Politik

Erdogan droht der EU mit Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge

Die Türkei droht der EU mit der Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge. Die Türkei könnte Migranten, die nicht für den türkischen Arbeitsmarkt geeignet sind, nah Europa weiterschicken.
25.11.2016 11:02
Lesezeit: 2 min

Nach dem Votum des EU-Parlaments für ein Einfrieren der Beitrittsgespräche mit der Türkei hat Präsident Recep Tayyip Erdogan mit der Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge Richtung Europa gedroht. "Hören Sie mir zu. Wenn Sie noch weiter gehen, werden die Grenzen geöffnet, merken Sie sich das", sagte Erdogan am Freitag in einer Rede in Istanbul an die Adresse der EU laut der Nachrichtenagentur AFP.

Tatsächlich hat die Türkei kein gesteigertes Interesse, insbesondere die Flüchtlinge aus Syrien in die EU weiterzuschicken: Die Regierung will die Leute im Land halten, um sie dem Arbeitsmarkt zuzuführen. Die Anwesenheit von vielen Flüchtlingen gibt vielen Unternehmen die Möglichkeit, Arbeiter zu billigen Löhnen anzustellen.

Schon heute werden viele Arbeiten für türkische Unternehmen in Billiglohn-Ländern ausgeführt. Vor allem die Textilbranche lässt in Äthiopien und Eritrea fertigen.

Diese Strategie schließt nicht aus, dass die Türkei Migranten, die nicht für den Arbeitsmarkt qualifiziert sind, nach Europa weiterschicken könnte. Hier würde im übrigen schon eine geringe Zahl reichen, um die Regierungen in der EU in Angst und Schrecken zu versetzen - weil es in der EU bis zum heutigen Nacht nicht den Ansatz eines gemeinsamen Einwanderungs- und Asylprogramms gibt.

Bundeskanzlerin Merkel hat den Türkei-Deal auf Anraten einer Organisation von George Soros - der "European Stability Initiative" - geschlossen. Der Deal ist alternativlos, weil Merkel der Auffassung ist, dass die Grenzen in der EU offen bleiben müssen. Zuvor hatte Merkel erklärt, dass das Dublin-Abkommen obsolet sei. Dieser Vereinbarung entsprechend müssten sich Asylbewerber in jenem Land registrieren, in dem sie in die EU einreisen. Tausende Migranten und Flüchtlinge haben das in der Krise nicht getan, weil sie ausdrücklich nach Deutschland, Schweden und Österreich einreisen wollten. Österreich und Schweden haben ihre Grenzen mittlerweile geschlossen.

Die Fluchtbewegung ist deutlich angewachsen, seit die US-Regierung beschlossen hat, die Präsidenten von Libyen und Syrien zu stürzen. In Zusammenarbeit mit der EU ist dieses Vorhaben in Libyen gelungen. Seither herrscht in dem Land Chaos, der IS breitet sich aus. In Syrien hat Russland vorerst verhindert, dass das Land ins Chaos versinkt. Die Russen fürchten, dass eine völlige Destabilisierung Syriens den Boden für islamistische und international Söldner bereiten könnte.

Am Donnerstag hatte das EU-Parlament ein "vorläufiges Einfrieren" der Beitrittsgespräche mit der Türkei gefordert. Die Kommission und die EU-Staaten müssten eine entsprechende Initiative ergreifen, verlangte das Parlament in einer Entschließung. Es begründete diesen Schritt mit den "unverhältnismäßigen Repressionen", die seit dem gescheiterten Militärputsch Mitte Juli in der Türkei gegen Regierungsgegner ergriffen worden seien.

Der türkische Präsident Yildirim hat die EU-Resolution als unerheblich bezeichnet - was sie in der politischen Realität auch ist. Allerdings ist sie geeignet, das Klima zwischen der EU und der Türkei weiter schwer zu beeinträchtigen.

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