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Führenden Parteigenossen kündigte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Donnerstag im Vorfeld einer EU-Ratssitzung an, im Fall dass Martin Selmayr nicht zum Generalsekretär der EU-Kommission befördert werde, zurücktreten zu wollen. Im Gespräch mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, und Joseph Daul, dem Präsidenten der Europäischen Volkspartei (EVP), sagte Juncker, er sei enttäuscht, dass Selmayr bei seiner Beförderung von der EVP-Fraktion keine Unterstützung erhalten habe, berichtet Politico.
Juncker, Selmayr und Tajani gehören der EVP an, welche die größte Fraktion im EU-Parlament stellt. Während des Treffens soll es zu Unstimmigkeiten gekommen sein, heißt es aus EU-Kreisen. So habe Daul kritisiert, dass der Kommissionspräsident seine Fraktion nicht im Vorfeld über die Beförderungspläne informiert habe. Juncker habe daraufhin das Gespräch mit den Worten beendet: „Wenn er gehen muss, gehe ich auch.“
Selmayrs Beförderung sorgt seit mehreren Wochen für Diskussionen in Brüssel. Der bislang dort weitgehend unbekannte deutsche Jurist, war im vergangenen Monat von Juncker für das Amt des Generalsekretärs vorgeschlagen worden. EU-Kreisen zufolge wurde Selmayr binnen weniger Minuten zwei Mal befördert, um auf den Spitzenposten der EU-Kommission mit ihren 32.000 Mitarbeitern zu rücken. Zunächst wurde er am 21. Februar zum Vize-Generalsekretär ernannt, dann machte Juncker ihn umgehend zum Nachfolger des bisherigen Generalsekretärs Alexander Italianer, der zum 1. März in den Ruhestand ging.
Besonders im EU-Parlament stießen die Personalentscheidung und die Umstände ihrer Durchsetzung auf Widerstand.
Kritiker äußerten Zweifel sowohl an der Korrektheit des Verfahrens als auch an der Eignung des 47 Jahre alten Selmayr zur Leitung der Brüsseler Riesenbehörde. Der Haushaltskontrollausschuss des EU-Parlaments hat der Kommission bis Freitagabend Zeit zur Beantwortung eines Fragenkatalogs gegeben. Für Dienstag ist der auch für Personal zuständige Haushaltskommissar Günther Oettinger vor den Ausschuss geladen. Oettinger hat die Personalie wiederholt vereidigt.
Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold kritisierte Junckers Rücktrittsdrohung als „Respektlosigkeit gegenüber der demokratischen Aufklärung“. Es sei „grotesk, dass der EU-Kommissionspräsident sein Schicksal von der Karriere eines EU-Beamten abhängig“ mache, erklärte Giegold. „Juncker steht im Dienst der europäischen Bürger – nicht von Martin Selmayr.“ Er forderte Juncker auf, in der Angelegenheit zur Aufklärung beizutragen.