Finanzen

USA: Renten-Krise könnte zu schweren sozialen Unruhen führen

Eine ehemalige Beraterin der Zentralbank Federal Reserve warnt vor dem Kollaps des staatlichen Rentensystems in den USA. Es drohen schwere Verwerfungen und Massenarmut.
19.12.2016 01:13
Lesezeit: 2 min

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Die frühere Beraterin der amerikanischen Zentralbank Federal Reserve, Danielle DiMartino Booth, warnt vor einem totalen Kollaps des staatlichen Rentensystems in den USA. In den Rentenfonds des Bundesstaates und der Kommunen klaffe mittlerweile eine Finanzierungslücke von etwa 1,3 Billionen Dollar. Diese Lücke wirke wie eine „tickende Zeitbombe für die amerikanische Wirtschaft und wird zu tiefgreifenden Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst und eventuell zu schweren Unruhen führen“, sagt DiMartino Booth in einem Interview mit Real Vision. Erst kürzlich hatte die US-Großbank Citigroup in einer Analyse vor dem Zusammenbruch des Rentensystems gewarnt.

DiMartino Booth rechnet damit, dass die Regierung in Washington früher oder später mit massiven Kapitalhilfen intervenieren müsse. Dies würde die ohnehin enorme Staatsverschuldung der USA noch weiter aufblähen. Die Rentenfonds seien nicht mehr finanzierbar, zudem hätten zu wenige Bürger von der schwachen Erholung der Wirtschaft seit der Finanzkrise von 2008 profitiert. Hinzu komme die demografische Entwicklung: „Die Baby Boomers existieren nicht länger nur in der Theorie. Sie sind eine Realität. Die Schecks aus Washington werden geschrieben.“

In den vergangenen Monaten hatte die instabile Lage bei zahlreichen Pensionsfonds in den USA für Schlagzeilen gesorgt. Dazu gehört der Rentenfonds der Polizei und Feuerwehr im texanischen Dallas, dem 2,27 Milliarden Dollar zur Erfüllung der Rentenansprüche fehlen. Diese wurden durch riskante Immobilien-Spekulationen im Laufe der vergangenen zehn Jahre verloren. Mittlerweile versuchen viele Bürger aus Dallas, sich ihre Ansprüche aus dem Fonds ausbezahlen zu lassen. Auch der Pensionsfonds der amerikanischen Lastwagenfahrer ist mittlerweile in Schieflage geraten.

„Wir sehen eine steigende Anzahl von Menschen, die früh in Rente gehen und sich ihre Ansprüche ganz ausbezahlen lassen wollen. Sie erkennen nämlich, dass davon später nichts mehr übrig sein wird. Wenn sich diese Dynamik noch verstärkt, können wir alle anderen Probleme getrost vergessen“, wird DiMartino Booth zitiert.

Es werde zu massiven Einsparungen von Seiten des Staates und zu Kürzungen im Sozialsystem kommen: „Woher soll das benötigte Geld kommen? Und die Antwort darauf ist für erste, dass die Dienstleistungen massiv gekürzt werden. Ich habe gerade über den ‚Winter der Unzufriedenheit‘ und die Berge an Müll in den Straßen Londons im Jahr 1979 geschrieben. Ich mache mir Sorgen, dass die Krankenwagen auch bei uns bald nicht mehr durchkommen. Ich mache mir um frühere Polizisten und Feuerwehrleute Sorgen, denen nichts mehr bleibt.“

Die Prognosen von DiMartino über Kürzungen in den Sozialsystemen dürfte auch die jüngste Personalie von Donald Trump bestätigen, der mit Mick Mulvaney einen für seine Sparsamkeit bekannten Mann zum nächsten Haushaltsdirektor ernannt hat. Mulvaney hatte in der Vergangenheit nicht nur die hohen Rüstungsausgaben unter Präsident Obama kritisiert, sondern sich auch für massive Steuererhöhungen ausgesprochen, um die Schuldenstände zu stabilisieren. Interessant wird deshalb zu beobachten sein, welche Rolle Mulvaney mit Blick auf die von Trump angekündigten breiten Steuersenkungen spielen wird.

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