Der reale Kraftstoffverbrauch neuer Autos liegt einer Untersuchung zufolge deutlich über dem vom Hersteller angegebenen Testverbrauch. Mit 42 Prozent sei die Kluft dabei "so groß wie noch nie", teilte das Forschungsinstitut ICCT mit, das vor einem Jahr den Abgas-Skandal bei Volkswagen mitaufgedeckt hatte. Für Autofahrer seien dadurch Mehrausgaben für Sprit von rund 450 Euro pro Jahr verbunden.
Die Differenz zwischen Herstellerangaben und dem tatsächlich gemessenen Verbrauch vergrößerte sich laut ICCT in den vergangenen Jahren deutlich. Noch vor zehn Jahren seien die realen Werte um 15 Prozent abgewichen. 2013 seien es 25 Prozent gewesen - inzwischen 42 Prozent.
Der International Council on Clean Transportation (ICCT) berief sich dabei auf Ergebnisse einer gemeinsamen Untersuchung mit der Niederländischen Organisation für Angewandte Wissenschaftliche Forschung (TNO), die am Donnerstag in Berlin vorgestellt werden sollte. Für diese wurden den Angaben zufolge Daten für etwa eine Million Fahrzeuge aus sieben europäischen Ländern ausgewertet. Als Quelle dienten Internetseiten, Leasingfirmen, Automagazine und Messdaten verschiedener Einrichtungen.
Drei Viertel der Diskrepanz zwischen Real- und Testverbrauch seien darauf zurückzuführen, dass Hersteller "immer systematischer Schlupflöcher in der bestehenden Regulierung ausnutzen", erklärte der ICCT-Geschäftsführer für Europa, Peter Mock. So könne ein Hersteller beispielsweise die Reifen eines Fahrzeugs speziell für den Test präparieren oder die Batterie des Fahrzeugs vor dem Test voll aufladen.
Diese Maßnahmen seien gesetzlich nicht streng verboten, spiegelten aber nicht das reale Fahrverhalten wider, erklärte das Forschungsinstitut. Der restliche Unterschied ist demnach auf Technologien zurückzuführen, die im Labortest einen größeren Kraftstoff-Einspareffekt zeigen als im normalen Alltagsbetrieb.
Der ICCT hatte den Abgas-Skandal bei Volkswagen ausgelöst, indem er vor mehr als einem Jahr die US-Umweltbehörde EPA informierte. Im September 2015 hatte der Autobauer dann zugeben müssen, dass weltweit bei rund elf Millionen Dieselfahrzeugen mehrerer Marken eine Manipulations-Software eingesetzt wurde, die den Stickoxid-Ausstoß im Testbetrieb zu niedrig auswies.
ut/bk