Dem weltweit größten Autozulieferer Bosch ist eine eigene Batteriefertigung zu teuer und zu riskant. Das Unternehmen habe sich nach reiflicher Überlegung gegen eine eigene Produktion entschieden, erklärte der Chef der Bosch-Autosparte Mobility Solutions, Rolf Bulander, am Mittwoch. „Wir müssen die Zelle technisch verstehen, wir müssen sie nicht fertigen“, ergänzte er. Bosch werde auch ohne eigene Produktion in der Elektromobilität bis 2020 der führende Zulieferer sein. Die Zelle sei die einzige Komponente von Elektroauto-Systemen, die Bosch fehle und die weiterhin zugekauft werden könne.
Die Entscheidung war in der Branche mit Spannung erwartet worden und ist eine kalte Dusche für alle Befürworter einer Zellfertigung von Autobauern oder Zulieferern in Europa.
EU-Kommission und Bundesregierung, Gewerkschaften und Betriebsräte der Auto- und Chemieindustrie trommeln für Zellen made in Germany oder zumindest Europe. Die Zelle als Herzstück der Batterien für Elektroautos sei eine Schlüsseltechnologie, die es zu beherrschen gelte. Andernfalls endeten die Hersteller als reine Blechbieger, so die Argumentation.
Doch Bosch sieht das ganz anders. Es reiche aus, die Zelltechnologie zu verstehen, und dazu reiche ein Forschungszentrum, erklärte Bulander. Batteriezellen seien auch langfristig ein standardisiertes Massenprodukt. Der Markt könnte weiter in der Hand der Zellproduzenten aus Südkorea und Japan bleiben - also Samsung SDI, LG Chem, Sanyo, SK Innovation oder Panasonic. Einige von ihnen ziehen Fabriken in Europa hoch, um die mit dem Umschwung zu Elektroautos wachsende Nachfrage fabriknah bedienen zu können.
Die Beteiligung an einem europäischen Konsortium hatte der Stiftungskonzern erst gar nicht in Betracht gezogen, erklärte Bulander. Nach Boschs Vorstellungen hätte sich eine Produktion nur gelohnt, wenn ein Marktanteil von 20 Prozent bis 2030 zu realisieren wäre. Doch das hätte 20 Milliarden Euro Investition für 200 Gigawattstunden Fertigungskapazität bedeutet. Es sei nicht sicher, dass sich das jemals rechnen würde.
„Eine solche Investition ist im Gesamtinteresse des Unternehmens nicht vertretbar“, sagte Bulander. „Für Neueinsteiger sind die Rahmenbedingungen am Markt mehr als herausfordernd.“ Allerdings könnten andere Firmen in Europa sich dennoch an die Zellfertigung wagen, erwartet der Bosch-Manager. Bei einem guten Produkt könnte der Stiftungskonzern ein Abnehmer werden. Für die Zellforschung und damit auch in die Entscheidungsfindung sei ein dreistelliger Millionenbetrag investiert worden.
Aus der Forschung von Festkörperzellen will der Autozulieferer, der mit zuletzt 7,5 Milliarden Euro im Jahr eines der größten Forschungsbudgets der Industrie hat, wegen zu großen Aufwands aussteigen. Das dafür erst im Herbst 2015 gekaufte kleine US-Unternehmen Seeo wird deshalb wieder verkauft. Es gebe schon Interessenten, sagte Bulander. Auch das Gemeinschaftsunternehmen mit Mitsubishi und GS Yuasa zur Entwicklung neuester Lithium-Ionen-Technologie habe seine Aufgabe erfüllt und werde aufgelöst. Sein Geld will der Technologiekonzern statt in eine Zellfabrik in andere Felder stecken: Industrieautomatisierung, Vernetzung von Autos und Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz. Bosch fuhr im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von 78 Milliarden Euro einen operativen Gewinn von 5,3 Milliarden Euro ein.