Finanzen

Commerzbank bereitet sich auf Übernahme vor

Die Commerzbank soll die Investmentbanken Goldmans Sachs und Rothschild angeheuert haben, um eine drohende Übernahme abzuwehren.
24.10.2017 10:38
Lesezeit: 2 min

Die Commerzbank wappnet sich Insidern zufolge mit Hilfe von zwei Investmentbanken für eine mögliche Übernahmeschlacht. Die Bank habe Goldman Sachs und Rothschild angeheuert, die sie bei Abwehrmaßnahmen beraten und alternative Möglichkeiten prüfen sollen, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Institute wollten sich dazu nicht äußern.

Auf Anfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten sagte ein Sprecher der Commerzbank: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir Marktgerüchte oder Spekulationen grundsätzlich nicht kommentieren.“

In den vergangenen Wochen hatten mehrere ausländische Konkurrenten Interesse an dem Frankfurter Geldhaus gezeigt – etwa die italienische Großbank UniCredit sowie die französischen Großbanken BNP Paribas und Credit Agricole. Dazu haben die Fusionsfantasien durch eine mögliche Beteiligung der FDP an der künftigen Bundesregierung neuen Schwung bekommen. Der Bund ist mit 15,6 Prozent größter Aktionär der Commerzbank.

Im Sommer hatte der Einstieg des US-Finanzinvestors Cerberus für Aufsehen gesorgt, der mit einem Anteil von gut fünf Prozent zum zweitgrößten Commerzbank-Aktionär aufstieg. Cerberus ist auch Mehrheitseigentümer der österreichischen Bank Bawag, die kurz vor dem größten Börsengang in der Geschichte der Wiener Börse steht. Cerberus kann daraus mit einem Milliardenerlös rechnen. Die Bawag hatte vor wenigen Monaten die kleine Stuttgarter Südwestbank übernommen und ist auf der Suche nach weiteren Gelegenheiten in Deutschland. Der Einstieg von Cerberus sei der Auslöser für den Commerzbank-Vorstand gewesen, die Berater an Bord zu holen, sagte einer der Insider.

Übernahmefantasien haben die Commerzbank-Aktie in den vergangenen Monaten immer wieder angetrieben. Am Dienstag kletterte sie um bis zu vier Prozent auf 11,92 Euro, seit Jahresbeginn kommt sie auf ein Plus von 60 Prozent. Doch damit ist die Commerzbank-Aktie immer noch weit von der Summe entfernt, die der Bund erlösen müsste, um sich von seiner Beteiligung an dem Geldhaus ohne Verlust trennen zu können. In der Finanzkrise 2008/09 hatte der Staat der Großbank mit gut 18 Milliarden Euro geholfen – über eine „stille Einlage“ und mit einer Aktienbeteiligung von zunächst 25 Prozent.

Der Bund müsste für seine Aktien jeweils rund 26 Euro erhalten, um sie nicht unter dem Preis zu verkaufen, den er einst bezahlt hat. Nach anderen Kalkulationen könnten auch 18 Euro reichen, damit er unter dem Strich ohne Verlust aus seinem Engagement herauskommt. Schließlich hat er von der Commerzbank Zinsen und Gebühren kassiert: Bei der Rückzahlung der stillen Einlage zahlte die Bank etwa eine Vorfälligkeitsentschädigung von einer Milliarde Euro. Das Finanzministerium wird nicht müde zu betonen, man wolle „für den Steuerzahler perspektivisch ein gutes wirtschaftliches Ergebnis erzielen. Wir stehen nicht unter Zeitdruck.“

Auch FDP-Chef Christian Lindner sieht keinen Grund zur Eile. Doch es gibt auch andere Meinungen in Berlin: „Man wird irgendwann einen Verlust realisieren müssen“, sagte ein Politiker, der in einer neuen Koalitionsregierung eine wichtige Rolle spielen könnte. Er sehe niemanden, der die Beteiligung langfristig behalten wolle.

Unicredit hat bereits gegenüber der Bundesregierung Interesse an dem Frankfurter Geldhaus signalisiert, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen Reuters sagten. Unicredit-Chef Jean-Pierre Mustier kommt bei der Sanierung der HypoVereinsbank-Mutter voran und schaut sich laut Insidern nach möglichen Partnern um, um nach dem Ende des Umbaus in zwei Jahren schnell handeln zu können.

Credit Agricole will sich nach den Worten von Vorstandschef Philippe Brassac mit einem Einstieg bei der Commerzbank beschäftigen, wenn das Geldhaus auf den Markt kommt. BNP Paribas hat sich zum Ziel gesetzt, in den kommenden Jahren auch ohne Zukäufe stark in Deutschland zu wachsen.

Die Hindernisse für eine grenzüberschreitende Fusion sind trotz der europäischen Bankenunion erheblich. Unklar ist, ob der Bund überhaupt bereit wäre, den größten Finanzier des deutschen Mittelstands in ausländische Händen zu geben. Für einige Beobachter hätten daher auch eine Fusion der Deutschen Bank und der Commerzbank ihren Charme. Im Sommer 2016 loteten die Spitzen der beiden Banken ein Zusammengehen aus. Der „Sommerflirt"“ wurde aber rasch wieder beendet. Beide Geldhäuser waren sich einig, dass sie erst einmal aufräumen müssen, bevor sie über weitergehende Schritte nachdenken können.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...