Finanzen

Ifo-Institut: Mehr Zentralisierung führt zum Kollaps der Eurozone

Eine weitergehende Zentralisierung in der EU könnte nach Meinung des Ifo-Instituts zum Zerfall der Eurozone führen.
11.10.2017 17:05
Lesezeit: 1 min

Dem Vorsitzenden des Münchener Ifo-Instituts, Clemens Fuest, zufolge könnte eine stärkere Zentralisierung im Bereich der Finanzen in Europa den Zusammenbruch der Eurozone einleiten.

„Ein Euro-Parlament, ein gemeinsamer Eurozonen-Haushalt, ein europäischer Finanzminister – all diese Dinge werden die Probleme der Eurozone nicht lösen, sondern sie noch verschlimmern“, wird Fuest vom englischsprachigen Dienst von Reuters zitiert.

Fuest erwartet, dass eine Transferunion – bei der finanziell stärkere Staaten für Bankenkrisen in anderen Euro-Staaten mit dem Geld ihrer Steuerzahler haften – einen Auflösungsprozess in Gang bringen könnte. „Einige machen Druck für mehr Transfers in der Eurozone. Das ist gefährlich. Wenn wir uns die Vorgänge in Katalonien anschauen, dann bekommen wir eine Vorahnung davon, was der Eurozone droht, wenn wir die Währungsunion zu einer sogenannten Transferunion machen. Dann werden wohlhabendere, kleinere Länder austreten.“

Besonders der französische Präsident Emanuel Macron macht sich für eine stärkere Integration der Eurozone stark. 

Die EU-Kommission schlägt vor, die Einführung einer EU-weiten Einlagensicherung (Edis) in mehreren Schritten zu verwirklichen. Diese soll der Kommission zufolge langsamer eingeführt werden als bislang geplant. In einer ersten Phase sollen bei Bank-Pleiten die Guthaben der Sparer gesichert, nicht aber die Verluste des Finanzhauses aufgefangen werden, erklärte die EU-Kommission am Mittwoch und bestätigte damit eine Reuters-Meldung von voriger Woche. Erst in einer zweiten Phase sollen dann auch die roten Zahlen des Geldinstituts ausgeglichen werden. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Bank ihre ausfallgefährdeten Kredite deutlich reduziert habe.

Kriterien für einen dafür notwendigen Test bei den Banken in der EU legte die Kommission nicht fest. Die Behörde sei hier offen für Gespräche mit den Mitgliedstaaten und dem Europaparlament, sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Er bekräftigte, dass das Ziel weiter ein „hundertprozentig europäisches System“ bleibe – also eine vollständige gemeinschaftliche Haftung. Dass es nun nur zwei statt drei Phasen gebe mache da „keinen so großen Unterschied“.

Hinter dem Vorschlag steht die Absicht, die Bedenken im Europäischen Parlament und unter den Mitgliedsländern zu zerstreuen. Edis stößt insbesondere in der Bundesregierung und bei deutschen Banken auf Skepsis. Die Geldhäuser fürchten, dass sie in Haftung genommen werden, wenn Institute in anderen Mitgliedsländern in Schieflage geraten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...