Politik

Gegen Orban: Merkel unterstützt Soros in Streit um Universität

Lesezeit: 2 min
06.04.2017 13:53
Dieser Artikel ist nur für DWN-Abonnenten zugänglich. Bitte loggen Sie sich ein oder registrieren Sie sich unter „Gratismonat beginnen“.
Gegen Orban: Merkel unterstützt Soros in Streit um Universität

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Bundesregierung übt deutliche Kritik am neuen ungarischen Hochschulgesetz, das die US-geführte, private Zentraleuropäische Universität in Budapest gefährdet. Man betrachte den Budapester Parlamentsbeschluss vom Vortag "mit großer Sorge", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin. "Die Wissenschaftsfreiheit ist für uns ein hohes Gut", erklärte Demmer. Deutschland hoffe daher, dass der Lehrbetrieb an der Central European University (CEU) weitergeführt werden kann.

Die Gesetzesnovelle in Ungarn beinhaltet Auflagen für internationale Universitäten, die die CEU nicht erfüllt. Die 1991 vom US-Milliardär George Soros gegründete Hochschule sollte nach dem Ende des Kommunismus die Ideen einer offenen und liberalen Gesellschaft verbreiten.

Der CEU-Leiter Michael Ignatieff nannte das Gesetz einen massiven Angriff auf die Universität. Er sagte in der Wochenzeitung Die Zeit: "Egal, was geschieht, die Central European University wird auf keinen Fall schließen. Wir machen weiter. Das sollen auch die deutschen Studenten wissen, die sich beworben haben."

Am Dienstag hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gemahnt, Europa dürfe nicht schweigen, wenn der Wissenschaft "die Luft zum Atmen genommen werden soll". Demmer betonte: "Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte stehen in Europa nicht zur Disposition. Diese Werte sind Grundlage der Europäischen Union."

Das Problem für Merkel: Orbans Fidesz-Partei ist eine Schwesterpartei der CDU und sitzt mit ihr gemeinsam in der EVP, der größten Fraktion des EU-Parlaments.

Die ungarische Regierung wies die Kritik zurück: Die ungarische Nachrichtenagentur MTi zitierte laut Bloomberg den Regierungssprecher Zoltan Kovacs mit den Worten, "die Lügen von George Soros" hätten sogar die "deutsche Bundesregierung in die Irre geführt".

Auhc EU-Präsident Jean-Claude Juncker hat die Regierung von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban wegen des umstrittenen Hochschulgesetzes kritisiert. "Ich mag diese Entscheidung nicht", sagte Juncker am Donnerstag in Brüssel. Die Kommission werde sich am kommenden Mittwoch mit dem Thema befassen. Ungarns Parlament hatte am Dienstag einem Gesetz der rechtsgerichteten Regierung zugestimmt, das die Existenz der vom US-Milliardär George Soros gegründeten Universität in Budapest bedroht.

Juncker übte auch Kritik an einer von Orbans Regierung gestarteten Bürgerbefragung unter dem Titel "Stoppt Brüssel!". Nachdem er den "verzerrten Fragebogen" gelesen habe, würde er gerne "mehr über die Absichten von Herrn Orban erfahren", sagte der Kommissionschef. "Diese Art und Weise, Schlechtes über Brüssel zu sagen, nachdem er die Erklärung von Rom unterzeichnet hat, sagt mehr über den Autor des Fragebogens als über den Zustand der Europäischen Union."

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten Ende März bei einem Sondergipfel in Rom eine Erklärung zur Zukunft der EU in den kommenden zehn Jahren verabschiedet. Eine Woche später hatte die ungarische Regierung einen als antieuropäisch kritisierten Fragebogen veröffentlicht, der an alle Wahlberechtigten verschickt wird.

Darin wird etwa gefragt, was Ungarn tun soll, "wenn Brüssel es zwingen will, illegale Einwanderer ins Land zu lassen". Auch der Umgang mit Nichtregierungsorganisationen ist Thema, gegen welche die Regierung in Budapest schon seit längerer Zeit vorgeht.

Tausende Menschen haben am Dienstag eine Menschenkette rund um das Gebäude der amerikanisch geführten Zentraleuropäischen Universität (Central European University/CEU) in Budapest gebildet. Sie protestierten damit gegen ein am selben Tag beschlossenes Gesetz, das die CEU zur Schließung zwingen soll. Zu der Kundgebung hatte die Facebook-Gruppe «Freiheit für die Bildung» aufgerufen.

Das Gesetz war wenige Stunden zuvor nach kurzer Debatte und ohne Konsultationen mit den Betroffenen vom Parlament gebilligt worden. Es schreibt neue Bedingungen für den Betrieb internationaler Universitäten in Ungarn vor, die die CEU nicht erfüllt. Die Regierung des rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban begründete das Gesetz damit, dass die CEU ungerechtfertigte Privilegien genieße.

Die Hochschuleinrichtung war 1991 vom US-Milliardär George Soros gegründet worden. Orban sieht im liberalen Soros ein Hemmnis für seine Pläne zur Errichtung einer «illiberalen Demokratie».


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Politik
Politik Angriff auf SPD-Europapolitiker: Matthias Ecke in Dresden schwer verletzt
04.05.2024

Schockierende Gewalt: SPD-Europaspitzenkandidat Matthias Ecke wurde brutal angegriffen. Politiker verurteilen den Angriff als Attacke auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...

DWN
Politik
Politik Wahljahr-Turbulenzen: Biden im Kreuzfeuer der Gaza-Proteste
04.05.2024

Seit Monaten sind bei fast jedem öffentlichen Auftritt von Präsident Joe Biden propalästinensische Demonstrationen zu sehen, die sich im...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...