Politik

Russland denkt nicht daran, sich britischem Ultimatum zu beugen

Lesezeit: 2 min
13.03.2018 15:09
Der russische Außenminister Sergej Lawrow fordert von Großbritannien Beweise im Fall des vergifteten Spions.
Russland denkt nicht daran, sich britischem Ultimatum zu beugen

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Russland denkt nicht daran, sich dem britischen Ultimatum zu beugen und verlangt von Großbritannien Beweise für eine angebliche Verstrickung in den Nervengift-Anschlag auf einen Ex-Spion. Sein Land habe nichts mit der Attacke auf Sergej Skripal und dessen Tochter zu tun, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag. Er forderte von den Briten Proben des Giftes für eine eigene Untersuchung.

Premierministerin Theresa May hatte Russland ein Ultimatum bis Mitternacht gestellt, um den Einsatz des Nervengifts zu erklären. Am Mittwoch soll in London einem Sprecher Mays zufolge der Nationale Sicherheitsrat zusammenkommen, um das weitere Vorgehen zu erörtern. Die Briten dürften als erste Maßnahme einen Cyber-Angriff gegen Russland lancieren. Außenminister Boris Johnson schloss einen solchen am Dienstag ausdrücklich nicht aus. Russland warnte London vor den Konsequenzen eines solchen Angriffs.

Die Briten hätten sich bislang geweigert, Russland Proben der Substanz auszuhändigen, erklärte Lawrow. Solange dies nicht geschehe, werde sich Russland nicht weiter in der Angelegenheit äußern. Die internationale Chemiewaffenkonvention verpflichte Großbritannien, die Proben zu übergeben. Das Außenministerium in Moskau bestellte den britischen Botschafter ein. Die Briten verhielten sich im Fall Skripal genauso wie bei dem vergifteten russischen Ex-Spion Alexander Litwinenko im Jahr 2006, sagte Lawrow. Auch damals hätten die britischen Behörden Informationen zurückgehalten, obwohl Russland sich kooperationsbereit gezeigt habe. Litwinenko war mit radioaktivem Polonium vergiftet worden. In einem britischen Untersuchungsbericht wurde dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgeworfen, die Tat wahrscheinlich persönlich gebilligt zu haben. Die britische Regierung hat den Bericht jedoch nie öffentlich gemacht, weshalb auch keine Beweise für die Anschuldigungen präsentiert wurden.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums sagte am Dienstag in Moskau: "Man stellt einer Atommacht kein 24 Stunden-Ultimatum." Die Skripal-Vergiftung sei "kein zufälliges Ereignis, sondern eine kolossale internationale Provokation".

May drohte mit "noch weit drastischeren" Maßnahmen gegen Russland, als es sie bereits gebe. Sie erklärte am Montag, Russland sei "sehr wahrscheinlich" für die Vergiftung verantwortlich.

Die USA erklärten, sie gingen ebenfalls davon aus, dass die Spuren der Tat nach Russland führten. Präsident Donald Trump kündigte an, noch am Dienstag mit May zu telefonieren. Zuvor hatte der zu diesem Zeitpunkt noch amtierende US-Außenminister Rex Tillerson in dieselbe Kerbe geschlagen wie May. Wenige Stunden später war Tillerson seinen Job los. Sein Nachfolger Mike Pompeo hat sich noch nicht zu der Affäre geäußert.

Auch die EU zeigte sich besorgt und sicherte Großbritannien ihre Solidarität zu. Der CDU-Transatlantiker Norbert Röttgen forderte eine gemeinsaem Antwort Großbritanniens und der EU. "Großbritannien hat Anspruch auf die Solidarität seiner engen Partner und Freunde", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag der Nachrichtenagentur Reuters. Nach dem Fund eines russischen militärischen Kampfstoffes könne Russland die Kooperation bei der Aufklärung nicht verweigern. "Kooperiert Russland nicht, muss es gemeinsame westliche Antworten geben."

Die diplomatischen Spannungen machten zeitweise dem Rubel zu schaffen. Auch der Ölpreis und die Leitindizes der Moskauer Börse gaben vorübergehend nach. Vor allem der Ruf nach weiteren Sanktionen durch Großbritannien mache Anleger nervös, schrieben die Analysten der Rosbank in einem Kommentar.

Britische Polizei und Geheimdienste prüfen nach Angaben von Innenministerin Amber Rudd eine mögliche russische Verwicklung in mehrere in den vergangenen Jahren nicht aufgeklärte Todesfälle. Sie wolle sichergehen, dass an derartigen Vorwürfen nichts dran sei, erklärte die Ministerin. In der vergangenen Woche hatte der Innenausschuss des britischen Parlaments gefordert, dass die Untersuchung von 14 Todesfällen neu aufgerollt werden müsse.

Der 66-jährige Skripal und seine 33-jährige Tochter waren am 4. März vor einem Einkaufszentrum in der südenglischen Stadt Salisbury bewusstlos aufgefunden worden. Sie kämpfen seitdem in einer Klinik um ihr Leben.


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