Politik

Französischer EU-Kommissar: Euro-Bonds sind „absolut notwendig“

Der französische EU-Kommissar Moscovici hält Euro-Bonds für „absolut notwendig“, damit die Euro-Zone funktioniert.
02.06.2017 00:44
Lesezeit: 1 min

Die von der Bundesregierung abgelehnte Ausgabe gemeinsamer Staatsanleihen der Euro-Staaten ist nach Ansicht von EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici langfristig unumgänglich. Damit könnte die gefährliche Verbindung zwischen Banken und den Schulden ihrer Heimatländer durchbrochen werden, sagte Moscovici am Donnerstag laut Reuters in Brüssel. Kurzfristig könnten dazu Wertpapiere dienen, die mit nationalen Staatsanleihen besichert sind (SBBS). Langfristig sei aber die Entwicklung eines gemeinsamen Wertpapiers der Euro-Zone "absolut notwendig".

Die EU-Kommission sei sich der Widerstände gegen eine solche Idee bewusst, räumte Moscovici ein. Eine Vergemeinschaftung von Altschulden müsse vermieden werden. Gleichwohl gebe es Raum für andere Konstruktionen. Auch Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron hatte Mitte Mai in Berlin die Vergemeinschaftung von Altschulden ausgeschlossen, nicht aber generell sogenannte Eurobonds. Gemeinsame Schuldtitel werden von der Bundesregierung strikt abgelehnt.

In einem am Mittwoch vorgelegten Vorschlagspapier geht die EU-Kommission am Mittwoch auf die Möglichkeit gemeinsamer Wertpapiere ein. Die Brüsseler Behörde sucht nach Wegen, die Verzahnung von Banken und Euro-Ländern zu lockern und das Risiko von Staatsanleihen neu zu gewichten. Vor allem in Italien halten Geldhäuser besonders viele Anleihen ihres Landes, was beide Seiten anfällig für eine gegenseitige Verschärfung von Krisen sowohl im Finanzsektor als auch im staatlichen Bereich macht.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat rasche Schritte zur Stärkung der EU angemahnt. "Das Zeitfenster, das wir dafür haben, ist nicht groß. Wir haben bestenfalls die nächste Legislaturperiode in Deutschland und Frankreich, um Europa zukunftsfest zu machen", sagte der SPD-Politiker am Donnerstagabend bei der Verabschiedung des französischen Botschafters Philippe Etienne, der außenpolitischer Berater des neuen Präsidenten Emmanuel Macron wird. "Vieles spricht dafür, dass wir nur diese eine Chance bekommen."

Deutschland und Frankreich müssten dazu bereits im Juli auf dem gemeinsamen Ministerrat Vorschläge vorlegen. Macron wolle sein eigenes Land nach vorne bringen. "Aber wir Deutschen müssen die Hand reichen und manche unsere Orthodoxie beiseiteschieben." Bei Deutschland gehe es anders als früher "nicht mehr ums Leben, bei uns geht es nur ums Geld", sagte Gabriel. "Wir sind die großen Gewinner, politisch, ökonomisch, finanziell und kulturell."

Nötig sei etwa eine stärkere europäische Außen- und Verteidigungspolitik. "Wir Deutschen müssen aufpassen, dass wir nicht die in Falle gehen, die uns in Peking, Washington und Moskau gleichermaßen gestellt wird: Nämlich so zu tun, als müsse man immer nur mit uns reden", warnte der Minister. Europa sei aber auch mehr als Deutschland und Frankreich gemeinsam.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzverwalter: „Enorme Geldverbrennung“ bei Wirecard
11.07.2025

Der Anwalt Jaffé ist seit fünf Jahren mit der Sicherung des übrig gebliebenen Vermögens beschäftigt. Er fand nach eigenen Angaben im...

DWN
Finanzen
Finanzen Kupferpreis explodiert: Was Trumps Zollfantasien auslösen
11.07.2025

Eine 50-Prozent-Zollandrohung von Trump lässt den Kupferpreis durch die Decke schießen – und sorgt für ein historisches Börsenchaos....

DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....