Russland hat erstmals Gegenmaßnahmen gegen die Ausweisung von russischen Diplomaten und die Beschlagnahme von zwei den Russen gehörende Gebäude in den letzten Tagen der Amtszeit des damaligen US-Präsidenten Brack Obama ergriffen. Das Außenministerium in Moskau ordnete am Freitag an, dass die USA binnen eines Monats ihr diplomatisches Personal auf 455 Personen verringern müssen. Das entspricht einer Halbierung. Die Maßnahme müsse bis zum 1. September umgesetzt werden, zititiert die TASS den stellvertretenden russischen Außenminister Sergei Rybakow. Zudem dürfe die Botschaft ab dem 1. August ein Lagerhaus und einen Gebäudekomplex in Moskau nicht mehr nutzen.
Die Maßnahme ist auch eine Reaktion auf die neuen Maßnahmen, die der Kongress und der Senat gegen Russland beschlossen haben. Die neuen US-Sanktionen verstießen gegen das Völkerrecht und bestätigten "die extreme Aggression der USA in internationalen Angelegenheiten", erklärte das russische Außenministerium. Bis zum 1. September haben die USA Zeit, ihr diplomatisches Personal von etwa 1100 auf 455 zu verringern. Das wäre nach russischen Angaben dieselbe Zahl an Diplomaten, die Russland in den USA verblieben sind, nachdem die US-Regierung im Dezember 35 Russen ausgewiesen hatte. Sollten die USA weitere russische Diplomaten ausweisen, werde man mit gleicher Münze reagieren, erklärte das Ministerium in Moskau.
Russland hatte in den vergangenen Monaten auf dem Verhandlungsweg versucht, eine Lösung für die US-Gebäude zu erreichen. Diese Verhandlungen brachten jedoch offenkundig kein Ergebnis.
Der US-Botschafter in Moskau protestiert gegen die Reaktion der russischen Regierung auf US-Sanktionen. Botschafter John Tefft habe seine tiefe Enttäuschung und seinen Protest über die Anordnung geäußert, die Personalstärke der US-Botschaft in Moskau zu halbieren, teilte ein Vertreter Mitarbeiter des US-Außenministeriums am Freitag mit.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow bot laut TASS seinem US-Kollegen Rex Tillerson trotz der neuen Spannungen an, zu einer Normalisierung der Beziehungen zurückzukehren. Lawrow sagte, es sei möglich, dass beide Länder ihr Interessen vertreten und dennoch zusammenarbeiten.
Der US-Senat hatte am Donnerstag trotz Kritik aus Europa mit großer Mehrheit für eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland gestimmt. US-Präsident Donald Trump muss das Gesetz, das auch Strafmaßnahmen gegen Nordkorea und den Iran vorsieht, noch unterschreiben. Kritik kam auch von der Bundesregierung. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte, man werde eine extra-territoriale Anwendung der US-Sanktionen gegen europäische Firmen "auf keinen Fall akzeptieren".
Der Gesetzentwurf wurde im Senat mit 98 zu zwei Stimmen angenommen. Trump könnte sein Veto einlegen, was aber durch eine Zwei-Drittel-Mehrheit beider Parlamentskammern ausgehebelt werden könnte. Das Repräsentantenhaus hatte bereits mit 419 zu 3 Stimmen für den Entwurf gestimmt. Trump hat noch offengelassen, wie er sich dazu stellt. Sein Kommunikationschef Anthony Scaramucci hatte gesagt, Trump könne den Text so wie er vorliege abzeichnen, könnte aber auch sein Veto mit dem Ziel einlegen, eine noch schärfere Formulierung zu erreichen.
Viele europäische Politiker haben kritisiert, dass sich die USA mit den neuen Sanktionen wirtschaftliche Vorteile verschaffen wollten. So warnte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries zuletzt vor einem Handelskrieg.
Die EU bereitet ein breites Spektrum an Gegenmaßnahmen vor.
"Ich halte die nun vom Senat getroffene Beschlussfassung für falsch und gefährlich", sagte Wirtschafts-Staatssekretär Matthias Machnig zu Reuters. Der Gesetzentwurf sehe extra-territoriale Sanktionen vor, wirke sich also auch auf nicht-amerikanische Firmen aus. "Das zielt auch auf unsere Energieversorgung in Europa und ist ein ernsthaftes Thema für den Wirtschaftsstandort", kritisierte der SPD-Politiker.
Nach Ansicht deutscher Industrievertreter wollen die USA etwa die Pipeline Nord Stream 2 verhindern, mit der mehr Erdgas von Russland über die Ostsee nach Deutschland gepumpt werden soll. Die USA sind eines der wichtigsten Energieförderländer, während Europa den größten Teil des Bedarfs importieren muss.
Die EU und die USA hatten nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim gemeinsam Sanktionen gegen Russland verhängt. Obwohl die Bundesregierung dabei eine vergleichsweise harte Haltung einnimmt, rechnet die Industrie damit, dass die Ausfuhren nach Russland 2017 um 20 Prozent steigen werden.
Das überparteiliche Votum in beiden US-Kongresskammern ist ungewöhnlich, weil sich Demokraten und Republikaner gerade bei Themen wie der Gesundheitsreform Obamacare erbittert bekämpfen. Die Abgeordneten stimmten auch dafür, Nordkorea und den Iran wegen der Raketenprogramme und Menschenrechtsverstößen zu bestrafen. So soll es für ausländische Banken Konsequenzen haben, wenn sie Geschäfte mit Nordkorea abwickeln.