Die Bundesregierung übt deutliche Kritik am neuen ungarischen Hochschulgesetz, das die US-geführte, private Zentraleuropäische Universität in Budapest gefährdet. Man betrachte den Budapester Parlamentsbeschluss vom Vortag "mit großer Sorge", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin. "Die Wissenschaftsfreiheit ist für uns ein hohes Gut", erklärte Demmer. Deutschland hoffe daher, dass der Lehrbetrieb an der Central European University (CEU) weitergeführt werden kann.
Die Gesetzesnovelle in Ungarn beinhaltet Auflagen für internationale Universitäten, die die CEU nicht erfüllt. Die 1991 vom US-Milliardär George Soros gegründete Hochschule sollte nach dem Ende des Kommunismus die Ideen einer offenen und liberalen Gesellschaft verbreiten.
Der CEU-Leiter Michael Ignatieff nannte das Gesetz einen massiven Angriff auf die Universität. Er sagte in der Wochenzeitung Die Zeit: "Egal, was geschieht, die Central European University wird auf keinen Fall schließen. Wir machen weiter. Das sollen auch die deutschen Studenten wissen, die sich beworben haben."
Am Dienstag hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gemahnt, Europa dürfe nicht schweigen, wenn der Wissenschaft "die Luft zum Atmen genommen werden soll". Demmer betonte: "Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte stehen in Europa nicht zur Disposition. Diese Werte sind Grundlage der Europäischen Union."
Das Problem für Merkel: Orbans Fidesz-Partei ist eine Schwesterpartei der CDU und sitzt mit ihr gemeinsam in der EVP, der größten Fraktion des EU-Parlaments.
Die ungarische Regierung wies die Kritik zurück: Die ungarische Nachrichtenagentur MTi zitierte laut Bloomberg den Regierungssprecher Zoltan Kovacs mit den Worten, "die Lügen von George Soros" hätten sogar die "deutsche Bundesregierung in die Irre geführt".
Auhc EU-Präsident Jean-Claude Juncker hat die Regierung von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban wegen des umstrittenen Hochschulgesetzes kritisiert. "Ich mag diese Entscheidung nicht", sagte Juncker am Donnerstag in Brüssel. Die Kommission werde sich am kommenden Mittwoch mit dem Thema befassen. Ungarns Parlament hatte am Dienstag einem Gesetz der rechtsgerichteten Regierung zugestimmt, das die Existenz der vom US-Milliardär George Soros gegründeten Universität in Budapest bedroht.
Juncker übte auch Kritik an einer von Orbans Regierung gestarteten Bürgerbefragung unter dem Titel "Stoppt Brüssel!". Nachdem er den "verzerrten Fragebogen" gelesen habe, würde er gerne "mehr über die Absichten von Herrn Orban erfahren", sagte der Kommissionschef. "Diese Art und Weise, Schlechtes über Brüssel zu sagen, nachdem er die Erklärung von Rom unterzeichnet hat, sagt mehr über den Autor des Fragebogens als über den Zustand der Europäischen Union."
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten Ende März bei einem Sondergipfel in Rom eine Erklärung zur Zukunft der EU in den kommenden zehn Jahren verabschiedet. Eine Woche später hatte die ungarische Regierung einen als antieuropäisch kritisierten Fragebogen veröffentlicht, der an alle Wahlberechtigten verschickt wird.
Darin wird etwa gefragt, was Ungarn tun soll, "wenn Brüssel es zwingen will, illegale Einwanderer ins Land zu lassen". Auch der Umgang mit Nichtregierungsorganisationen ist Thema, gegen welche die Regierung in Budapest schon seit längerer Zeit vorgeht.
Tausende Menschen haben am Dienstag eine Menschenkette rund um das Gebäude der amerikanisch geführten Zentraleuropäischen Universität (Central European University/CEU) in Budapest gebildet. Sie protestierten damit gegen ein am selben Tag beschlossenes Gesetz, das die CEU zur Schließung zwingen soll. Zu der Kundgebung hatte die Facebook-Gruppe «Freiheit für die Bildung» aufgerufen.
Das Gesetz war wenige Stunden zuvor nach kurzer Debatte und ohne Konsultationen mit den Betroffenen vom Parlament gebilligt worden. Es schreibt neue Bedingungen für den Betrieb internationaler Universitäten in Ungarn vor, die die CEU nicht erfüllt. Die Regierung des rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban begründete das Gesetz damit, dass die CEU ungerechtfertigte Privilegien genieße.
Die Hochschuleinrichtung war 1991 vom US-Milliardär George Soros gegründet worden. Orban sieht im liberalen Soros ein Hemmnis für seine Pläne zur Errichtung einer «illiberalen Demokratie».