Politik

Polen will Rückbau der EU: Merkel warnt vor „Chaos“ in Europa

Lesezeit: 2 min
07.02.2017 22:36
Bundeskanzlerin Merkel warnt vor Chaos in Europa. Die Polen fordern einen Rückbau der EU und eine Konzentration von Brüssel auf einige wenige Kompetenzen.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist bei ihrem Besuch in Warschau überraschend mit dem Wunsch Polens nach einem Rückbau der EU konfrontiert worden. Merkel zeigte am Dienstag jedoch wenig Verständnis für den Wunsch der die polnischen Regierung nach Vertragsänderungen, wie Reuters meldet "Ich kann mir im Augenblick auch nicht vorstellen, dass man eine realistische Möglichkeit hat, hier irgendwelche Dinge zurückzudrehen", sagte Merkel zu polnischen Wünschen, die EU auf die Themen Binnenmarkt, Umwelt und Verteidigung zu konzentrieren. Im Streit über die innenpolitischen Reformen in Polen erinnerte sie daran, wie wichtig beim Sturz des Kommunismus freie Medien und eine freie Justiz gewesen seien.

Merkel traf am Abend den Chef der Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, sowie Oppositionsvertreter. Bei den Gesprächen in Warschau wollte sie wie schon in Belgien, Luxemburg, Malta und Schweden sondieren, wie die 27 EU-Regierungen die Union nach dem Austritt Großbritanniens weiterentwickeln wollen. Kaczynski hatte in einem Interview vor für eine Begrenzung der EU-Kompetenzen geworben und einen zu starken Einfluss Deutschlands kritisiert. Ministerpräsidentin Beata Szydlo und Merkel betonten auf einer gemeinsamen Pressekonferenz aber die Fülle gemeinsamer Positionen wie eine engere Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik.

Gleichzeitig betonte Szydlo, die Schlussfolgerung aus der Brexit-Entscheidung sei eine Stärkung der Nationalstaaten. Etliche andere EU-Staaten wollen aber mehr und nicht weniger Integration, weshalb Merkel in Warschau vor einer EU-Vertragsdebatte warnte, die "im Chaos enden" könne. Ende März will die EU bei den Feiern zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge eine Perspektive für die kommenden zehn Jahre vorstellen. "Die Binnenmarkt-Definition ist umfassender als nur freier Warenverkehr und Umwelt", wies Merkel Vorstellungen einer schlankeren EU zurück.

Im Streit über die Reformen der Regierung zur stärkeren Kontrolle der Justiz und der Medien gab es keine Annäherung. Der Vizepräsident der EU-Kommission, Jyrki Katainen, hatte am Montag im Reuters-Interview deutlich gemacht, dass die Kommission hart bleiben werde. "Entweder man beachtet den Rechtsstaat oder nicht. Und wenn nicht, kann Europa nicht schweigen."

Merkel, die bisher direkte Kritik an der Regierung vermieden hatte, erinnerte daran, dass Polen in den 80er Jahren Vorbild für die Befreiung vom Kommunismus gewesen sei. Damals habe man erkannt, wie wichtig unabhängige Medien und Justiz seien.

Merkel wiederholte in Warschau ihre etwas resignative Vision von einer EU der "verschiedenen Geschwindigkeiten": Die Regierung in Warschau hatte gewarnt, dass sich die 19 Euro-Staaten zu stark integrieren und gegenüber den künftig noch acht Nicht-Euro-Staaten abkoppeln könnten. Ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten gebe es heute mit dem Euro und dem Schengen-Raum schon, an dem nicht alle Länder teilnähmen, versuchte Merkel die Polen zu beruhigen. Jedem Mitgliedstaat müsse es auch künftig frei stehen, weitere Integrationsschritte nicht mitzugehen. "Es kann (aber) nicht sein, dass man exklusive Clubs bildet, in die man nicht hineinkommt."

Die Divergenzen zeigen, wie tief der Riss ist, der seit dem Austritts-Referendum der Briten durch die EU geht. Im Zuge der Brexit-Verhandlungen werden sich diese Gräben noch verstärkt zeigen - zumal jedes Land andere Interessen hat und seine Beziehungen zu Großbritannien unterschiedlich gestalten wird wollen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple-XRP-Prognose 2025: Die aktuelle XRP-Kursentwicklung und was Anleger jetzt wissen sollten
15.01.2025

Der Ripple-Kurs, der lange Zeit von Unsicherheiten geprägt war, zeigt sich auch zu Beginn des Jahres 2025 relativ stabil - und legt...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuern auf Rente: Steuervorteile und Grundfreibetrag - so hoch ist die Besteuerung 2025
15.01.2025

In Deutschland wird die Rente besteuert. Doch seit wann sind Rentner steuerpflichtig? Welcher Rentenfreibetrag gilt aktuell, welche...

DWN
Immobilien
Immobilien Zwangsversteigerungen 2024: Zahl stark gestiegen
15.01.2025

Deutlich mehr Immobilien zwangsversteigert: Die Wirtschaftskrise und steigende Zinsen hinterlassen Spuren, besonders bei Eigentümern. 2024...

DWN
Politik
Politik Wider den Hedonismus: Warum Wehrpflicht (und Zivildienst) Deutschland wieder auf Spur bringen
15.01.2025

Als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), vom russischen Überfall auf die Ukraine richtig geschockt, die Zeitenwende für Deutschland ausrief,...

DWN
Technologie
Technologie Wie ehemalige IT-Nerds der russischen Suchmaschine Yandex den KI-Markt Europas aufmischen
14.01.2025

Russische IT-Nerds bauen in Amsterdam das KI-Unternehmen Nebius auf. Informatiker um den Yandex-Suchmaschinen-Gründer Arkadi Wolosch...

DWN
Finanzen
Finanzen Bafin-Girokonto-Vergleich: Alle Girokonten in Deutschland im Überblick
14.01.2025

Die Finanzaufsicht Bafin bringt Transparenz in den Kontomarkt: Mit dem neuen Bafin Kontenvergleich können Verbraucher alle Girokonten in...

DWN
Politik
Politik Russischer Außenminister Lawrow: "USA wollen nach Nord-Stream Gaspipeline TurkStream zerstören"
14.01.2025

Russlands Außenminister Lawrow beschuldigt die USA, mit ukrainischen Drohnenangriffen die Gasleitung TurkStream lahmlegen zu wollen....

DWN
Politik
Politik CDU-Heizungsgesetz: Wie die Union das Heizungsgesetz abschaffen will - und warum das schlecht wäre
14.01.2025

Das Habecksche Heizungsgesetz, offiziell Gebäudeenergiegesetz (GEG), gilt seit Januar 2024. Die CDU plant, das GEG bei einer möglichen...