Politik

Siemens: Aufbruchstimmung zum 200. Geburtstag des Firmengründers

In der Gründerszene von heute wäre Werner von Siemens vermutlich ein Star: Mit Tatendrang, Zielstrebigkeit und Risikobereitschaft setzte er seine Ideen um und prägte einen Weltkonzern. Siemens feiert dieser Tage seinen 200. Geburtstag.
13.12.2016 10:24
Lesezeit: 2 min

Den Vergleich mit erfolgreichen Start-ups aus dem Silicon Valley braucht Siemens aus Sicht von Konzernchef Joe Kaeser nicht zu scheuen, so die dpa. Auch der Elektrokonzern fußt auf Pioniergeist und Erfindungsreichtum - und recht bescheidenen Anfängen in einer Berliner Hinterhofwerkstatt. Dort legte Werner von Siemens zusammen mit einem Kompagnon einst den Grundstein für den Konzern mit heute weltweit 348 000 Beschäftigten.

Wie alle großen Persönlichkeiten muss Werner von Siemens vor dem Hintergrund seiner Epoche gesehen werden. Am 13. Dezember 1816 wurde er als Ernst Werner Siemens - der Adelstitel wurde ihm erst in den letzten Lebensjahren verliehen - in eine Zeit des Aufbruchs und des Wandels hineingeboren. Die Industrialisierung kam im deutschen Staatenbund gerade erst in Gang, das eröffnete dem vielseitig begabten Gutspächter-Sohn zahlreiche Chancen, die er geschickt zu nutzen verstand.

Dabei waren seine Startbedingungen nicht die einfachsten, wie der Unternehmenshistoriker Johannes Bähr in seiner zum 200. Geburtstag vorgelegten Biografie «Werner von Siemens 1816 - 1892» beschreibt. Wegen des wirtschaftlichen Misserfolgs des Vaters blieb ihm ein Studium versagt. Doch mit dem Eintritt in die preußische Armee verschaffte sich der zielstrebige junge Mann Zugang zu einer naturwissenschaftlich-technischen Ausbildung, die die Basis für seine Arbeiten in der damals noch jungen Elektrotechnik bildete.

Schon früh verstand es Werner von Siemens, naturwissenschaftliche Begabung und unternehmerischen Spürsinn miteinander zu verbinden. «Er war sehr praxisnah und marktorientiert», sagt Bähr. Weil das Militär damals an einer schnellen und sicheren Nachrichtenübertragung interessiert war, konstruierte er 1846/47 einen Zeigertelegrafen und gründete noch im gleichen Jahr die «Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske» zusammen mit dem Mechaniker Johann Georg Halske. Schon rasch expandierte die junge Firma ins Ausland. Es folgten weitere wegweisende Erfindungen und Entwicklungen mit Schwerpunkt auf Elektrizität und Energietechnik.

Die Elektrifizierung gehört - anders als die Telekommunikation - auch heute noch zum Kerngeschäft des Konzerns. Doch ähnlich wie der Firmengründer in seiner Zeit stehen das Unternehmen und die Weltwirtschaft vor der nächsten industriellen Revolution - die allgegenwärtige Digitalisierung und Automatisierung, die Vorstandschef Kaeser zu weiteren Zukunftsfeldern für Siemens ausgerufen hat.

Nach einem radikalen Konzernumbau treibt Kaeser derzeit die Neuausrichtung von Siemens voran - mit der weiteren Verselbstständigung der Medizintechnik, die er an die Börse bringen will, und milliardenschweren Zukäufen wie die erst Mitte November angekündigte Übernahme des Industriesoftware-Spezialisten Mentor Graphics aus den USA. Insgesamt sollen die Umsätze des Konzerns mit digitalen Geschäften - darunter Software, digitale Dienste und Cloud-Plattformen - bis 2020 jährlich prozentual zweistellig zulegen. Zuletzt beliefen sie sich auf rund 4,3 Milliarden Euro.

Ganz im Sinne seines Gründers soll das Unternehmen dabei mit eigenen Innovationen in die Zukunft gehen. Kaeser hat dafür die Start-up-Einheit Next47 auf den Weg gebracht. Siemens lässt sich diese «Innovations-Plattform für die übernächste Generation» in den kommenden fünf Jahren eine Milliarde Euro kosten und will damit kreative Ideen abseits ausgetretener Pfade fördern. Vorgestellt wurde die Einheit vor einigen Monaten symbolträchtig in einer kleinen Ausstellung in der neuen Konzernzentrale in München, in der Original-Gegenstände aus der Werkstatt von Siemens & Halske zu sehen sind.

Wie für den Firmengründer soll auch für Next47 Risikobereitschaft und die Fähigkeit, auch mal einen Rückschlag einzustecken, zum Programm gehören. Das erste Projekt der Start-up-Einheit ist ein hybrid-elektrischer Antrieb für Flugzeuge, dessen Machbarkeit Siemens zusammen mit Airbus bis 2020 nachweisen will. So weit wie Werner von Siemens muss derweil heute niemand mehr gehen, um Innovationen voranzubringen: Der sei für die Erschließung neuer Märkte - wie etwa bei der Verlegung von Telegrafen-Kabeln auf hoher See - sogar bereit gewesen, sein Leben zu riskieren, sagt Bähr.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Friedensoffensive: Selenskyj lädt Putin zu persönlichem Treffen in die Türkei ein
12.05.2025

Selenskyjs persönliches Gesprächsangebot an Putin in der Türkei und sein Drängen auf eine sofortige, 30-tägige Feuerpause setzen ein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Entspannung im Handelskrieg? China und USA nach Genf optimistisch
12.05.2025

Bei ihren Zollgesprächen haben China und die USA nach Angaben der chinesischen Delegation eine „Reihe wichtiger Übereinstimmungen“...

DWN
Technologie
Technologie Das Ende von Google? Warum SEO dennoch überleben wird
12.05.2025

Künstliche Intelligenz verändert die Online-Suche radikal – doch wer jetzt SEO aufgibt, riskiert digitalen Selbstmord.

DWN
Politik
Politik Großbritanniens leiser EU-Kurs: Rückkehr durch die Hintertür?
12.05.2025

Offiziell betont die britische Regierung unter Premierminister Keir Starmer weiterhin die Eigenständigkeit Großbritanniens nach dem...

DWN
Politik
Politik Frühere AfD-Chefin: Frauke Petry kündigt Gründung neuer Partei an - Alternative für die FDP?
11.05.2025

Die frühere Vorsitzende der AfD will vom kommenden Jahr an mit einer neuen Partei bei Wahlen antreten. Ziel der Partei soll sein, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands Zukunft? Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung
11.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...