Politik

USA und Großbritannien starten Gespräche zu Freihandel

Lesezeit: 2 min
30.01.2017 23:14
Die USA und Großbritannien haben mit Gesprächen über den Freihandel begonnen. Die EU – eigentlich zuständig für das Thema – muss ohnmächtig zusehen.
USA und Großbritannien starten Gespräche zu Freihandel

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die USA und Großbritannien haben mit Gesprächen hochrangiger Diplomaten zur Zukunft der Wirtschaftsbeziehungen beider Länder begonnen, berichtet das Wall Street Journal. Das Büro der britischen Premierministerin Theresa May habe mitgeteilt, dass beide Seiten gerade herausfinden, was „getan werden kann, bis Großbritannien die EU offiziell verlässt.“ Großbritannien wolle seine Rolle in der Welt definieren und dabei mit „neuen und alten Verbündeten“ Gespräche führen.

Die Gespräche sind ein Zeichen dafür, dass die Regierung in London bereit ist, die Grenzen des EU-Rechts auszutesten, welchem sie derzeit in Fragen von Handelsabkommen noch untersteht und welchem sie schnellstmöglich entkommen will. Denn solange Großbritannien noch Mitglied der EU ist, darf das Land keine eigenständigen Handels-Verträge schließen. Doch derzeit werden mit mehr als einem Dutzend Staaten Verhandlungen geführt, was die Bereitschaft Großbritanniens unterstreicht, nationale Interessen fortan auch gegen die EU zu verteidigen.

Die britische Premierministerin Theresa May war am Samstag zu Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und Ministerpräsident Binali Yildirim in die türkische Hauptstadt gereist. Sie vereinbarte dort ein gemeinsames Rüstungsprojekt im Wert von 100 Millionen Britischen Pfund (umgerechnet 117 Millionen Euro) und kündigte engere bilaterale Handelsbeziehungen mit Ankara an.

Die Briten gehen im Hinblick auf den Austritt sehr strukturiert vor: Sie planen Freihandelsabkommen oder enge wirtschaftliche Kooperationen nicht nur mit den USA und der Türkei, sondern auch mit Russland, Indien und China. Militärisch werden die Briten ihre restliche EU-Mitgliedschaft nutzen, um gegen eine EU-Armee zu agitieren. Die Zuwanderung wird als Kern der Austrittsstrategie gestoppt. Auch im Bereich der Energiepolitik koppeln sich die Briten ab und setzen im Gegenzug beispielsweise zu Deutschland verstärkt auf die Kernkraft. In der Rüstungpolitik wird das Atomwaffenarsenal modernisiert.

Die bilaterale Strategie könnte – wenn sie erfolgreich angewendet wird – die Fliehkräfte innerhalb der EU während der zweijährigen Verhandlungen verstärken. „Wir ersuchen keine Mitgliedschaft im Einheitlichen Markt. Stattdessen ersuchen wir den bestmöglichen Zugang dazu durch ein neues, umfassendes, gewagtes und ambitiöses Freihandelsabkommen“, sagte May in einer Rede zum Austritt. Dieser Standpunkt nimmt der EU ihr bislang wichtigstes Verhandlungsargument – den Poker um den umfassenden Marktzugang – aus der Hand. Es besteht für die EU sogar das Risiko weiterer Nachahmungseffekte und Spaltungen, falls die Verhandlungen um das Freihandelsabkommen für Großbritannien zu einer guten Lösung führen.

Auch die Schweiz hat bereits angekündigt, nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU mit dem Land sofort ein eigenes Freihandels-Abkommen zu schließen. Der Schweizer Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann sagte der Zeitung Blick, es würde ihn „sehr freuen, wenn wir als eines der ersten Länder mit Post-Brexit-Britannien ein Freihandelsabkommen hätten“. Nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU dürfe „kein Tag vergehen, ohne dass wieder eine Regelung mit dem Inselreich in Kraft tritt“.

Schneider-Ammann hob hervor, ein neues Abkommen müsse „mindestens gleich gut sein wie heute“. Er betonte: „Wir wollen einen nahtlosen Übergang.“ Solange Großbritannien in der EU sei, könne kein neuer Handelsvertrag abgeschlossen werden. Es könnten aber bereits jetzt Diskussionen über die künftigen Wirtschaftsbeziehungen geführt werden.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Einigung auf Solarpaket - das sind die Neuerungen
20.04.2024

Ein Maßnahmenpaket soll den Ausbau der Solarenergie in Deutschland beschleunigen. Es geht vor allem um weniger Bürokratie. Einen Bonus...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neu entdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Nach neuen Angriffen: USA und NATO erhöhen Unterstützung für Ukraine, während Russland seinen Machtanspruch verstärkt.