu haben.
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann erklärte in Berlin: «Steinmeier wird ein hervorragender Bundespräsident werden. Er steht für Verantwortung, Verlässlichkeit und Zusammenhalt.» Der Sprecher des konservativen SPD-Flügels, Johannes Kahrs, twitterte: «Der beste Mann wird Bundespräsident. Traumschön. Qualität statt Proporz.» SPD-Vize Ralf Stegner meinte, nun zeige sich, was die SPD seit Monaten erwartet habe: «Merkel meidet das Risiko.»
Gauck war im Februar 2012 zum Staatsoberhaupt gewählt worden. Der 76-Jährige will aus Altersgründen nicht wieder kandidieren.