Politik

Frankreich: Fillon will kämpfen, bleibt bei Kandidatur

Frankreichs Konsverative müssen um ihren Spitzenkandidaten Fillon zittern. Dieser will zwar kämpfen, doch nützen dürfte die Melange aus Korruption, Chaos und Intrigen vor allem Marine Le Pen.
02.02.2017 01:41
Lesezeit: 2 min

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Rund drei Monate vor den Präsidentenwahlen in Frankreich hält der unter Druck geratene Konservative Francois Fillon an seiner Kandidatur fest. Er sei entschlossen, sich zur Wahl zu stellen und die Angriffe auf ihn abzuwehren, sagte der ehemalige Ministerpräsident am Mittwoch bei einer Unternehmertagung. Fillons Wahlkampf ist erschüttert worden von Vorwürfen, er habe seine Ehefrau zum Schein als Assistentin angestellt und so hunderttausende Euro in die Familienkasse geschleust. Der 62-Jährige beschuldigte die regierenden Sozialisten, hinter den Vorwürfen zu stecken. Fillon galt bis zu den Anschuldigungen als klarer Favorit für den Einzug in den Elysee-Palast. Zuletzt wandten sich Umfragen zufolge aber viele Wähler von ihm ab.

„Wenn man sich dazu entschließt, bei der Präsidentenwahl zu kandidieren, darf man sich hinterher nicht über die Härte der Angriffe beschweren“, sagte Fillon. Er wolle sich bis zum Ende wehren. „Ich werde ein Kandidat dieser Präsidentenwahl sein“, betonte er. Die Zeitung „Le Canard Enchainé“ wirft Fillon die Scheinbeschäftigung seiner Frau vor. Dem Blatt zufolge erhielt Penelope Fillon hunderttausende Euro, ohne dafür zu arbeiten. Fillon weist dies zurück und betont, seine Frau habe als Assistentin sehr wohl für ihn gearbeitet. Eine Anstellung von Familienangehörigen ist französischen Politikern an sich nicht verboten, eine Scheinanstellung aber schon.

In Fillons Partei wird Insidern zufolge bereits ein Plan B diskutiert, falls die Justiz ein Verfahren wegen falscher Abrechnungen einleitet. Fillon hatte die Vorwahlen der Konservativen nicht zuletzt deshalb gewonnen, weil er als politischer „Saubermann“ galt. Am Mittwoch sprach er von einem Komplott, das aus der Regierung heraus gesteuert werde. Die sozialistische Partei des scheidenden Präsidenten Francois Hollande wies die Anschuldigung als „inakzeptabel“ zurück.

Die seit Nicholas Sarkozy chronisch zerstrittenen französischen Konservativen üben sich in Defaitismus: „Wir sind wie das Orchester auf der sinkenden Titanic“, sagte der konservative Abgeordnete Georges Fenech laut Reuters. Nur Fakten könnten der Verteidigung dienen. Wer den Skandal losgetreten habe, sei unerheblich.

Die Umfragen fallen unterschiedlich aus: Einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Instituts Elabe zufolge ist er nicht länger aussichtsreichster Kandidat und könnte nicht einmal mehr über die erste Runde der Abstimmung am 23. April hinauskommen. Die besten Aussichten auf einen Sieg in der Stichwahl am 7. Mai hat demnach jetzt der frühere Hollande-Minister, Emmanuel Macron. Demnach könnte Macron auch Marine Le Pen vom Front National schlagen, die schon länger als Favoritin für die erste Runde gilt und an Zustimmung zuletzt noch gewann.

Einer ebenfalls am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Instituts Ifop Fiducial zufolge hat Fillon dagegen weiter Chancen auf das höchste Staatsamt. Laut der Befragung schafft er es ganz knapp vor Macron in die Stichwahl und kann Le Pen dann ausstechen.

Für die Sozialisten geht – laut Umfragen weitgehend chancenlos – der Parteilinke Benoit Hamon ins Rennen. Weil sein Wahlprogramm in den eigenen Reihen als radikal gilt, hat seine Nominierung die Chancen für den sich als „Unabhängigen“ präsentierenden Macron erhöht: Der Ex-Investment-Banker und frühere Wirtschaftsminister unter Präsident Francois Hollande könnte gemäßigte Anhänger der Sozialisten ansprechen, die nach dem Ausscheiden des eher konservativen Hamon-Rivalen Manuel Valls in der eigenen Partei keine politische Heimat mehr finden. Diese von Reuters kolportierten Erwägungen dürften jedoch bei den Wählern keine Resonanz finden: Für die überwiegende Mehrheit der Franzosen, inklusive der Sozialisten, ist jeder Kandidat, der aus dem Umfeld des aus ihrer Sicht schlechtesten Präsidenten seit Menschengedenken kommt, unwählbar.

Es ist also durchaus denkbar, dass die sumpfähnlichen Zustände und die Zerstrittenheit bei den anderen Parteien vor allem Marine Le Pen nützen, von der es kein professioneller Beobachter für möglich hält, dass sie die Stichwahl gewinnt. Ähnlich hatten die professionellen Beobachter allerdings auch die Siegeschancen des Kandidaten Donald Trump eingeschätzt.

 

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