Finanzen

Elektroautos: Chinas Quote bringt deutsche Autobauer in Bedrängnis

Lesezeit: 3 min
05.10.2017 17:08
Die von der chinesischen Regierung eingeführte Quote für Elektroautos bringt die deutschen Autobauer in Bedrängnis.
Elektroautos: Chinas Quote bringt deutsche Autobauer in Bedrängnis

Mehr zum Thema:  
Auto >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Auto  

Die von der chinesischen Regierung eingeführte Quote für Elektro- und Hybridautos bringt deutsche Autobauer in Schwierigkeiten. Ab dem Jahr 2019 müssen alle Fahrzeughersteller, die mehr als 30.000 Autos in der Volksrepublik verkaufen, mindestens 10 Prozent ihrer Fahrzeuge als Elektro- oder Hybridauto anbieten. Wer das nicht kann, muss sich im Rahmen eines Programmes Punkte kaufen, welche faktisch Geldstrafen gleichen. Im Jahr 2020 soll die Quote dann bereits auf 12 Prozent angehoben werden, heißt es in einer Mitteilung des chinesischen Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie.

Der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen sagte zu den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Dass Autobauer bei neuen Anforderungen nicht gleich ‚Hurra‘ rufen ist ja nichts Neues. Aber BMW und Daimler sind seit einigen Jahren eher mit ‚gedämpftem‘ Schwung mit ihren Joint-Ventures Denza und Zhinoro bei Elektroautos in China unterwegs. Das sah bisher eher wie ein Alibi statt eines ernsthaften Programms aus. Man hat das Thema einfach wenig ernst genommen und läuft jetzt der Zeit hinterher. VW macht große Sprünge und Investitionen nach vorne. Also, hätte man vor einigen Jahren die Dinge ernst genommen, müsste man jetzt nicht jammern.“

Eine Sprecherin des Europäischen Automobilherstellerverbandes bezeichnete die Einhaltung der Quote als „herausfordernd“, berichtet der EUObserver. Zum Automobilherstellerverband gehören auch die deutschen Produzenten Volkswagen, Daimler, BMW und die VW-Tochter Audi. Sie alle sind von der Quote betroffen, weil sie im vergangenen Jahr zwischen 500.000 (BMW) und 4 Millionen (VW) Autos in China verkauft hatten.

Dudenhöffer zufolge wird die Einhaltung der Quote für die deutschen Hersteller nicht einfach sein. „Man wird es sicher versuchen. Das Problem bei ‚Late Starter‘ ist, dass man der Zeit hinterherrennt. Aber nach 2020 bin ich sicher, dass die Quoten erfüllt werden. China wird dann der weltweit wichtigste Produktionsstandort für Elektroautos sein. Da werden viele Ländern wie Deutschland oder Japan bei den Produktionsstandorten auf der Verliererseite sein. Die Autobauer werden es schaffen. Die Frage: Wie gut schaffen es die klassischen Produktionsländer wie Deutschland? Je länger bei uns die Bundesregierung über die langfristige Zukunft des Verbrennungsmotors schwadroniert, um schwerer werden wir es haben, den Autoproduktionsstandort Deutschland auf dem heutigen Niveau zu halten.

Nach außen hin gibt sich Volkswagen gelassen. Ein Sprecher sagte zu den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Die Volkswagen-Gruppe begrüßt die starken Bemühungen der chinesischen Regierung, einen Markt für Elektroautos in China zu etablieren. Das passt exakt zu unserer neulich vorgestellten ‚Roadmap E‘ – der umfassendsten Elektrifizierungsinitiative in der globalen Automobilindustrie. In China haben wir bereits mit der Fertigung von Elektroautos begonnen. In den kommenden 2 bis 3 Jahren werden wir etwa 15 lokal gebaute Modelle auf den Markt bringen. Wir sind darauf vorbereitet, unseren Kunden bis 2020 rund 400.000 und bis 2025 rund 1,5 Millionen Elektroautos zu verkaufen.“

Da China aber der wichtigste Wachstumsmarkt für die deutsche Automobilindustrie ist, wird die Quote wahrscheinlich zu einer kostenintensiven strategischen Kehrtwende bei jenen Herstellern führen müssen, welche in der Vergangenheit statt auf Elektromotoren eher auf die Weiterentwicklung des Diesel gesetzt hatten.

