Finanzen

Investoren aus Deutschland und China wollen in Tschernobyl Solaranlage bauen

Lesezeit: 2 min
14.01.2017 01:41
Investoren aus Deutschland und China wollen in Tschernobyl Solaranlagen bauen. Die Regierung in Kiew sucht händeringend nach Firmen, die in das kontaminierte Gebiet investieren wollen.
Investoren aus Deutschland und China wollen in Tschernobyl Solaranlage bauen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Chinesen und Deutsche gehören zu den Dutzenden von Investoren, die ein Interesse daran haben, den durch das Atom-Unglück von Tschernobyl ukrainischen Boden in einen großen Solarpark zu verwandeln.

Dreizehn internationale Investoren gehören zu den 39 Gruppen, die die Ukraine um Erlaubnis bitten, etwa zwei Gigawatt an Solarpaneelen in der radioaktiven Ausgrenzungszone um das abgebaute Kernkraftwerk Tschernobyl zu installieren, zitiert Bloomberg den ukrainischen Ökologieminister Ostap Semerak. Zwei Gigawatt sind fast so viel wie die Kapazität von zwei modernen Kernreaktoren. „Wir haben Anfragen von Unternehmen erhalten, die an der Vermietung von Grundstücken für den Bau von Solarkraftwerken interessiert sind. Wir wollen nicht von der Landnutzung profitieren, wir wollen von Investitionen profitieren“, so Semerak. Drei Jahrzehnte nach der Tschernobyl-Katastrophe bemühen sich die ukrainischen Behörden immer noch darum, herauszufinden, was sie mit dem kontaminierten Land, das zwei Mal so groß ist wie Los Angeles, machen sollen. Das Gebiet wird über Jahrhunderte hinweg nicht mehr für die Land- und Forstwirtschaft nutzbar sein.

Im Juli erfolgte eine solare Erschließung der bestehenden Netzinfrastruktur von Tschernobyl. Die chinesischen Unternehmen GCL System Integration Technology Co Ltd und China National Complete Engineering Corp meldeten im November, dass sie planen, ein Ein-Gigawatt-Solar-Projekt auf dem Gelände in mehreren Phasen zu bauen. Ein deutscher Hersteller von erneuerbaren Energien hat sich für die Installation von 500 Megawatt beworben, teilte Semerak mit. Die verbleibenden Projektvorschläge gelten für Anlagen, die etwa 20 Megawatt groß sind. Die Unternehmen sollen „zwischen 20 Hektar und 1.000 Hektar für Projekte angefordert haben“, sagte Semerak. Um Investoren anzuziehen hat die Ukraine den Mietpreis für Staatseigentum um 85 Prozent gesenkt. Für die Ukraine, eines der ärmsten Länder Europas, geht es in diesem Projekt nicht nur darum, Land zurückzugewinnen.

Geplagt von Korruption und einem schwelenden Konflikt mit Rebellen im Osten will die Regierung die Wirtschaft mit neuen Investitionen stärken und die Energieunabhängigkeit außerhalb des russischen Einflussraums etablieren. Das Land hat bis 2030 ein Einspeisetarifsystem eingerichtet, das einen jährlich reduzierten Festpreis bietet.

Die ursprünglich von der Vier-Gigawatt-Tschernobyl-Kernenergieanlage zur Stromübertragung gelegten Übertragungsleitungen werden für Sonnenenergie erneuert. Die Regierung prüft derzeit, wie das bestehende Netz die Herausforderungen der erneuerbaren Energien bewältigen kann. Das Ökologieministerium sucht auch ein Gleichgewicht zwischen seinen sauberen Energiebedürfnissen und den Auswirkungen auf Verbraucherrechnungen, so Semerak.

Die anhaltende Strahlung in Tschernobyl bereitet der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) Sorgen. Die Bank hat sich nämlich noch nicht entscheiden, ob sie das Solarprojekt finanzieren möchte, oder nicht. Die Gewährung von Darlehen werden abhängig sein von Umwelt-Due Diligence-Prüfungen, sagt EBWE-Sprecher Anton Usov. Die Projekte müssten sicher installiert und betrieben werden und auch wirtschaftlich lebensfähig sein. „Für jedes Projekt, das über zehn Megawatt groß ist, braucht man jemanden vor Ort  - und zwar fast jeden Tag. Je größer das Projekt, desto mehr tägliche kleine Probleme kommen, die behandelt werden müssen“, sagt Pietro Radoia, Solar-Analyst bei Bloomberg New Energy Finance.

Die Unternehmen, die sich für die Installation von Solarenergie in der Tschernobyl-Ausschlusszone beworben haben, kommen aus China, Deutschland, Irland, Dänemark, Österreich, Bulgarien, Weißrussland und aus der Ukraine.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Reform des EU-Asylsystems verabschiedet: Einwanderungsregeln werden verschärft
14.05.2024

Die EU-Mitgliedstaaten haben die Reform des EU-Asylsystems endgültig abgesegnet. Nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt wird sie in...

DWN
Politik
Politik Bauplanung für Besucherzentrum am Deutschen Bundestag fertig
14.05.2024

Der Berliner Senat hat über den Bebauungsplan für das Besucherzentrum am Bundestag entschieden. Künftig sollen Besucher unterirdisch in...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Pharmaindustrie: Der Milliardenmarkt der Medikamente
14.05.2024

Die Pharmaindustrie ist ein Schlüsselsektor der Wirtschaft. Jedes Jahr werden hunderte Milliarden Euro mit Medikamenten umgesetzt. Ein...

DWN
Politik
Politik Fachkräftezuwanderung: Expertenrat kritisiert das deutsche Erwerbsmigrationsrecht
14.05.2024

Gutachten bestätigt: Kompliziertes Migrationsrecht bremst in Deutschland die Fachkräftezuwanderung aus. Ausländischen Arbeitnehmern wird...

DWN
Finanzen
Finanzen „600 Milliarden Euro Mehrbedarf“: Infrastrukturen brauchen massive Investitionen
14.05.2024

Laut einer neuen Studie bedarf Deutschland zusätzliche Investitionen in Höhe von 600 Milliarden Euro, um Infrastruktur und Klimaschutz...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kabel-Anschluss: Vodafone bekommt Ende des Nebenkostenprivilegs zu spüren
14.05.2024

Einnahmen für TV-Anschlüsse waren für Vodafone jahrzehntelang eine sichere Bank. Das ändert sich Mitte des Jahres, wenn eine...

DWN
Politik
Politik Bafin-Präsident Mark Branson fordert Finanzregulierung zu entschlacken
14.05.2024

Die Banken in Deutschland ächzen unter einem Wust an Regeln und Vorschriften. Auch Deutschlands oberster Finanzaufseher ist für...

DWN
Technologie
Technologie Studie: E-Autos drücken auf die Gewinne der Autohersteller
14.05.2024

Die globale Autoindustrie kämpft weiterhin mit der Umstellung auf den Elektro-Antrieb. Am besten kommen noch zwei deutsche Hersteller mit...