Finanzen

Goldman Sachs empfiehlt Wetten auf steigenden Ölpreis

Goldman Sachs empfiehlt Wetten auf steigenden Ölpreis. (Dieser Artikel ist nur für Abonnenten zugänglich)
13.05.2017 02:03
Lesezeit: 2 min

Jeffrey Currie, Goldman Sachs-Chefanalyst für den Bereich Rohstoffe, erklärte dieser Tage auf einer Konferenz in London, er gehe von steigenden Ölpreisen aus, da es auf dem Ölmarkt bereits ein zu geringes Angebot gäbe. Deshalb empfiehlt er den Kauf von Long-Kontrakten, also Wetten auf steigende Öl-Preise, berichtet Oilprice.com. Die Investmentbank prognostiziert Gewinne auf Rohstoffpreise in der Größenordnung von 13,3 Prozent in den nächsten drei Monaten und 12,2 Prozent in den nächsten zwölf Monaten. Würde Goldman Sachs Short-Kontrakte empfehlen, würde die Investmentbank von einem Abwärtstrend beim Ölpreis ausgehen.

Die Empfehlung von Currie ist nicht nur auf den reinen Wertpapierhandel zurückzuführen. Zum Beispiel prognostizierte Goldman Sachs, dass zwischen März und April in den USA, Europa, Japan und Singapur ein ziemlich bescheidenes Inventar von nur sechs Millionen Barrel vorliegen werde, was viel niedriger ist als die typische 16-Millionen-Fass-Zunahme während dieser Jahreszeit. Goldman Sachs warnt auch davor, nicht zu viel in die außergewöhnlich hohen Lagerbestände in den USA hineinzuinterpretieren. Die USA hätten nämlich die niedrigsten Lagerkosten. Die US-Vorräte seien ein „Nachlaufindikator für die Neugewichtung“ auf dem Markt. Sie verändern sich als letztes.

Nach Angaben der US-Energieagentur EIA sind die Lagerbestände in den USA um 5,2 Millionen Barrel. Die Erwartungen auf dem Markt wurden damit übertroffen. Das führte dazu, dass die Preise für die Sorten WTI und Brent am Mittwochmittag um vier Prozent stiegen.

Im Juli könnte das Angebots-Defizit nach Angaben von Currie etwa zwei Millionen Barrel pro Tag betragen, was zu einer weiteren Ölpreis-Erholung führen würde.

Empfehlungen von Investmentbanken sind immer mit Vorsicht zu genießen: Oft empfehlen die Banken etwas, um einen Preis zu bewegen, handeln aber selbst nicht nach ihren Empfehlungen. Im Fall des Ölpreises könnte es aber tatsächlich sein, dass Goldman über stichhaltige Argumente verfügt: Die Bank sitzt mit sechs Mann in der US-Regierung und erlebt die Energiepolitik der Regierung aus erster Hand mit. US-Präsident Donald Trump hatte schon sehr früh in seiner Präsidentschaft angekündigt, auf Öl setzen zu wollen. Die US-Fracking-Industrie fördert auf Hochtouren, weil die USA eine Weltmacht bei Öl und Gas werden wollen. Mit Rex Tillerson ist der frühere ExxonMobil-CEO als Außenminister eine bestimmende Größe in Washington.

Im Verlauf der vergangenen Woche ist der Brent-Preis um etwa neun Prozent und der US-Ölpreis um rund zehn Prozent eingebrochen, berichtet Bloomberg. Experten begründeten dies mit der jüngsten Entwicklung in den USA. Während die OPEC-Länder ihre Produktion gedrosselt haben, wird sie in den USA immer weiter erhöht. US-Ölvorräte erlebten ihren größten Rückgang im aktuellen Jahr. Sie gingen ohnehin fünf Wochen in Folge zurück. Es wird erwartet, dass die OPEC auf ihrem Treffen am 25. Mai die nächste Förderkürzung beschließt. Goldman Sachs hatte bereits zuvor vor einer Angebotsknappheit gewarnt und den Kauf von Long-Kontrakten empfohlen.

Der Bloomberg-Öl-Experte Julian Lee ist der Ansicht, dass die OPEC-Produktionskürzungen erheblich vertieft werden müssten, um die OECD-Lagerbestände bis zum Jahresende zu tilgen – vor allem angesichts der gestiegenen Produktion aus Libyen und Nigeria. Hinzu kommt, dass die Kosten beim Fracking stetig sinken, was wiederum zu einer Erhöhung der Öl- und Gasproduktion führe. Der Boom in der Fracking-Industrie müsste demnach eher zu einem Rückgang des Öl-Preises führen. Analysten gehen davon aus, dass der Fracking-Boom weitaus schneller verlaufen könnte als die Förderkürzungen der OPEC und der Rückgang der Ölvorräte in den USA.

Allerdings könnte es sein, dass viele Öl-Länder in Bedrängnis geraten: Saudi-Arabien kämpft gegen die Pleite, in Venezuela herrscht Chaos. Lediglich Russland hält Kurs. Bleiben am Ende nur die USA und Russland übrig, könnten die beiden den Preis bestimmen. Der freundliche Empfang, den die US-Regierung dem russischen Außenminister in Washington beschert hat, deutet darauf hin, dass man sich der gemeinsamen Interessen bewusst ist. US-Außenminister Rex Tillerson hatte erst vor wenigen Tagen in einer Rede betont, dass sich die US-Politik künftig an Interessen und nicht mehr am Export von Werten orientieren will.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Großbritanniens leiser EU-Kurs: Rückkehr durch die Hintertür?
12.05.2025

Offiziell betont die britische Regierung unter Premierminister Keir Starmer weiterhin die Eigenständigkeit Großbritanniens nach dem...

DWN
Politik
Politik Frühere AfD-Chefin: Frauke Petry kündigt Gründung neuer Partei an - Alternative für die FDP?
11.05.2025

Die frühere Vorsitzende der AfD will vom kommenden Jahr an mit einer neuen Partei bei Wahlen antreten. Ziel der Partei soll sein, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands Zukunft? Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung
11.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...