Dem Europäischen Automobilherstellerverband zufolge stehen die Aussichten für die Autobauer, die Quote noch abzumildern, schlecht. „In China ist es ein und dieselbe Institution, die den Markt sowohl reguliert als auch die wettbewerblichen Anreize setzt. Auf der einen Seite setzt die Regierung die Regeln fest, an die sich die Autobauer halten müssen. Auf der anderen Seite ist sie auch verantwortlich dafür, die Rahmenbedingungen und Anreize für die Elektromobilität zu setzen. Sowohl Zuckerbrot als auch Peitsche werden so von einer Behörde kontrolliert“, heißt es in der Stellungnahme des Verbandes.

In der Europäischen Union hingegen werden die Rahmenbedingungen und Anreize von den 28 Mitgliedsstaaten gesetzt und die EU-Kommission möchte derzeit keine EU-weite Quote einführen. „Wir unterscheiden nicht zwischen verschiedenen Antriebstechnologien“, sagte Kommissionsprecherin Mina Andreeva im August. Auch der Europäische Automobilherstellerverband ist gegen eine verbindliche Quote.

Dudenhöffer sieht in der Quote Chinas eine gute Maßnahme, um der Elektromobilität auch in Europa zum Durchbruch zu verhelfen. „Absolut ja. Die Quote gibt Berechenbarkeit. Was will ein Investor mehr als ein klares Bild für die Zukunft. Mit der Quote kann doch jeder den Marktbedarf und seine Investitionen vernünftig kalkulieren. So wie es in Deutschland läuft ist es ein Lotteriespiel, bei dem dann Politiker vor irgendwelchen Wahlen irgendwelche, wenig verlässliche, vollmundeigen Ankündigungen machen. Das ist das Schlimmste, was einem Investor passieren kann. Wenn man den Umstieg der Mobilität will, dann muss man auch Termine und Daten dahinter setzen. Sonst bleiben nur Investitionsruinen übrig. Also, die Chinesen werden das Rennen um die Elektromobilität gewinnen, weil sie es professionell – sprich mit planbaren Parametern – also der Quote – unterfüttern.“

Einem aktuellen Bericht des Verbandes zufolge entfielen im ersten Halbjahr 2017 etwa 1,2 Prozent aller Autoverkäufe in der EU auf elektrisch aufladbare Fahrzeuge – was auch Hybridautos miteinschließt.


Mehr zum Thema:  
Auto >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Robert Habeck sollte endlich die Kehrtwende vollziehen - im Heizungskeller Deutschlands
03.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Finanzen
Finanzen Wirtschaftsstandort in der Kritik: Deutsche Ökonomen fordern Reformen
03.05.2024

Deutschlands Wirtschaftskraft schwächelt: Volkswirte geben alarmierend schlechte Noten. Erfahren Sie, welche Reformen jetzt dringend...

DWN
Politik
Politik Rheinmetall-Chef: Deutschland muss Militärausgaben um 30 Milliarden Euro erhöhen
03.05.2024

Armin Papperger, der CEO von Rheinmetall, drängt darauf, dass Deutschland seine Militärausgaben um mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Indische Arbeitskräfte im Fokus: Deutschland öffnet die Türen für Fachkräfte
03.05.2024

Die Bundesregierung strebt an, einen bedeutenden Anteil der indischen Bevölkerung nach Deutschland zu holen, um hier zu arbeiten. Viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie lege ich mein Geld an – wichtige Tipps für Anfänger
03.05.2024

Die Tipps zur Geldanlage können wirklich spannend sein, besonders wenn es darum geht, die eigenen finanziellen Ziele zu erreichen und eine...

DWN
Politik
Politik Die Bundesregierung macht Russland für den Cyberangriff auf SPD verantwortlich
03.05.2024

Im Januar des Vorjahres wurden die E-Mail-Konten der SPD von Hackern attackiert. Die Bundesregierung gibt nun "eindeutig" Russland die...

DWN
Finanzen
Finanzen Der komplette Guide zur Bankvollmacht: Sicherheit und Flexibilität im Finanzmanagement
03.05.2024

Eine Bankvollmacht kann entscheidend dafür sein, Sicherheit und Flexibilität in Ihren finanziellen Angelegenheiten zu gewährleisten....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fleischersatz auf dem Vormarsch: Deutschland erlebt Produktionsboom
03.05.2024

Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte gewinnen in Deutschland an Beliebtheit: Produktion verdoppelt sich seit 2019. Fleischkonsum...