Finanzen

Türkische Lira stürzt ab: Erdogan kündigt Kampf gegen „Zinslobby“ an

Lesezeit: 2 min
17.11.2017 16:54
Der türkische Präsident Erdogan hat die Unabhängigkeit der Zentralbank öffentlich hinterfragt.
Türkische Lira stürzt ab: Erdogan kündigt Kampf gegen „Zinslobby“ an

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schießt sich immer stärker auf die Notenbank ein und hinterfragt deren Unabhängigkeit. Die Zeitung Habertürk zitierte den Staatschef am Freitag mit den Worten: „Wir sind entschlossen, uns die Zinslobby und die Zinsen vorzunehmen.“ Nächste Woche werde voraussichtlich ein Spitzentreffen einberufen, an dem auch der Ministerpräsident, Ressortchefs und Vertreter staatlicher Banken teilnehmen würden.

Erdogan hat sich selbst als „Feind von Zinsen“ bezeichnet und die Notenbank mehrfach scharf attackiert. Er hält den aktuellen geldpolitischen Schlüsselsatz in der Türkei von 8,0 Prozent für viel zu hoch. Investitionen drohten dadurch gehemmt zu werden, warnte er in Ankara vor Vertretern seiner regierenden AK-Partei. Es habe nur zu der derzeitigen Situation kommen können, da die Regierung nicht bei der Zentralbank eingegriffen habe: „Dabei heißt es doch immer: Die Notenbank ist unabhängig, also mischen Sie sich nicht ein.“

Die Landeswährung Lira gab nach den Äußerungen zum Dollar nach. Erdogan ist der Ansicht, dass hohe Zinsen die Inflation anheizen. Dies widerspricht gängiger Lehrauffassung. Der Staatschef hat bereits die Finanzbranche seines Landes wegen angeblich zu hoher Kreditzinsen kritisiert und zur Senkung aufgefordert.

İpek Özkardeşkaya von der London Capital Group sieht auch externe Faktoren als Auslöser für den Wertverfall der türkischen Lira. Sie sagte dem Blatt TIMETURK: „Das Handelsbilanzdefizit ist noch schlechter ausgefallen als erwartet. Die Notenbank hat keine Veränderungen beim Leitzins vorgenommen. Diese beiden Tatsachen haben zu einem Umfeld des Vertrauensverlustes geführt.”

Die Notenbank meldete am Montag, dass das Handelsbilanzdefizit der Türkei im Monat September bei 4,53 Milliarden Dollar lag. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist das Handelsbilanzdefizit um 2,93 Milliarden Dollar gestiegen, berichtet die Zeitung Sözcü.

Die Zeitung Birgün berichtet, dass nach Angaben des Institute of International Finance (IIF) das Handelsbilanzdefizit ein besonderes Risiko darstelle, da die Türkei ihr Defizit über den Zufluss von kurzfristigen Kapitalzuflüssen finanziert. Auch das zögerliche Verhalten der türkischen Notenbank, den Leitzins anzuheben, wird als Risiko für die Türkische Lira eingestuft.

In der vergangenen Woche sind nach Angaben der türkischsprachigen Ausgabe von Bloomberg die Brutto-Devisenreserven der türkischen Notenbank um 642 Millionen Dollar auf 119 Milliarden Dollar angestiegen. Durch eine Devisenmarktintervention hätte die Notenbank die Möglichkeit, das Angebot an ausländischen Währungen auf dem Devisenmarkt zu erhöhen und gleichzeitig das Angebot der Türkischen Lira zu verknappen. Dies würde zur Aufwertung der Türkischen Lira gegenüber dem Dollar und dem Euro führen.

Die Zeitung Dünya Gazetesi berichtet, dass die Türkische Lira zwar bereits am Morgen des 17. Novembers begann, an Wert zu verlieren, doch Erdoğans harte Kritik an der Geldpolitik der Notenbank habe den Wertverfall beschleunigt.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Politik
Politik Chinesische Spionage: Verfassungsschutz mahnt Unternehmen zu mehr Vorsicht
24.04.2024

Der Verfassungsschutz warnt vor Wirtschaftsspionage und Einflussnahme aus China. Vor allem für deutsche Unternehmen wäre eine naive...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Technologie
Technologie KI-Hype in Deutschland: Welle von neuen Startups formiert sich
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, werden in Deutschland gerade unzählige KI-Startups gegründet....

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...