Finanzen

Iran verkündet den Ausstieg aus dem Petro-Dollar

Der Iran will den US-Dollar nicht mehr als Zahlungsmittel verwenden. Als Ersatz käme der Euro in Frage. Diese überraschende Allianz könnte erklären, warum die US-Regierung gleichzeitig gegen den Euro und den Iran schießt.
02.02.2017 23:44
Lesezeit: 3 min

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Die iranische Regierung hat angekündigt, den US-Dollar nicht mehr als Zahlungsmittel einsetzen zu wollen. Ab dem 21. März werde der Dollar nicht mehr als die „Währung der Wahl in den Finanz- und Devisenberichten“ der Regierung verwendet, berichtet die iranische Nachrichtenagentur Press TV. Sie bezieht sich auf ein Fernsehinterview des Zentralbank-Gouverneurs Valiollah Seif vom 29. Januar.

„Irans Schwierigkeiten mit dem Dollar gibt es seit der erstmaligen Verhängung der Sanktionen, und dieser Trend hält an. Wenn es dagegen um andere Währungen geht, gibt es für uns keine Begrenzungen“, sagte Seif einem Bericht der iranischen Financial Tribune zufolge. Der Iran werde den Dollar durch eine andere Währung oder durch einen Währungskorb ersetzen. Seif sagte, dass sich der Iran an seinen größten Handelspartnern orientieren wolle, nämlich der EU, China und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Es sei nur logisch, wenn der Handel in deren Währungen abgewickelt werde. Seif sagte außerdem, dass es seit dem Ende der Sanktionen möglich geworden sei, die iranischen Devisenreserven bei „europäischen Banken oder sogar Zentralbanken“ zu parken.

Forbes präzisiert die Handelsbeziehungen des Iran: „Als Folge der Jahre der Sanktionen (...) hat der Iran sehr wenig Handel mit den USA. Der wichtigste Handelspartner sind die Vereinigten Arabischen Emirate, die rund 24 Prozent aller iranischen Importe und Exporte ausmachen. China ist mit 22 Prozent nicht weit dahinter, gefolgt von der Türkei, Indien und der EU, die alle rund 6 Prozent des iranischen Handels ausmachen.“ Forbes geht davon aus, dass der Iran den Dollar durch den Euro ersetzen könnte.

Allerdings ist der Ausstieg durchaus komplex und mit Wechselkursrisiken behaftet. Unmöglich ist er freilich nicht, vor allem wenn die EU den Iran unterstützt.

Dies würde auch erklären, warum sich die Amerikaner aktuell auf den Euro eingeschossen haben: Aus geopolitischer Sicht sind für die USA Allianzen Europas mit Russland, der Türkei oder dem Iran ausgesprochen unerwünscht, weil hier echte Machtblöcke entstehen könnten.

Die Maßnahme wird von iranischer Seite als Reaktion auf die neuen Einreisebestimmungen der US-Regierung dargestellt, welche iranischen Staatsbürgern die Einreise in die USA untersagen. Sie dürfte sich insbesondere auf die Ölproduktion des Landes auswirken und zu Schwierigkeiten führen, weil der globale Erdölhandel weitestgehend in US-Dollar abgewickelt wird. Möglich ist, dass der Iran in Zukunft sein Öl nur noch gegen Euro verkauft. Der Anteil des iranischen Öls, welches gegen Euro verkauft wurde, hatte in den vergangenen Jahren bereits zugenommen.

Die USA reagieren gereizt und bereiten Reuters zufolge neue Sanktionen gegen den Iran vor. Schon am Freitag könnten über 20 iranische Institutionen oder Personen mit Strafmaßnahmen belegt werden, sagten mit dem Vorhaben vertraute Personen am Donnerstag. Gegen rund acht Einrichtungen oder Individuen gebe es Vorwürfe im Zusammenhang mit Terror, gegen 17 weitere in Verbindung mit Raketen. Der Iran hatte am Wochenende eine Mittelstreckenrakete getestet (Video am Anfang des Artikels). Es war die erste derartige Erprobung seit dem Amtsantritt US-Präsident Donald Trumps am 20. Januar. Die US-Regierung hatte den Iran deswegen schon am Mittwoch „verwarnt“. Die Führung in Teheran wies die Kritik zurück. Am Donnerstag erklärte Trump, er schließe als Reaktion auf den Test nichts aus.

Die neuen Sanktionen seien schon länger in Vorbereitung gewesen, sagten die Insider. Der Raketentest habe Trump schließlich mit dazu veranlasst, die Strafmaßnahmen einzuleiten. Von der US-Regierung gab es zunächst keine Stellungnahme.

Die neuen Sanktionen könnten der Beginn einer härteren Linie der USA gegenüber der Regierung in Teheran darstellen. Trump hatte schon im Wahlkampf das internationale Atomabkommen mit der Islamischen Republik immer wieder heftig kritisiert. Darin hatte sich der Iran zur Beschränkung seines Atomprogramms bereiterklärt und im Gegenzug die Lockerung von Sanktionen zugesichert bekommen. Aus dem Kreis der Informierten verlautete, die neuen Strafmaßnahmen seien so ausgelegt, dass sie nicht gegen die Nuklearvereinbarung von 2015 verstoßen.

Trump möchte demnach den Deal, der maßgeblich von der EU vermittelt worden war, noch nicht aktiv angreifen.

Trumps Kritik blieb vorerst verbal: Teheran hätte „dankbar für den schrecklichen Deal sein sollen“, den die USA abgeschlossen hätten, twitterte er. Der US-Präsident betonte, der Iran sei wegen der Sanktionen „kurz vor dem Kollaps“ gewesen, als er durch das Abkommen gerettet worden sei. „150 Milliarden“ Dollar fügte Trump hinzu – womit er den von ihm geschätzten ökonomischen Effekt meinte, den die Aufhebung der Sanktionen für das Land hat.

Der Iran bestreitet, mit Raketentests atomare Ziele zu verfolgen. Die UN-Resolution 2231 fordert den Iran auf, keine ballistischen Raketen zu entwickeln, die mit atomaren Sprengköpfen bestückt werden können. Nach der Lesart des Iran und Russlands ist die Aufforderung kein explizites Verbot. Das Atomabkommen mit dem Iran war nach jahrelangen Verhandlungen vor einem Jahr in Kraft getreten. Mit dem Iran abgeschlossen hatten es die fünf UN-Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland. Das Abkommen verpflichtet Teheran, seine Urananreicherung drastisch zurückzufahren und verschärfte internationale Kontrollen zuzulassen. Im Gegenzug werden schrittweise die Sanktionen gegen das Land aufgehoben.

Davon erhoffen sich vor allem die Europäer und die Russen gute Geschäfte. Der Bruch mit dem Dollar könnte für den Iran allerdings weitreichende Folgen haben: Das Ansinnen, aus dem Petro-Dollar auszusteigen, ist bisher noch keiner Regierung gut bekommen. In Libyen wurde Gaddafi gestürzt, in Syrien Assad an den Rand einer Niederlage gebracht.

Die neue US-Regierung scheint sich noch nicht ganz sicher zu sein, wie sie den Dollar positionieren soll: Einerseits soll er weicher werden, andererseits Weltleitwährung bleiben. Beide Ziele widersprechen einander. Der von Goldman Sachs kommende neue Finanzminister Stephen Mnuchin hat bei seinem Kongresshearing gesagt, er lege Wert auf einen starken Dollar. Wenn die US-Regierung jedoch einen globalen Handelskrieg gewinnen will, wird sie bei der Währung Flexibilität zeigen müssen.

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