Politik

Bundesländer wollen für den Diesel-Motor kämpfen

Die Bundesländer mit Autoindustrie geraten beim Thema Diesel zwischen die Fronten. Die angestrebten Fahrverbote könnten zahlreiche Arbeitsplätze kosten.
08.07.2017 01:57
Lesezeit: 2 min

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Die fünf Bundesländer mit großen Auto- und Autozulieferunternehmen wollen dem Umbruch in dieser Branche nicht tatenlos zuschauen. Besonders die Debatte um den Diesel-Treibstoff und mögliche Fahrverbote bringt sie jedoch in eine Zwickmühle. Die Politik wolle diesen „gewaltigen Transformationsprozess“ mitgestalten, sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Freitag in Berlin. Es handele sich um eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre: Es gehe um „viel Wertschöpfung“, andererseits aber auch um „gute Luft in unseren Städten“ und den Klimaschutz, zitiert ihn AFP.

Die Ministerpräsidenten der fünf Bundesländer mit den wichtigsten Automobil-Standorten lehnen Zwangsmaßnahmen zur Verringerung giftiger Diesel-Abgase ab. Stattdessen sprachen sie sich für freiwillige Lösungen aus. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) forderte dazu bundesweite Vereinbarungen mit den Auto-Herstellern. Er hoffe, dass es im August dazu komme. Einig waren sich die fünf Regierungschefs auch darin, den Ausbau von Lade-Stationen für E-Autos zügig voranzubringen.

Die Ministerpräsidenten Bayerns, Baden-Württembergs, Nordrhein-Westfalens, Hessens und Niedersachsens verabschiedeten ein Positionspapier, in dem als Ziel ausgegeben wird: „Rasche Verbesserung der Flottenwerte bei Diesel-Fahrzeugen durch kostenfreie Nachrüstungen für Kunden von Diesel-Pkw durch Kostenübernahme durch die Automobilindustrie und durch Anreize für den Kauf von Euro-6d-Temp- und EURO-6d-Diesel-Pkw.“ Gleichzeitig bekannten sie sich dazu, dass der Dieselmotor Teil der Automobilproduktion bleiben solle: „Die moderne und saubere Dieseltechnologie spielt (...) gerade in Hinblick auf die CO2-Reduktion zur Einhaltung der Klimaziele neben Fahrzeugen mit alternativen Antrieben noch auf Jahre eine wichtige Rolle.“

Die fünf Ministerpräsidenten waren sich einig darin, dass Nachrüstungen älterer Dieselfahrzeuge zur Verringerung gesundheitsschädlicher Abgase „zu Lasten der Wirtschaft“ gehen müssen, wie Bayerns Regierungschef Horst Seehofer (CSU) sagte. Hier müsse es allerdings eine bundesweite Verständigung geben: „Wir wollen, dass im August die Frage abschließend gelöst wird.“

Am 2. August soll zum ersten Mal das Nationale Forum Diesel zusammenkommen, zu dem Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) auch die Autohersteller gebeten haben. Der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, hatte vor einigen Tagen bekräftigt, die Hersteller würden die Nachrüstung der Software in älteren Dieselfahrzeugen bezahlen, die nur die Abgasnorm Euro 5 erfüllen. Die Frage, wer die Werkstattkosten bezahlt, würden die Hersteller am 2. August beantworten, sagte Wissmann.

Die Autoindustrie steht vor einem Dilemma: In vielen Innenstädten drohen wegen der hohen Feinstaubbelastung gerichtliche Fahrverbote. Mitverantwortlich sind vor allem Dieselfahrzeuge. Gleichzeitig stoßen diese weniger Kohlendioxid aus als Benziner. Elektroautos andererseits werden wegen des hohen Preises, fehlender Ladesäulen und einer geringen Reichweite der Autos wenig nachgefragt. Die seit einem Jahr gültige Prämie für den Kauf von Elektroautos wurde bislang kaum nachgefragt. In der Autoindustrie in Deutschland arbeiten mehr als 800.000 Menschen, der Umsatz beträgt über 400 Milliarden Euro.

Die fünf Ministerpräsidenten legten am Freitag ein gemeinsames Positionspapier vor, in dem sie gemeinsame, länderübergreifende Projekte ankündigten - etwa eine Ladeinfrastruktur-Offensive, eine bessere Verknüpfung verschiedener Verkehrsträger, den Austausch bei der Batteriezellenforschung oder finanzielle Anreize für den Kauf von neuen Diesel-Pkw mit niedrigeren Abgaswerten.

Seehofer schlug vor, die bislang nicht abgerufenen Gelder aus dem Fördertopf für den Kauf von Elektro- und Hybridautos auch etwa für die „Umstellung“ von Bussen und Taxen auf abgasärmere Antriebe zu verwenden. Im Fördertopf sind von den zur Verfügung stehenden 1,2 Milliarden Euro Medienberichten zufolge erst etwa 82 Millionen Euro verbraucht.

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