Deutschland

Bosch will keine Batteriezellen in Deutschland produzieren

Bosch wird keine Batterie-Produktion in Deutschland aufbauen.
28.02.2018 15:30
Lesezeit: 2 min

Dem weltweit größten Autozulieferer Bosch ist eine eigene Batteriefertigung zu teuer und zu riskant. Das Unternehmen habe sich nach reiflicher Überlegung gegen eine eigene Produktion entschieden, erklärte der Chef der Bosch-Autosparte Mobility Solutions, Rolf Bulander, am Mittwoch. „Wir müssen die Zelle technisch verstehen, wir müssen sie nicht fertigen“, ergänzte er. Bosch werde auch ohne eigene Produktion in der Elektromobilität bis 2020 der führende Zulieferer sein. Die Zelle sei die einzige Komponente von Elektroauto-Systemen, die Bosch fehle und die weiterhin zugekauft werden könne.

Die Entscheidung war in der Branche mit Spannung erwartet worden und ist eine kalte Dusche für alle Befürworter einer Zellfertigung von Autobauern oder Zulieferern in Europa.

EU-Kommission und Bundesregierung, Gewerkschaften und Betriebsräte der Auto- und Chemieindustrie trommeln für Zellen made in Germany oder zumindest Europe. Die Zelle als Herzstück der Batterien für Elektroautos sei eine Schlüsseltechnologie, die es zu beherrschen gelte. Andernfalls endeten die Hersteller als reine Blechbieger, so die Argumentation.

Doch Bosch sieht das ganz anders. Es reiche aus, die Zelltechnologie zu verstehen, und dazu reiche ein Forschungszentrum, erklärte Bulander. Batteriezellen seien auch langfristig ein standardisiertes Massenprodukt. Der Markt könnte weiter in der Hand der Zellproduzenten aus Südkorea und Japan bleiben - also Samsung SDI, LG Chem, Sanyo, SK Innovation oder Panasonic. Einige von ihnen ziehen Fabriken in Europa hoch, um die mit dem Umschwung zu Elektroautos wachsende Nachfrage fabriknah bedienen zu können.

Die Beteiligung an einem europäischen Konsortium hatte der Stiftungskonzern erst gar nicht in Betracht gezogen, erklärte Bulander. Nach Boschs Vorstellungen hätte sich eine Produktion nur gelohnt, wenn ein Marktanteil von 20 Prozent bis 2030 zu realisieren wäre. Doch das hätte 20 Milliarden Euro Investition für 200 Gigawattstunden Fertigungskapazität bedeutet. Es sei nicht sicher, dass sich das jemals rechnen würde.

„Eine solche Investition ist im Gesamtinteresse des Unternehmens nicht vertretbar“, sagte Bulander. „Für Neueinsteiger sind die Rahmenbedingungen am Markt mehr als herausfordernd.“ Allerdings könnten andere Firmen in Europa sich dennoch an die Zellfertigung wagen, erwartet der Bosch-Manager. Bei einem guten Produkt könnte der Stiftungskonzern ein Abnehmer werden. Für die Zellforschung und damit auch in die Entscheidungsfindung sei ein dreistelliger Millionenbetrag investiert worden.

Aus der Forschung von Festkörperzellen will der Autozulieferer, der mit zuletzt 7,5 Milliarden Euro im Jahr eines der größten Forschungsbudgets der Industrie hat, wegen zu großen Aufwands aussteigen. Das dafür erst im Herbst 2015 gekaufte kleine US-Unternehmen Seeo wird deshalb wieder verkauft. Es gebe schon Interessenten, sagte Bulander. Auch das Gemeinschaftsunternehmen mit Mitsubishi und GS Yuasa zur Entwicklung neuester Lithium-Ionen-Technologie habe seine Aufgabe erfüllt und werde aufgelöst. Sein Geld will der Technologiekonzern statt in eine Zellfabrik in andere Felder stecken: Industrieautomatisierung, Vernetzung von Autos und Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz. Bosch fuhr im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von 78 Milliarden Euro einen operativen Gewinn von 5,3 Milliarden Euro ein.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Velux warnt EU: Wer beim Klimaziel wankt, gefährdet unser Geschäft – und das Klima
15.08.2025

149 Konzerne – von Google bis Velux – fordern die EU auf, das 90-Prozent-Klimaziel bis 2040 nicht zu verwässern. Ein Rückzug würde...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neuaufstellung bei der Deutschen Bahn: Bahnchef Richard Lutz tritt ab – wie es weitergeht
14.08.2025

Bahnchef Richard Lutz tritt überraschend ab – doch was bedeutet das für die Deutsche Bahn? Zwischen ungelösten Problemen, politischem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Bankenwächter warnt: Die nächste Krise kommt schneller, als uns lieb ist
14.08.2025

Er sieht Kriege, Zölle, Cyberangriffe und Finanz-Apps als tickende Zeitbomben: EU-Abwicklungschef Dominique Laboureix warnt, dass die...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs: Bitcoin erreicht Rekordhoch mit erstmals über 124.000 Dollar
14.08.2025

Ein Allzeithoch, das Anleger elektrisiert: Der Bitcoin durchbricht erstmals die Marke von 124.000 Dollar. Getrieben wird der Kurs von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maschinenbau Deutschland: Stellenabbau verlangsamt sich spürbar
14.08.2025

Deutschlands Maschinenbauer kämpfen mit Auftragsrückgängen, doch der massive Stellenabbau verliert an Tempo. Trotz sinkender...

DWN
Unternehmen
Unternehmen ProSiebenSat.1 Übernahme: MFE-Konzern auf der Zielgeraden
14.08.2025

Die Übernahme von ProSiebenSat.1 durch den Berlusconi-Konzern MFE steht vor der Entscheidung. Das Angebot ist abgelaufen, die Chancen der...

DWN
Immobilien
Immobilien Hohe Nebenkostenabrechnung 2024? Wie Sie am besten darauf reagieren sollten
14.08.2025

Viele Haushalte müssen in diesem Jahr deutlich mehr für Heizung und Betriebskosten zahlen. Was Sie jetzt zur Nebenkostenabrechnung 2024...

DWN
Finanzen
Finanzen Dax 40: Gewinne trotzen Zollstreit und Konjunkturflaute
14.08.2025

Trotz politischer Spannungen und sinkender Umsätze in den USA und China melden viele Dax-Konzerne solide Quartalszahlen. Während...