Politik

Merkel kündigt deutsch-französischen Gipfel zu Asylpolitik an

Bundeskanzlerin Merkel will weiter für eine gemeinsame europäische Asylpolitik kämpfen.
17.03.2018 00:05
Lesezeit: 3 min

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat einen gesonderten deutsch-französischen Gipfel angekündigt, um wichtige Entscheidungen in der Asylpolitik beim EU-Gipfel im Juni vorzubereiten. Bei den Bemühungen für eine gemeinsame europäische Asylpolitik müsse man dann unbedingt zu gemeinsamen Ergebnissen kommen, sagte Merkel am Freitag bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris. «Denn wir erleben, dass, wenn es unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten gibt, das niemals zu unserem gemeinsamen Nutzen ist.»

Merkel strebt laut dpa eine «solidarischere Asylpolitik in der EU» an. Aktuell weigern sich die Staaten Osteuropas, Flüchtlinge und Migranten nach einer EU-Quote aufzunehmen.

Notwendig sei der Schutz der Außengrenzen und eine gemeinsame Afrikastrategie, bei der Deutschland und Frankreich unabhängig von den bereits erreichten wichtigen Schritten noch enger zusammenarbeiten müssten, forderte Merkel. «Wir werden dann unschlagbar sein als Europäer, wenn wir uns auch nicht auseinanderdividieren lassen in unseren geopolitischen Beziehungen.» Dies sei etwa beim Handel oder beim fairen Wettbewerb mit Schwellenländern zentral. Schon beim EU-Gipfel in Brüssel Ende kommender Woche sollten Zwischenetappen auf dem Weg zu dem in der Asylpolitik sehr wichtigen Juni-Rat definiert werden.

An dem deutsch-französischen Ministerrat in Deutschland zur Vorbereitung des Juni-Gipfels sollten die Minister für Wirtschaft sowie für Finanzen und auch die für das Asylrecht zuständigen Innenminister sowie die Verteidigungs- und Außenminister teilnehmen. Dort könne die neue schwarz-rote Bundesregierung dann ein gemeinsames Bild abgeben, «was mir sehr wichtig ist», sagte Merkel.

Deutschland will die europäische Grenzschutzagentur Frontex zu einer Grenzschutzpolizei ausbauen. «Trotz gewisser Fortschritte funktioniert der Schutz der Außengrenzen Europas noch nicht», sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, dem Focus. Kauder schlug vor, EU-Beamte ständig an den Außengrenzen einzusetzen, um den Grenzschutz effektiver zu machen. «Wir werden sehen, wie die Mitgliedstaaten mitziehen», sagte Kauder. Die Sicherheit an den Außengrenzen sei mittlerweile genauso wichtig wie etwa die Stabilität des Euro. Die Kosten dieses Vorhabens für Deutschland wollte Kauder nicht beziffern. «Das wird kein Nullsummenspiel: Alle EU-Staaten und die EU selbst werden viel mehr Mittel für die Bewachung der Grenzen aufbringen müssen.»

Frontex wurde ab 2004 als Gemeinschaftsagentur der EU aufgebaut. Im Oktober 2016 wurde der Auftrag der Agentur mit Sitz in Warschau erweitert. Für das gemeinsame Management der EU-Außengrenzen sollen etwa 1500 Einsatzkräfte in einem Soforteinsatzpool bereitstehen. Zudem sollen Experten für die Intensivierung von Rückführmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Vorgesehen ist die möglichst lückenlose Kontrolle der EU-Außengrenzen.

Bisher hatte Merkel vor allem auf den milliardenschweren Deal mit der Türkei gesetzt. Doch der Architekt des Deals sieht das Abkommen nach zwei Jahren in Gefahr. Der Pakt könne noch 2018 scheitern, warnte der Politikberater Gerald Knaus im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul. «Was überhaupt nicht geklappt hat - und das gefährdet heute das gesamte Abkommen - ist fast alles, was die Umsetzung auf den ägäischen Inseln und in Griechenland betrifft», sagte Knaus.

Das am 18. März 2016 geschlossene Abkommen geht auf ein Konzept des Politikberaters zurück. Knaus ist Vorsitzender der 1999 gegründeten Denkfabrik Europäische Stabilitätsinitiative (ESI) in Berlin. Zu den Förderern der gehören laut ESI die schwedische Entwicklungsbehörde Sida, die Stiftung Mercator und die Open Society Foundation von George Soros. Außerdem wurde die ESI von der Robert Bosch Stiftung, die Regierung Schwedens, dem Open Society Institute, der Rockefeller-Stiftung, die Europäische Kommission, dem Auswärtigen Amt, dem German Marshall Fund und der Körber-Stiftung finanziert.

Das Flüchtlingsabkommen sieht vor, dass die EU alle Migranten, die seit dem 20. März 2016 illegal auf die griechischen Inseln übergesetzt haben, in die Türkei zurückschicken darf. Im Gegenzug kann für jeden in die Türkei zurückgeschickten Syrer seit dem 4. April 2016 ein anderer Syrer aus der Türkei legal und direkt in die EU einreisen.

Knaus bemängelte, dass die Asylverfahren in Griechenland viel zu lange dauerten und daher kaum Menschen in die Türkei zurückgeschickt würden. Nach EU-Angaben vom 12. März sind bislang gerade einmal 2164 Menschen aus Griechenland in die Türkei zurückgebracht worden. EU-Staaten haben hingegen bereits 12 489 Syrer aus der Türkei übernommen.

Er sehe Anzeichen für einen möglichen Zusammenbruch des Abkommens mit der Türkei, sagte Knaus. «In der ersten Jahreshälfte 2017 kamen ungefähr 9000 Menschen über die Ägäis nach Griechenland, in der zweiten Hälfte waren es schon wieder 20 000. Die Tendenz ist klar.»

Doch hätte es zum Pakt eigentlich eine Alternative gegeben? «Es war eine von mehreren Möglichkeiten», meinte der Jurist Daniel Thym vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration. «Ein Grund, dass der EU-Türkei-Pakt so eine große Rolle gespielt hat, war ja auch, dass die innereuropäische Verteilung von Flüchtlingen nicht funktioniert hat.»

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