Politik

Nordkorea hat kaum militärische Mittel für einen Krieg gegen die USA

Nordkorea stellt nach Ansicht von Beobachtern keine ernste militärische Bedrohung für die Vereinigten Staaten dar.
11.08.2017 17:10
Lesezeit: 2 min

In den vergangenen Jahren hatte Nordkorea als Reaktion auf gemeinsame Militärmanöver zwischen den USA und Südkorea damit gedroht, einen atomaren Präventivschlag gegen die USA ausführen zu wollen. Beobachter bezweifeln allerdings, dass das Land dazu in der Lage ist.

Im Jahr 2013 veröffentlichten die US-Medien einen Geheimdienstbericht, wonach Nordkorea zwar in der Lage sein könnte, Nuklearwaffen einzusetzen. Allerdings würden jene Waffen ihre Ziele mit einer „geringen Zuverlässigkeit“ treffen. Das Pentagon wies den Bericht zurück. Es sei „ungenau“ zu behaupten, dass „die nuklearen Fähigkeiten vollständig getestet, entwickelt oder demonstriert“ wurden.  Die US-Organisation Federation of American Scientists schätzt die Plutonium-Sprengköpfe in Nordkorea auf weniger als zehn, so CNN. Das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI schätzt die Zahl der Plutonium-Sprengköpfe auf sechs bis acht, berichtet The Economist.

Selbst wenn die Regierung in Pjöngjang mehrere atomar bestückte Raketen abfeuern würde, kämen diese wahrscheinlich nicht in ihrem Ziel an.

Nach einer Aufstellung von Missile Defense Advocacy (MDAA) befinden sich in der Pazifik-Region, an der US-Ost- und Westküste, in Europa und im Nahen Osten zahlreiche US-amerikanische Raketenabwehrsysteme, die einen erfolgreichen Raketenbeschuss verhindern können. All diese Systeme hätten die Fähigkeit, Nordkoreas Raketenabschüsse abzufangen. Alleine in Japan und Südkorea befinden sich insgesamt zehn US-Raketenabwehrsysteme. Dazu gehören die beiden Aegis BMD-Schiffe in Yokosuka und Pearl Harbor (Japan), die drei Patriot-Systeme (PAC-3) auf dem Luftwaffenstützpunkt Osan (Südkorea), Camp Carroll (Südkorea) und Okinawa (Japan), das THAAD-System auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Guam (Südkorea), ein Aegis Ashore-System in Pearl Harbor, ein bodengestütztes Radar der Klasse AN/TPY-2 auf dem Stützpunkt Shariki (Japan), ein weiteres AN/TPY-2 auf dem Kyogamisaki-Stützpunkt (Japan) und eine schwimmende, mobile Radarstation der (X-Band-Radar) bei Pearl Harbor. Das geht aus einer Grafik der Missile Defense Advocacy (MDAA) hervor.

Hinzu kommt, dass Nordkorea wahrscheinlich über zu wenig Raketen mit ausreichender Reichweite verfügt. MDAA erläutert in einer Analyse, dass Nordkorea über vier Raketenklassen verfügt, die derzeit einsatzfähig sind. Dazu gehören die Hwasong-5 (300 Kilometer Reichweite), die Hwasong-6 (500 Kilometer Reichweite), die Rodong (1.300 Kilometer Reichweite) und die Musudan (über 3.000 Kilometer Reichweite). Die Taepodong-1 mit einer Reichweite von 2.500 Kilometer wurde erst getestet. Die Taepodong-2 und die Nodong C befinden sich noch in Entwicklung. Während Nordkorea 50 Stück von den Musudan-Raketen haben soll, ist die Anzahl der restlichen Raketen unbekannt.

Auch bezüglich der konventionellen militärischen Ausrüstung ist Nordkorea gegenüber den USA und ihren Verbündeten benachteiligt. Das Land verfügt über eine Armee mit 6,4 Millionen Menschen. 945.000 sind aktiv und 5,5 Millionen sind Reservisten, berichtet Global Firepower. Nach Angaben der Zeitung The Telegraph verfügt das Land über 3.500 einsatzfähige Panzer. Allerdings handelt es sich dabei um ältere Versionen der Panzerklassen T-34, T-54, T-55 und T-62. Die nordkoreanische Marine verfügt über 72 taktische U-Boote, drei Fregatten und fast 400 Patrouillenschiffe. Die nordkoreanische Luftwaffe hat schätzungsweise 563 Kampffähige Flugzeuge -  weitgehend chinesisch gebaute J-5, J-6 und J-7 aus den 1950er und 1960er Jahren.

Letztendlich, so glauben einige Beobachter, stehe hinter den verbalen Aggressionen und den Raketentests der Wunsch nach einem Friedensvertrag mit den USA und ihren Verbündeten – den es auch nach über 60 Jahren nach Beendigung des Korea-Krieges im Jahr 1953 nicht gibt. Nordkorea hatte in den vergangenen Jahrzehnten durchgehend eine kriegerische Rhetorik eingesetzt, um seinen Feinden zu drohen. Seit dem Jahr 1994 hat die Regierung Pjöngjang mehrmals gedroht, Südkorea in ein „Meer aus Feuer“ zu verwandeln. Nachdem US-Präsident George W. Bush im Jahr  2002 Nordkorea als Teil der „Achse des Bösen“ umschrieb, drohte Pjöngjang damit, „die Angreifer auslöschen“ zu wollen. Im Jahr 2012 drohte Nordkorea damit, einen „gnadenlosen heiligen Krieg“ gegen Südkorea führen zu wollen. „Wenn man den nordkoreanischen Medien folgt, beobachtet man ständig eine kriegerische Sprache, die gegen die USA und Südkorea gerichtet ist. Gelegentlich wird Japan mit einbezogen. Es ist schwer zu wissen, was ernst zu nehmen ist“, sagte John Delury von der südkoreanischen Yonsei-Universität dem Sender BBC.

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