Politik

US-Kongress beschließt Raketenlieferung an Söldner in Syrien

Das US-Repräsentantenhaus hat beschlossen, die Söldner in Syrien mit Flugabwehrraketen beliefern zu lassen. Die Waffen könnten gegen russische und syrische Flugzeuge eingesetzt werden.
09.12.2016 18:40
Lesezeit: 3 min

Das US-Repräsentantenhaus hat in der vergangenen Woche ein Gesetz abgeändert, das der kommenden Trump-Regierung die Befugnis erteilt, Flugabwehr-Waffen (MANPADS) an syrische Söldnergruppen zu senden. 375 Abgeordnete stimmten für die Abänderung und 34 dagegen, berichtet die Washington Post.

Das Gesetz „National Defense Authorization Act for Fiscal Year 2017 (S. 2943)“ beinhaltet eine besondere Regelung (sec. 1229). Dieser Regelung zufolge kann das US-Verteidigungsministerium die Gelder in Höhe von 619 Milliarden Dollar, die ihm für die Verteidigung zur Verfügung gestellt werden, dazu nutzen, um MANPADS an „irgendeine Einheit in Syrien“ zu liefern. Der „National Defense Authorization Act“ wurde erstmals im Jahr 2012 verabschiedet und kann jedes Jahr modifiziert werden.

Die direkte raketenbezogene Sprache des aktuellen Gesetzes, über die zuerst Al-Monitor berichtet hatte, widerspricht internationalen legislativen Richtlinien, für die sich die USA international einsetzen. Diese Richtlinien unterstreichen ein De-facto-Verbot von MANPADS-Lieferungen an nicht-staatliche Akteure. Eine langjährige Sorge ist, dass die MANPADS, die in Konfliktzonen geliefert werden, leicht in den Besitz von Menschen und Gruppen gelangen können, die nicht von der US-Regierung unterstützt werden. Da die Lieferung der MANPADS einer nahezu einstimmigen Unterstützung der US-Militärs und US-Geheimdienst Bedarf, könnte die besondere neue Regelung des „National Defense Authorization Act for Fiscal Year 2017 (S. 2943)“ weitgehend symbolisch bleiben. In den Jahren zuvor wurde die Lieferung von MANPADS im Rahmen desselbigen nicht abgeänderten Gesetzes ausdrücklich verboten.

Trotz der Verabschiedung des Gesetzes glauben viele im US-Senat und im US-Repräsentantenhaus, dass die Lieferung von MANPADS nach Syrien ein „zutiefst riskantes Vorhaben ist“, zitiert das Blatt einen anonymen Sprecher des Komitees der Streitkräfte des US-Repräsentantenhauses. Es ist weiterhin unklar, wer im Repräsentantenhaus oder im Senat die Abgeordneten davon überzeugt hat, die Einfügung der besonderen Regelung in den National Defense Authorization Act for Fiscal Year 2017 (S. 2943)“ durchzuführen.

US-Senator John McCain fordert schon seit einer längeren Zeit MANPADS für die Söldner in Syrien, damit diese imstande sind, russische und syrische Kampfjets abzuschießen. John Conyers, der gegen den Gesetzesentwurf gestimmt hatte, sagte in einer Email-Erklärung, er sei „enttäuscht, dass das ausdrückliche Verbot des Repräsentantenhauses, gefährliche Waffen nach Syrien zu transferieren, hinter verschlossenen Türen durch den Konferenzausschuss rückgängig gemacht wurde (…) Die Obama-Regierung und die meisten Beobachter waren eine lange Zeit lang gegen die Lieferungen nach Syrien wegen der immensen Gefahr der Verbreitung und des Missbrauchs durch Extremisten“, so Conyers.

Doch die Syrien-Politik von US-Präsident Donald Trump ist noch nicht klar. Er hat sich noch nicht dazu geäußert, ob er die derzeitigen Pentagon- und CIA-Programme zur Unterstützung der sogenannten Vetted Syrian Opposition“ ausbauen oder reduzieren wird. Aufgrund der Verluste der Söldner im syrischen Aleppo und der kurzlebigen Erfolge der kurdischen und arabischen Milizen gegen die Terror-Miliz ISIS wird die Trump-Regierung entscheiden müssen, ob die Bereitstellung von MANPADS eine positive Wirkung haben wird. „Diese Bestimmung könnte der erste Schritt zu einer tiefgreifenden Veränderung der US-Politik nach sich ziehen (…) Es könnte von der Trump-Regierung als faktisches grünes Licht interpretiert werden, um MANPADS an die Rebellen zu liefern“, sagt Matt Schroeder von der Small Arms Survey in Genf.

Das Gesetz, wonach die syrischen Söldner MANPADS von den USA erhalten sollen, steht im Widerspruch zu den Richtlinien, denen US-Präsident George W. Bush auf dem Asien-Pazifik-Wirtschaftskooperationsgipfel in Chile zugestimmt hatte.

Den Leitlinien der 21-köpfigen Organisation zufolge dürfen MANPADS nur an „ausländische Volkswirtschaften oder an bevollmächtigte Vertreter, die im Namen einer Volkswirtschaft handeln dürfen“, geliefert werden dürfen.

Obwohl MANPADS etwas sperrig sind, haben ihre Portabilität und Genauigkeit zunehmende Besorgnis bezüglich ihrer Verwendung bei möglichen Terroranschlägen verursacht. Im Jahr 2002 feuerte al-Qaida zwei Strela-2-Raketen ab, die ein israelisches Charter-Flugzeug verpassten, die von einem Flughafen in Mombasa, Kenia, abgeholt wurde. Seit dem Mombasa-Angriff haben sich die Waffen in Konfliktgebieten vermehrt, und zwar in Syrien und Libyen, da die Waffenlager der jeweiligen Regierungen in die Hände von Söldnern fielen.

Seit Beginn des Syrien-Konflikts im Jahr 2011 wurde nur eine geringe Anzahl an MANPADS im Besitz der Söldner in Syrien beobachtet. Dem „National Defense Authorization Act for Fiscal Year 2017 (S. 2943)“ zufolge müssen die Söldnertruppen in Syrien, die die MANPADS erhalten sollen, sich zuvor einer geheimdienstlichen Untersuchung durch das Pentagon und das US-Außenministerium unterwerfen. Zudem muss der Zeitraum der Nutzung der MANPADS durch die Söldner bestimmt werden. Die Zustimmung des US-Kongresses für die jeweilige Lieferung ist nicht erforderlich. Das Pentagon und das US-Außenministerium müssen vor der Lieferung dem US-Kongress lediglich einen Bericht vorlegen und 30 Tage abwarten. Anschließend dürfen sie die MANPADS an die Söldner in Syrien liefern.

Schroeder sagt, dass das Gesetz keinerlei Details über die ordnungsgemäße Sicherung der MANPADS, oder ihre Überwachung per GPS-Technologie vorsieht. „Selbst Befürworter der Lieferungen haben nun erkannt, dass zumindest minimale technische Kontrollen installiert werden müssen, um sicherzustellen, dass sie nicht missbraucht werden. Eine derartige Bestimmung wurde bisher völlig ignoriert“, so Conyers.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
11.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...