Politik

Russland wirft USA neue Destabilisierung in Syrien vor

Im Krieg in Syrien droht eine neue Verschärfung. Es ist nicht absehbar, wo islamistische und internationale Söldner in den kommenden Wochen zum Einsatz kommen werden.
28.12.2017 00:50
Lesezeit: 3 min

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Russlands Armeechef General Waleri Gerassimow hat die USA beschuldigt, in Stützpunkten auf syrischem Gebiet ehemalige IS-Kämpfer auszubilden, um das Land zu destabilisieren. Der US-Stützpunkt bei Tanf an der Grenze zum Irak sei illegal. Dort könnten sich Extremisten ungehindert bewegen, sagte der General der Zeitung "Komsomolskaja Prawda". Nach Darstellung der USA handele es sich laut Reuters um einen temporären Stützpunkt, auf dem Kämpfer gegen den IS trainiert werden. Nach Gerassimows Worten hielten sich auf dem Stützpunkt viele Kämpfer und ehemalige IS-Angehörige auf. Sie würden jetzt unter anderen Namen wie "Neue Syrische Armee" auftreten.

Interessant: Die TASS zitiert in ihrer englischsprachigen Ausgabe diese Vorwürfe gegen die USA nicht. Sie berichtet über das Interview vor allem im Hinblick auf die Ankündigung Gerassimows, die al-Nusra-Front vollständig zu vernichten zu wollen. Verbreitet werden die Vorwürfe allerdings von der russischen Botschaft in Südafrika:

Der Krieg gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien ist nach den Worten des russischen Außenministers Sergej Lawrow größtenteils vorbei. Die Nachrichtenagentur RIA zitierte Lawrow am Mittwoch mit den Worten, jetzt komme es darauf an, die Nusra-Front zu zerschlagen. Diese Gruppierung ging aus der Extremistenorganisation Al-Kaida hervor und kämpft in Syrien gegen Präsident Baschar al-Assad. Sie war lange Zeit von den USA unterstützt worden. Bis zuletzt hatten die Russen darauf gedrungen, die genauen Positionen der al-Nusra-Söldner in Syrien zu erhalten. Unter Präsident Obama war dies den Russen nicht gelungen, unter Präsident Trump dürfte die Koordination etwas transparenter geworden sein.

Die USA bestätigte am Mittwoch die russische Einschätzung und gaben laut Reuters an, in den Gebieten Syriens und des Iraks, in denen sie mit ihren Verbündeten gegen den IS vorgingen, seien weniger als 1000 IS-Söldner übrig geblieben.

Der sogenannte IS war von Saudi-Arabien und anderen Golf-Staaten unterstützt worden, die sämtliche Verbündete der West-Mächte sind. Was aus den Söldnern nach dem Krieg wird, ist unklar. Die Gefechtslage ist ausgesprochen undurchsichtig, weil die Söldner immer wieder die Fronten wechseln. Außerdem behaupten verschiedene Kriegsparteien, der IS kämpfe nun auf der Seite des jeweiligen Gegners.

Eine solche Volte lieferten am Mittwoch die Briten: Sie behaupten laut AFP, Syriens Präsident Assad – den die IS-Söldner beinahe von der Macht vertrieben hätten – zeige wenig Interesse, gegen die Söldner vorzugehen. In den von der syrischen Armee kontrollierten Gebieten schienen sich die IS-Kämpfer "völlig straffrei" zu bewegen, sagte der britische General Felix Gedney am Mittwoch Journalisten im Pentagon in einer Videoschaltung von Bagdad aus.

Das zeige, dass die syrische Regierung einem Sieg über den IS "klar abgeneigt" oder dazu "unfähig" sei, sagte Gedney. Nach Erkenntnissen der Koalition setzten sich viele IS-Milizionäre von ihrer einstigen Hochburg Rakka in weiter westlich gelegene Gebiete ab und organisierten sich dabei in kleinen Zellen, um möglichst unentdeckt zu bleiben.

Die internationale Militärkoalition und ihre Verbündeten, die Irakischen Sicherheitskräfte (ISF) seien sich "vollkommen bewusst", dass der IS ein "geduldiger Feind" sei und über eine "große Anpassungsfähigkeit" verfüge, sagte der General. Die Dschihadistenmiliz werde "sicherlich versuchen, Terrorakte zu verüben", wo und wann sie dies könne.

Wo dies geschehen wird, ist unklar. Allerdings müssen alle Staaten weiter mit dem Einsatz von Terror rechnen: So sind in der russischen Metropole St. Petersburg bei einer Explosion in einem Supermarkt am Mittwochabend mindestens zehn Menschen verletzt worden. Ein selbst gebauter und mit Metallteilen gefüllter Sprengsatz sei detoniert, erklärten die Ermittlungsbehörden. Das Motiv für die Tat sei noch unklar. Es werde wegen versuchten Mordes ermittelt. "Alle möglichen Versionen dessen, was da geschehen ist, werden untersucht", sagte Alexander Klaus, der Chef der Ermittlungsbehörden in St. Petersburg, der Nachrichtenagentur Reuters. Nach derzeitigem Stand seien zehn Menschen in Krankenhäuser gebracht worden, lebensgefährlich verletzt oder gar getötet worden sei niemand.

Russische Medien berichteten, die Bombe sei in einem Schließfach versteckt gewesen, in dem Kunden während des Einkaufs ihre Sachen verstauen können.

Erst vor eineinhalb Wochen hatten Russland und die USA erklärt, sie hätten einen Bombenanschlag in St. Petersburg verhindert.

Die westliche Koalition beabsichtigt aktuell nicht, gegen die IS-Kämpfer in den von Syrien und seinen Verbündeten Russland und Iran kontrollierten Gebieten vorzugehen. Sie rufe jedoch die syrische Regierung auf, "sich in von ihr kontrollierten Gebieten um den IS zu kümmern".

Unklar ist auch die Rolle der Türkei in dieser Phase des Krieges: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der mit Russland und Iran an einem Friedensplan für Syrien arbeitet, bezeichnete den von Russland unterstützten syrischen Präsidenten Assad als Terroristen und wehrt sich gegen die Teilnahme syrischer Kurden an einer Friedenskonferenz.

Erdogan erklärte in Tunesien, Assad betreibe Staatsterrorismus. Mit ihm weiterzumachen, sei unmöglich. Man könne die Zukunft Syriens nicht mit einem Mann gestalten, der fast eine Million seiner Bürger umgebracht habe, sagte Erdogan.

Zugleich lehnte er die Teilnahme der syrischen Kurdenorganisation YPG an der von Russland geplanten Friedenskonferenz in Sotschi ab. Für Erdogan ist die YPG eine Verbündete der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK, die für Autonomie der Kurden in der Türkei kämpft. Ein Kommandeur der YPG sagte indes, Russland habe ihnen eine Teilnahme an der Konferenz zugesagt.

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