Finanzen

Gegen den Euro: Spekulanten nehmen Italien ins Visier

Die Kluft zwischen dem Norden und dem Süden Europas bei den Staatsanleihen könnte auf ein beginnende Attacke von Spekulanten hinweisen. Das massive Führungsvakuum in der EU erleichtert den Spekulanten ihr Geschäft.
03.02.2017 00:21
Lesezeit: 1 min

Die Anleihe-Renditen verschiedener europäischer Länder gehen weiter auseinander. Am Donnerstag war der Unterschied zwischen den Renditen italienischer Staatsanleihen und den Renditen ihrer spanischen Pendants so groß wie seit 2012 nicht mehr, berichtet die Financial Times. Damit setzt sich ein Trend der vergangenen Tage fort, der im Prinzip eine Abkopplung der Länder Frankreich, Italien und Griechenland vom Gesamttrend der Renditeentwicklung bei den anderen europäischen Staatspapieren darstellt. Zum ersten Mal seit Monaten kommt es zu einer Störung des Gleichklangs auf dem europäischen Anleihenmarkt, was als ein Vorgeschmack auf die mögliche politische Destabilisierung Europas im Wahljahr 2017 gedeutet werden kann.

Diese Destabilisierung dürfte von Spekulanten befeuert werden, die schon seit Jahren auf das Ende der Euro-Zone wetten und sich nun durch die Politik von Donald Trump bestätigt sehen dürften. Einer von Trumps Beratern hatte den Euro vor einigen Tagen als zu weich attackiert, Trump hatte in einem Interview gesagt, der Euro sei nichts anderes als ein Exportförderprogramm für Deutschland. In der Regeln agieren Spekulanten eng im Einvernehmen mit politischen Entscheidungsträgern. Viele Top-Leute der US-Regierung kommen von Goldman Sachs. Der Brexit-Apologet Nigel Farage war viele Jahre Trader und ist engstens mit der Finanzindustrie vernetzt.

Der Unterschied zwischen den Renditen zehnjähriger Papiere aus Italien und Spanien stieg am Donnerstag auf 60 Basispunkte. Während Spaniens Wirtschaft im vergangenen Jahr offiziell robust gewachsen ist, leidet Italien weiterhin unter hohen Staatsschulden, einer angeschlagenen Bankenbranche und hohen Arbeitslosenzahlen.

Die Abkoppelung italienischer Renditen von den spanischen Vergleichspapieren findet ihre Entsprechung im Vergleich zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen. Deren Rendite-Unterschied betrug am Donnerstag 61 Basispunkte – in den vergangenen Jahren lag der Spread in der Regel bei 20 bis 30 Basispunkten. Die Renditen französischer Staatsanleihen mit Laufzeiten von zehn Jahren stiegen am Dienstag über die Marke von 1 Prozent. Dies geschah zuletzt vor über einem Jahr und deutet ein wachsendes Unbehagen bei Geldgebern an. Derzeit beträgt die Rendite 1,05 Prozent.

Der FT zufolge könnte die zunehmende Spreizung der Renditen in der Eurozone eine potentielle politische Spaltung der EU vorwegnehmen. „Die Bewegung bei den Anleihen der Peripherieländer ist ein Zeichen dafür, dass die Investoren hinsichtlich des Risikos der europäischen Staaten in einem Schlüsseljahr wichtiger Wahlen beginnen, zu unterscheiden.“ Die Anleihe-Renditen der Eurostaaten sowie die Unterschiede zwischen ihnen hatten sich nach der Ankündigung des Anleihekaufprogramms durch die EZB seit März 2015 deutlich reduziert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump: Die Arzneimittelpreise müssen um 59 Prozent sinken
13.05.2025

Die Pharmabranche gerät weltweit unter Druck: Mit einer neuen Ankündigung hat US-Präsident Donald Trump den globalen Arzneimittelmarkt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Kommission kündigt Importverbot für russisches Gas an – doch wo bleibt das Gesetz?
13.05.2025

Die EU verkündet das Ende russischer Gasimporte – aber präsentiert (noch) keine juristische Grundlage. Experten warnen: Was die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Innovation Neuro-Webdesign: „Die meisten Firmenwebsites scheitern am Menschen“
13.05.2025

Viele mittelständische Websites wirken modern, funktionieren aber nicht. Warum? Sie ignorieren die Psychologie der Nutzer. Jonas Reggelin,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession 2025: Düstere Aussichten für Deutschland
13.05.2025

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und das ausgerechnet in einer Phase, in der neue Impulse dringend nötig wären. Der...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung: Warum Bärbel Bas' Beamten-Vorschlag 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde
13.05.2025

Geht es nach Arbeitsministerin Bärbel Bas, sollen künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Eine neue...

DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...

DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...