Technologie

United Internet will Drillisch übernehmen

Lesezeit: 2 min
12.05.2017 16:31
Durch den Zusammenschluss von United Internet und Drillisch entsteht in Deutschland ein vierter Telekom-Gigant.
United Internet will Drillisch übernehmen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Peter Maushagen und Alexander Hübner von Reuters über einen koplexen Deal, der die deutsche Telekommunikationsbranche verändert:

Internet-Milliardär Ralph Dommermuth will den drei deutschen Telefon- und Mobilfunk-Riesen Konkurrenz machen. Dazu schluckt der Online-Unternehmer aus dem Westerwald mit seinem Konzern United Internet ("1&1", "gmx.de") den kleineren Konkurrenten Drillisch. Mit der mehr als acht Milliarden Euro schweren Transaktion solle "eine starke vierte Kraft im deutschen Telekommunikationsmarkt" neben Telekom, Vodafone und Telefonica ("o2") aufgebaut werden, sagte Dommermuth am Freitag. Durch die Fusion der United-Internet-Telekom-Sparte mit Drillisch lassen sich nach seiner Schätzung pro Jahr 150 Millionen Euro einsparen. Mit Drillisch erhält United Internet zudem Zugriff auf die Netzkapazitäten von o2. Experten zufolge ist der hochattraktive Mobilfunk-Vertrag mit Telefonica das Juwel der kleinen Firma - und Hauptgrund für deren Kauf.

Drillisch ist mit Marken wie Yourphone und Smartmobil bekannt und wirbt mit Fußballspieler Lukas Podolski. Durch den Schulterschluss mit United Internet aus Montabaur entsteht ein Konzern mit 3,2 Milliarden Euro Umsatz und knapp acht Millionen Handy-Nutzern. Für sie können Drillisch und 1&1 künftig etwa Handys gemeinsam einkaufen und Mobilfunk- und Internet-Anschlüsse aus einer Hand anbieten. Doch der Rückstand auf die Konkurrenz ist gigantisch: Telekom, Vodafone und o2 haben jeweils 40 bis 45 Millionen Mobilfunk-Kunden. Der Markt ist gesättigt und die Branchenumsätze fallen wegen des Preiskriegs seit Jahren.

Börsianer jubelten über die Fusion. Die Aktien von Drillisch schossen um elf Prozent auf ein Rekordhoch von 54 Euro nach oben - das sind vier Euro mehr als United Internet ihnen für ihrer Papiere bietet. United Internet gewannen mehr als 13 Prozent. "Der Deal macht absolut Sinn", urteilte ein Händler. "Damit entsteht ein neuer großer Spieler am Markt."

United Internet und Drillisch haben keine eigenen Mobilfunknetze, sondern mieten die Dienste der drei Betreiber. Der einstige Vierte im Bunde - E-Plus - wurde 2014 von der Münchner o2 geschluckt. Die EU-Kommission genehmigte den 8,6 Milliarden Euro schweren Kauf nur mit der Auflage, dass es in Deutschland weiter Wettbewerb geben muss. Um die Bedingung zu erfüllen, vermietete o2 bis zu ein Drittel seiner Netzkapazität an Drillisch. Pikant daran: Auch Freenet ("Mobilcom Debitel") und United Internet waren daran interessiert, zogen in den Verhandlungen mit o2 aber den Kürzeren.

Vor zwei Jahren stieg Dommermuth mit United Internet mit 20 Prozent bei Drillisch ein. Seither spekulierten Analysten, dass er bei Gelegenheit auch den Rest kaufen würde, um sich Zugriff auf den o2-Vertrag zu sichern. Nun wurden sich Dommermuth und die Drillisch-Chefs einig. United Internet befreit sich damit aus einer Sackgasse, da die Gespräche mit dem langjährigen Partner Vodafone über einen Ausbau der Netznutzung stockten. "Vodafone verwehrte uns den Zugang zum schnellen Mobilfunk LTE", sagte Dommermuth am Freitag. Der o2-Vertrag umfasse auch neue Technologien wie den nächsten Mobilfunkstandard 5G. Er könne bis 2030 verlängert werden.

Die Transaktion ist kompliziert. United Internet bringt die Mobilfunk- und Festnetz-Tochter 1&1 Telecommunication für 5,85 Milliarden Euro bei Drillisch ein und übernimmt im Gegenzug in zwei Schritten die Mehrheit an dem Unternehmen aus Maintal bei Frankfurt. Die Beteiligung soll über zwei Kapitalerhöhungen auf 72,7 Prozent steigen. Geld fließt dabei nicht. Die Aktionäre von Drillisch erhalten ein Übernahmeangebot über 50 Euro je Aktie, das nur drei Prozent über dem Schlusskurs vom Donnerstag liegt. Nehmen es alle an - was nicht zu erwarten ist - müsste United Internet dafür 2,2 Milliarden Euro hinblättern. Drillisch soll aber an der Börse notiert bleiben.

Die Führung der künftigen Tochtergesellschaft übernimmt Dommermuth selbst, Drillisch-Chef Vlasios Choulidis wechselt in den Aufsichtsrat. Unter Dach und Fach sein soll die Übernahme bis Jahresende. Doch vorher müssen noch die Kartellwächter grünes Licht geben.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik Robert Habeck sollte endlich die Kehrtwende vollziehen - im Heizungskeller Deutschlands
03.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Finanzen
Finanzen Wirtschaftsstandort in der Kritik: Deutsche Ökonomen fordern Reformen
03.05.2024

Deutschlands Wirtschaftskraft schwächelt: Volkswirte geben alarmierend schlechte Noten. Erfahren Sie, welche Reformen jetzt dringend...

DWN
Politik
Politik Rheinmetall-Chef: Deutschland muss Militärausgaben um 30 Milliarden Euro erhöhen
03.05.2024

Armin Papperger, der CEO von Rheinmetall, drängt darauf, dass Deutschland seine Militärausgaben um mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Indische Arbeitskräfte im Fokus: Deutschland öffnet die Türen für Fachkräfte
03.05.2024

Die Bundesregierung strebt an, einen bedeutenden Anteil der indischen Bevölkerung nach Deutschland zu holen, um hier zu arbeiten. Viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie lege ich mein Geld an – wichtige Tipps für Anfänger
03.05.2024

Die Tipps zur Geldanlage können wirklich spannend sein, besonders wenn es darum geht, die eigenen finanziellen Ziele zu erreichen und eine...

DWN
Politik
Politik Die Bundesregierung macht Russland für den Cyberangriff auf SPD verantwortlich
03.05.2024

Im Januar des Vorjahres wurden die E-Mail-Konten der SPD von Hackern attackiert. Die Bundesregierung gibt nun "eindeutig" Russland die...

DWN
Finanzen
Finanzen Der komplette Guide zur Bankvollmacht: Sicherheit und Flexibilität im Finanzmanagement
03.05.2024

Eine Bankvollmacht kann entscheidend dafür sein, Sicherheit und Flexibilität in Ihren finanziellen Angelegenheiten zu gewährleisten....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fleischersatz auf dem Vormarsch: Deutschland erlebt Produktionsboom
03.05.2024

Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte gewinnen in Deutschland an Beliebtheit: Produktion verdoppelt sich seit 2019. Fleischkonsum...