Finanzen

Chaos in Indien: Auch der Staat kann ohne Bargeld nicht überleben

Die indische Regierung sieht sich mit einer unerwarteten Folge der Bargeld-Rationierung konfrontiert: Auch der Staat kann ohne Bargeld kaum überleben.
28.01.2017 02:45
Lesezeit: 1 min

Indien steuert seit der überraschenden Bargeld-Reform vom November auf eine Wirtschaftskrise zu. Damals hatte die Regierung unter Premierminister Narendra Modi und unter Mitwirkung der amerikanischen Organisation USAid den Bürgern vollkommen überraschend mitgeteilt, dass die beiden höchsten Geldnoten des Landes – der 500-Rupien-Schein sowie der 1000-Rupien-Schein – zum Ende des Jahres ihre Gültigkeit verlieren werden.

Nun wird offenbar, dass der Wirtschaft des Landes buchstäblich das Geld auszugehen droht, berichtet Bloomberg. Die Handlungsspielräume der Regierung in Neu Delhi, die durch die Bargeld-Abschaffung gebeutelte Wirtschaft zu stimulieren, werden immer enger. Das Problem besteht darin, dass auf neuen Schulden basierende Konjunkturprogramme zu einer Abwertung der Bonität Indiens in den Ramschbereich führen dürfte.

„Während Ökonomen im Vorfeld der Veröffentlichung des Staatsbudgets am 1. Februar Investitionen in den Bau von Straßen, Häfen und Eisenbahnlinien und sogar direkte Kapitalspritzen an die Bürger fordern, beinhaltet dies das Risiko einer Bonitätsherabstufung. Indien wird von S&P, Moody’s und Fitch nur eine Stufe über Ramsch bewertet, welche das größte Haushaltsdefizit Asiens für die schlechte Bewertung verantwortlich machen“, schreibt Bloomberg.

Eine negative Beurteilung der Rating-Agenturen würde die ohnehin geschwächte Finanzlage des Staates und der indischen Märkte weiter verschlimmern. Der Aktien-Leitindex BSE Sensex hatte nach der Reform im November deutlich an Wert verloren und die Kurse von Staatsanleihen gaben deutlich nach. Zudem zogen ausländische Investoren verstärkt Gelder ab, was den Kurs der indischen Rupie unter Druck brachte.

Die Handlungsspielräume schwinden. „Der Regierung bleiben nur noch begrenzte Kanäle, um die Wirtschaft anzuschieben“, wird ein Analyst der Schweizer Großbank Credit Suisse in Mumbai zitiert. Der Finanzminister könnte umgerechnet höchstens 37 Milliarden Dollar „zusammenkratzen“ – ein „unzureichender Betrag für die 2-Billionen-Wirtschaft, von deren umlaufender Währung 86 Prozent im November für ungültig erklärt wurden und welche wahrscheinlich noch bis Mai unter einer Bargeldknappheit leiden wird“, schreibt Bloomberg.

Von Bloomberg befragte Ökonomen gehen von einem Rückgang des Wachstums der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) von 7,6 Prozent im letzten Jahr auf etwa 6,8 Prozent im laufenden Jahr aus. Die Weltbank rechnet in ihrem Ausblick auf das Jahr mit einer Abkühlung von 7,6 auf 7 Prozent. Die Abschaffung der beiden größten Noten in der traditionell auf Bargeld basierenden Volkswirtschaft hat bereits zur Entlassung zehntausender Arbeiter und Angestellter geführt.

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