Finanzen

Schulden werden für Staaten weltweit wieder teurer

Lesezeit: 2 min
30.06.2017 23:35
Die Renditen wichtiger Staatsanleihen in aller Welt steigen seit einigen Tagen deutlich.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Zinsen wichtiger Staatsanleihen steigen seit einigen Tagen. Beobachter deuten die Entwicklung hauptsächlich als Reaktion von Investoren auf Spekulationen, wonach die Europäische Zentralbank und die Bank of England ihre expansive Geldpolitik in den kommenden Monaten straffen werden. Dies würde nicht zuletzt dazu führen, dass sich die Finanzierungsbedingungen für die Staaten verschlechtern.

„Ende des vergangenen Jahres war die US-Zentralbank Federal Reserve die einzige Notenbank der zehn größten Wirtschaftsmächte, die im Begriff stand, ihre Geldpolitik im laufenden Jahr zu straffen“, wird ein Währungs-Analyst der niederländischen Rabobank von der Financial Times zitiert. „Nun, rund sechs Monate später, gibt es eine Debatte darüber, ob Zentralbanken wie die Bank of Canada, die Bank of England und die EZB ihre expansive Geldpolitik in den kommenden sechs Monaten zurückfahren werden.“

Analysten der ING Bank zufolge handelt es sich bei den jüngsten Äußerungen wie jenen von EZB-Präsident Mario Draghi um „verzweifelte Übungen zur Veränderung der öffentlichen Erwartungshaltung“, welche darauf abzielten, die Märkte auf die Zurücknahme geldpolitischer Notprogramme wie den Anleihe-Kaufprogrammen vorzubereiten. „Für die EZB wird es die Rücknahme des Anleihe-Kaufprogramms sein. Für die Bank of England wird es die Rücknahme der Leitzins-Senkung von Juni 2016 sein. Die genauen Abläufe dieser Anpassungen wird die Märkte in den kommenden Monaten beschäftigen.“

Die Rendite der zehnjährigen deutschen Staatsanleihen stieg am Freitag zum vierten Mal hintereinander auf 0,46 Prozent. Sie liegt damit so hoch wie zuletzt Mitte Mai. Renditen zehnjähriger britischer Papiere stiegen auf 1,26 Prozent, so hoch wie zuletzt im März. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen liegt derzeit bei 2,28 Prozent nachdem sie Mitte Juni bis auf 2,13 Prozent absackte.

Am Donnerstag sagt EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger, die Zentralbank sollte trotz hartnäckig niedriger Inflation eine Abkehr von der lockeren Geldpolitik in die Wege leiten. Die Preisentwicklung sei bei einer Teuerungsrate von zuletzt 1,3 Prozent zwar noch nicht auf „einem stabilen Trend“ hin zum EZB-Ziel von knapp zwei Prozent, sagte sie am Freitag in Berlin. Aber alle Voraussetzungen dafür seien gegeben und damit nur noch eine Frage von Zeit und Geduld. „Genau deswegen sollte die Geldpolitik sich schon jetzt darauf vorbereiten, den Weg in die Normalität anzutreten“, so die deutsche Währungshüterin im Führungsgremium der Europäischen Zentralbank (EZB). Entsprechend gelte es, die Kommunikation anzupassen.

Lautenschläger machte deutlich, dass sie die Hand für eine geldpolitische Normalisierung heben wird, sofern die Preise stabil anziehen: „Sobald wir einen stabilen Trend hin zu unserem Inflationsziel sehen, werde ich die Erste sein, die klar sagt: Wir müssen die Zügel wieder anziehen“, sagte Lautenschläger. Schon jetzt gelte es, sich auf andere Zeiten vorzubereiten: „Denn es gibt Grund, optimistisch zu sein.“ Die Wirtschaft im Euro-Raum erhole sich zunehmend und wachse seit gut vier Jahren langsam aber stetig. "Für Unternehmen wird es immer leichter, sich zu finanzieren, es werden mehr Kredite vergeben, und es wird mehr investiert", sagte die EZB-Direktorin.

Im Mai hatten Banken an Firmen außerhalb des Finanzsektors 2,4 Prozent mehr Darlehen als noch vor Jahresfrist vergeben. An Privathaushalte reichten sie sogar 2,6 Prozent mehr Kredite aus, vor allem dank zunehmender Hypothekenkredite.. In den großen Städten waren zuletzt die Preise für Immobilien kräftig angezogen. Deshalb nehmen Befürchtungen zu, die ultralockere Geldpolitik könnte, je länger sie anhalte, zu Preisblasen auf den Immobilien- und Aktienmärkten führen. Lautenschläger zufolge sind diese Sorgen berechtigt: „Und solche unerwünschten Risiken werden mit der Zeit größer, während die gewünschte Wirkung nachlässt“, warnte sie.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...

DWN
Politik
Politik Iranisches Atomprogramm: Teheran will mehr Uran anreichern
22.11.2024

Droht der Iran dem Westen mit neuen Atomwaffen? Die IAEA warnt, Teheran wehrt sich – und eskaliert die Urananreicherung. Jetzt könnten...

DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform kommt: Lauterbachs Reform passiert den Bundesrat
22.11.2024

Karl Lauterbach freut sich: Der Bundesrat hat das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" gebilligt, das Herzensprojekt des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoins-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch nahe 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
22.11.2024

Ein Bitcoin-Rekordhoch nach dem anderen - am Freitagmorgen kletterte der Bitcoin-Kurs erstmals über 99.000 US-Dollar. Seit dem Sieg von...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Memoiren „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Erinnerungen schönschreibt
22.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform: Entscheidung über Lauterbachs hoch umstrittenes Projekt heute im Bundesrat
22.11.2024

Krankenhausreform: Kommt sie jetzt doch noch? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht mit seinem hochumstrittenen Projekt vor...