Die Deutsche Bank will, dass Paul Achleitner auch in Zukunft den Aufsichtsrat des Geldinstituts führt, berichtet die dpa. Das Kontrollgremium nominierte den 60-Jährigen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur für eine zweite Amtszeit als Chef des Gremiums. Bereits auf einer Sitzung Ende Oktober hätten sich die Mitglieder einstimmig für Achleitner entschieden, erfuhr die dpa am Sonntag aus Aufsichtsratskreisen.
Zuvor hatte eine interne Untersuchung keine Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung ihres Aufsichtsratschefs ergeben. Dabei ging es um den Umgang mit der sogenannten Libor-Strafe und die Frage, ob Achleitner mitverantwortlich dafür war, dass die Bank rund 100 Millionen britische Pfund mehr an die britische Finanzaufsicht zahlen musste als ursprünglich angedacht. Grund für die höhere Strafe war, dass die größte deutsche Bank bei der Aufklärung der Zinsmanipulation nicht gut kooperiert hatte.
Der Nominierung sei eine Bewertung der Arbeit des gesamten Kontrollgremiums vorangegangen, hieß es nun. Diese Evaluierung sei mithilfe einer externen Unternehmensberatung erfolgt. Außerdem sei die Entscheidung mit den größten Investoren der Bank abgesprochen worden, so dass einer Wiederwahl Achleitners auf der Hauptversammlung im Mai 2017 nichts mehr im Wege stehen dürfte. Bereits am Freitag hatte das Manager Magazin berichtet, dass keiner der Großaktionäre des Konzerns aktiv nach einem Nachfolger für den Österreicher suchen werde.
Achleitner war 2012 parallel zur Doppelspitze Anshu Jain und Jürgen Fitschen oberster Kontrolleur der Deutschen Bank geworden. Zuletzt wurde auch er zunehmend für die Talfahrt des Instituts verantwortlich gemacht. Dem Chefkontrolleur wird eine Mitschuld an der lange schleppenden Aufarbeitung der Altlasten gegeben. Zudem habe er zu lange am Investmentbanker Jain als Co-Chef festgehalten. Mitte 2015 zog er die Notbremse und ersetzte Jain durch den Briten John Cryan, der die Bank nun sanieren soll.
„Wir würden aus heutiger Sicht eine Kontinuität an der Spitze des Aufsichtsrats begrüßen“, sagte Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment. Die Fondsgesellschaft zählt zu den 20 größten Investoren der Bank. Zum einen seien die von Achleitner eingeleiteten Veränderungen im Aufsichtsrat positiv zu bewerten. Zum anderen befinde sich die Bank gerade in einem riesigen Umbau, unabhängig von den Rechtsstreitigkeiten in den USA. Dort verhandelt der deutsche Branchenprimus derzeit mit den Behörden über die Strafen wegen krummer Hypothekengeschäfte aus Zeiten vor der Finanzkrise. Die US-Justiz hatte Mitte September die entscheidenden Vergleichsverhandlungen mit einer Strafforderung von 14 Milliarden Dollar eröffnet und damit den Aktienkurs der Bank einbrechen lassen.
„Ein Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrats ist daher aus unserer Sicht zur Zeit nicht sinnvoll und würde unnötige Unruhe bringen“, sagte Speich. „Dann wäre die Bank wieder ein Jahr lang mit sich selbst beschäftigt.“ Vielmehr gehe es nun darum, ein tragfähiges Geschäftsmodell für die Zukunft zu entwickeln und umzusetzen. „Das sehen wir bislang aber noch nicht. Hier muss die Bank noch liefern“, sagte Speich weiter.
Die Aktionärsschützer von der DSW äußerten sich zurückhaltend. „Wenn Achleitner in der zweiten Amtszeit stärker auf die Tube drückt als in der ersten, soll uns das recht sein.“ Der Aufsichtsratschef habe sich unter anderem „nicht mit Ruhm bekleckert“, als es um den vom damaligen Co-Chef Jain eingeleiteten Kulturwandel ging. „Da hätte er früher eingreifen müssen“, sagte DSW-Vizepräsident Klaus Nieding. Zugleich fügte er auch mit Blick auf die internen Prüfungen an: „Achleitner ist mittlerweile unbelastet. Deshalb würden wir ihm - Stand jetzt - eine verhaltene Zustimmung erteilen, wenn morgen Hauptversammlung wäre.“
Lob und Kritik hatte der Anlegerschützer für Vorstandschef Cryan parat. „Ihm nimmt man ab, dass er saniert, dass er restrukturiert“, sagte Nieding. „Aber er ist kein Visionär, der zeigt, wo die Reise hingeht. Wir wissen nicht, wo die Bank in fünf Jahren wieder an der Spitze stehen wird, wie sie Geld verdient. Vom Kostensenken allein kommt man nicht zurück in die Erfolgsspur“, sagte Nieding.