Finanzen

Großaktionär fordert Zerschlagung von ThyssenKrupp

Gegen den Vorschlag, Thyssenkrupp zu zerschlagen, regt sich im Unternehmen Widerstand.
06.12.2017 17:06
Lesezeit: 2 min

Der ThyssenKrupp-Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Lehner hatte vor Kurzem erklärt, dass eine Zerschlagung des Konzerns kein Thema sei. Zuvor hatte der Großaktionär Cavian Capital – neben der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung mit 15,08 Prozent der zweitgrößte Einzelaktionär – die Struktur des Mischkonzerns öffentlich in Frage gestellt und eine Zerschlagung angeregt.

Nach Ansicht von Lars Försberg, dem Gründer von Cavian Capital, seien einzelne Teile der Gesellschaft mehr wert als der Gesamtkonzern. Lehner trat dem mit der zentralen Aussage einer Analyse von 2014 entgegen: „Das Ergebnis war, dass die einzelnen Bereiche zukunftsfähig und unter der Dachmarke Thyssen-Krupp Synergie-stiftend und damit stärker sind.“ Handlungsbedarf habe es lediglich bei der Stahlsparte gegeben. Aber dieser Punkt werde aktuell mit der geplanten Fusion mit Tata Steel Europe abgearbeitet.

Ulrich Lehner sieht sein Unternehmen auf gutem Weg, wie geplant bis zum Jahr 2019 ein weltweit erfolgreich agierender Konzern zu sein. „ThyssenKrupp ist heute finanziell auf einer stabilen Basis und auf einem guten Weg. Die großen Themen sind gelöst.“ Allerdings monierte der Aufsichtsratschef die Öffentlichkeitspolitik von Cavian-Boss Förberg. „Wenn sich ein Aktionär in der Art und Weise öffentlich positioniert, dann schadet das dem Unternehmen.“ Lehner habe sich gewünscht, konstruktiv und offen miteinander zu reden – zum Wohle des Unternehmens.

Seit Monaten protestieren die Stahlkocher des Konzerns und deren Gewerkschaftsvertreter gegen das Projekt des Zusammenschlusses mit Tata, das von Vorstandschef Heinrich Hiesinger vehement verteidigt wird. Die IG Metall fordert eine zehnjährige Garantie für die Anlagen, Standorte, Investitionen und nicht zuletzt für die betreffenden Arbeitsplätze. Hiesinger hat sich zwar verhandlungsbereit erklärt, aber zu den Einzelheiten keine Stellung genommen. Er will bis Anfang 2018 eine Einigung mit den Arbeitnehmervertretern erzielen.

Die Unternehmensführung könnte im Notfall das Vorhaben im Aufsichtsrat auch gegen den Widerstand der Arbeitnehmervertreter durchsetzen. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters hat der stellvertretende Aufsichtsratschef und Arbeitnehmervertreter Detlef Wetzel jedoch mit der Ankündigung eines Ultimatums erwidert: „Wir setzen dem Spiel auf Zeit ein Ende. Wir verhandeln bis zum 22. Dezember und dann ist Schluss.“ Seit Monaten protestieren Thyssenkrupps Stahlkocher gegen die Fusionspläne von Vorstandschef Hiesinger. Wetzel hatte gesagt: „Die beabsichtigte Abspaltung von Stahl ist ein so tiefer Einschnitt, dass wir es angemessen finden, die Betroffenen an der Entscheidung zu beteiligen.“

Auch bei Tata Steel Nederlands hat der Gesamtbetriebsrat zuletzt die Pläne über einen Zusammenschluss abgelehnt. Hier sorgt man sich ebenfalls wegen Streichung zahlreicher Stellen. Zudem herrscht Skepsis an der Zukunftsfähigkeit des Joint Ventures. Befürchtungen gibt es vor allem in Anbetracht der hohen Schuldenlast, die sich zu Beginn der gemeinsamen Tätigkeit auf 6,5 Milliarden Euro belaufen soll.

Vor Kurzem hat die Unternehmensführung von Tata Stellung zu der Kritik bezogen und erklärt, man wolle auf die Arbeitnehmer zugehen. Wie Hans Fischer, der Tata-Europachef, erläuterte, habe man sich um die Unterstützung der Arbeitnehmervertreter bemüht und dass es konstruktive Gespräche mit ihnen gegeben habe. Fischer zu der Fusion: „Das Joint Venture bietet uns die Möglichkeit, ein noch stärkeres Unternehmen zu gründen, das sowohl wachsen als auch unseren anspruchsvollen Kunden noch mehr qualitativ hochwertige High-Tech-Produkte bieten kann.“

Seitdem im September des laufenden Jahres bekannt wurde, dass der deutsche Stahl-Riese und Tata Steel über einen Zusammenschluss verhandeln, ist der Kurs der ThyssenKrupp-Aktie um mehr als 10 Prozent auf aktuell rund 22,62 Euro gefallen. Auch einige Analysten sehen die Perspektiven des Titels weniger optimistisch als noch vor einigen Monaten. So hat etwa die US-Bank JPMorgan ihr Kursziel für die ThyssenKrupp-Aktie von 27 auf 25 Euro verringert, allerdings die Einstufung aber auf „neutral“ belassen. Aus ihrer Sicht habe der Ausblick auf das Jahr 2018 nicht gerade begeistert.

Auch der französische Finanzdienstleister Exane BNP Paribas hat das Kursziel für den deutschen Stahlkonzern von 34,50 auf 32 Euro reduziert, die Einstufung aber ebenfalls auf „outperform“ belassen. Hintergründe seien die Umbaukosten der Stahl- und Industriesparte und den geringeren Gewinnbeitrag des Marine-Geschäfts. Allerdings sehen die meisten Analysten bei ThyssenKrupp großes Wertsteigerungspotenzial.

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