Im Fall des zu Tode geprügelten Schülers Niklas hat das Landgericht Bonn den Angeklagten freigesprochen. Dagegen verurteilte das Gericht den 21-Jährigen am Mittwoch im Zusammenhang mit einer ganz anderen Schlägerei zu einer Jugendstrafe von acht Monaten. Dabei ging es um eine in dem Prozess mitangeklagte Tat und nicht um die Prügelattacke auf den 17 Jahre alten Niklas. Der Fall des Schülers bleibt damit vorerst ungeklärt.
Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung hatten in ihren Plädoyers im Kernvorwurf einen Freispruch gefordert. Es sei nicht zweifelsfrei sicher, dass der Angeklagte Walid S. das Opfer in der Tatnacht geschlagen und getreten habe, hatte Staatsanwalt Florian Geßler seine Kehrtwende begründet. Es komme auch ein anderer Mann als Täter in Betracht. Ursprünglich hatte er dem 21-Jährigen Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Der Beschuldigte bestritt die Tat aber von Anfang an.
Der 17 Jahre alte Niklas, der zuletzt in Bad Breisig in Rheinland-Pfalz wohnte, war im Mai 2016 im Bonner Stadtteil Bad Godesberg auf offener Straße mit einem Schlag gegen die Schläfe niedergestreckt worden. Anschließend wurde ihm gegen den Kopf getreten. Er starb wenige Tage später im Krankenhaus.
Kurz vor dem Urteil im Prozess um den Tod des verprügelten Schülers Niklas hatte sich dessen Mutter von der Täterschaft des Angeklagten überzeugt gezeigt. «Sie ist aufgrund ihrer Erfahrung des Prozesses überzeugt, dass derjenige, der hier auf der Anklagebank sitzt, derjenige ist, der für den Tod ihres Sohnes verantwortlich zeichnet», sagte ihr Anwalt Thomas Düber in seinem Plädoyer am Mittwochvormittag am Bonner Landgericht. Niklas' Mutter trat in dem Prozess als Nebenklägerin auf.
Die Nebenklage kritisierte scharf das Verhalten vieler Zeugen in dem Prozess. Man könne davon ausgehen, dass einige genau wüssten, wer der Täter sei, vor Gericht aber geschwiegen hätten. «Das ist für jeden aufrecht Denkenden ein Schlag in das Gesicht», sagte Düber. Das Verfahren habe die «Grenzen des Ertragbaren» für die Hinterbliebenen aufgezeigt. Seine Mandantin sei «durch die Hölle gegangen.»
Düber zeigte sich enttäuscht, dass der Rechtsstaat nicht durchgesetzt werden konnte: Man habe zur Kenntnis nehmen müssen, «dass der Tod eines 17-Jährigen nicht ausreicht, um die Wahrheit zu sagen.» Der Rechtsstaat habe vor falsch verstandener Loyalität und falschem Ehrgefühl kapitulieren müssen. Der Anwalt ist der Auffassung, dass das Schweigen der Zeugen dazu geführt hätten, dass ein Freispruch gefordert werden musste. Der Anwalt will trotzdem keinen eigenen Antrag stellen und sagte: «Wir werden dennoch keinen anderen Antrag stellen, da es durchaus möglich ist, dass Zweifel bestehen, die eine Verurteilung verhindern.»