Finanzen

Staaten machen weltweit massiv neue Schulden

Seit Jahresbeginn haben Staaten auf der ganzen Welt in erheblichem Maß neue Schulden aufgenommen. Die Regierungen wollen die die niedrigen Zinsen nutzen, solange es noch geht. 
28.03.2017 23:28
Lesezeit: 2 min

[vzaar id="9709387" width="600" height="338"]

Regierungen, Städte und Gemeinden sowie Regierungsorganisationen in Europa haben seit Jahresbeginn so viel neue Schulden durch die Ausgabe von Anleihen aufgenommen wie seit dem Jahr 2012 nicht mehr, berichtet die Financial Times. Bei den etwa 210 Milliarden Euro an gesamtem neuen Anleihevolumen handelt es sich demnach um die zweitgrößte jemals aufgenommene Summe an Neuschulden bis zum jetzigen Zeitpunkt des Jahres und um die größte Summe seit dem Jahr 2012. Im Vergleich zum gleichen Zeitpunkt des Jahres 2015 wurden etwa 11 Prozent mehr Schuldtitel verkauft, wie aus Daten des Anbieters Dealogic hervorgeht.

Hauptgrund für die hohe Schuldenaufnahme könnte Beobachtern zufolge sein, dass inzwischen viele Regierungen mit einer Normalisierung der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank rechnen. Insbesondere der zu erwartende Rückzug der EZB aus dem Anleihekaufprogramm dürfte dazu führen, dass die Renditen der Anleihen bald wieder steigen und die Rückzahlung der Staatsschulden erschwert wird.

„Unter den Investoren gibt es definitiv die Erwartung, dass die Zinsen wieder steigen. Verglichen mit dem vergangenen Jahr bieten die Staaten ihre Anleihen jetzt viel früher im Jahr an – was neben der Aussicht auf steigende Zinsen auch an der Unsicherheit bezüglich des weiteren geldpolitischen Kurses der EZB und politischer Risiken liegt“, wird ein Anleihespezialist der Deutschen Bank zitiert.

Solange die Zinsen noch niedrig sind, möchten offenbar viele Staaten am Anleihemarkt zugreifen. Zuletzt hatte die EZB pro Monat Wertpapiere – Firmenbonds, Pfandbriefe und Hypothekenpapiere eingeschlossen – im Volumen von rund 80 Milliarden Euro erworben. Ab April soll das monatliche Kaufvolumen jedoch bis zum geplanten Laufzeitende im Dezember auf 60 Milliarden Euro sinken, berichtet Reuters. Das Gesamtprogramm soll dann einen Umfang von 2,28 Billionen Euro erreichen. Seit März 2015 hat die Zentralbank bereits Anleihen im Gesamtumfang von 1,4 Billionen Euro von Banken aus der Eurozone erworben.

Ziel des Programmes ist, die Zinsen für Staatsanleihen an den Anleihemärkten zu drücken, um den Ausbruch von Schuldenkrisen in den angeschlagenen Wirtschaften Südeuropas zu verhindern. Denn weil nicht-europäische Banken und Investoren damit rechnen können, die Papiere im Notfall an die EZB zu veräußern, können sie keine hohe Rendite als Risiko-Ausgleich mehr von Staaten wie Italien und Portugal einfordern.

Nicht nur in Europa, sondern weltweit, nehmen Regierungen unterdessen verstärkt neue Schulden auf. Ostasiatische Länder ohne Japan haben zwischen Jahresbeginn und dem 23. März offenbar 8,2 Milliarden Dollar an den Anleihemärkten geliehen – deutlich mehr als die 6,5 Milliarden Dollar im Vergleichszeitraum des Vorjahres, berichtet die Financial Times. Auch hier spielt die Erwartung höherer Zinsen eine wichtige Rolle. „Regierungen und Unternehmen aus den Schwellenländern sind darauf bedacht, die gegenwärtig guten Finanzierungsbedingungen auszunutzen, bevor die Leitzinsen in den USA noch weiter steigen“, wird ein Kapitalmarktexperte der Bank of America zitiert. Auch im Nahen Osten, Afrika und amerikanischen Ländern würden derzeit hohe Neuschulden registriert.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pokémon-Karten als Geldanlage: Hype, Blase oder Millionen-Geschäft?
03.07.2025

Verstaubte Karten aus dem Kinderzimmer bringen heute tausende Euro – doch Experten warnen: Hinter dem Pokémon-Hype steckt eine riskante...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung: Harsche Kritik der Wirtschaftsverbände
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Politik
Politik USA drosseln Waffenhilfe – Europa unter Zugzwang
03.07.2025

Die USA drosseln die Waffenhilfe für Kiew. Europa muss die Lücke schließen. Wie geht es weiter?

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Sanierung bleibt trotz Rekordminus auf Kurs
03.07.2025

Baywa steckt tief in den roten Zahlen – doch der Sanierungsplan bleibt unangetastet. Der traditionsreiche Konzern kämpft mit Altlasten,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden: China kontrolliert deutsche Industrie
03.07.2025

Die deutsche Industrie gerät zunehmend in die Abhängigkeit Chinas, weil Peking bei seltenen Erden den Weltmarkt kontrolliert....

DWN
Panorama
Panorama Spritpreis: Wie der Rakete-und-Feder-Effekt Verbraucher belastet
03.07.2025

Die Spritpreise steigen wie eine Rakete, fallen aber nur langsam wie eine Feder. Das Bundeskartellamt nimmt dieses Muster ins Visier und...